Geschäfte mit dem russischen Finanzzentrum in Moskau könnten künftig noch schwieriger werden.

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Kiew/Moskau – So umfassend die Sanktionen des Westens gegen Russland auch sind, viele Geschäfte sind weiterhin unbeschränkt möglich. Die Maßnahmen beziehen sich stets auf konkrete Unternehmen, konkrete Personen oder konkrete Geschäfte. Alles, was nicht verboten ist, ist weiterhin erlaubt.

Der ukrainische Finanzminister Serhij Martschenko fordert nun, Russland bei der internationalen Antigeldwäscheorganisation FATF auf die Liste der Hochrisikoländer zu setzen, um Geschäfte mit dem Land generell zu erschweren. Russland, das selbst Teil der Organisation ist, halte internationale Standards bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht ein, sagte Martschenko im Gespräch mit der "Zeit".

FATF-Mitglieder wie Russland sind dazu verpflichtet, die Finanzierung von Terrorismus und Geldwäsche zu bekämpfen. Die FATF, die bei der OECD angesiedelt ist und derzeit 39 Mitgliedsstaaten hat, hat Russland mittlerweile suspendiert. Die Aufnahme des Landes in die "schwarze Liste" hätte aber noch weitreichendere Folgen.

Von Panama bis Iran

Die FATF-Liste wird derzeit auch von der Europäischen Union verwendet, um die Geldwäschegefahr bestimmter Länder einzustufen. Der aktuelle Entwurf der neuen Geldwäscherichtlinie sieht sogar vor, dass die Liste künftig eins zu eins ins eigene, europäische Rechtssystem übernommen wird.

Geschäfte mit Unternehmen aus "Hochrisikoländern" – derzeit über 20 Staaten wie Iran, Nordkorea oder Panama – sind zwar nicht völlig verboten, unterliegen jedoch strengen Auflagen. "Bei Geschäftsbeziehungen mit einem der Drittländer mit hohem Risiko treten in erster Linie erhöhte Sorgfaltspflichten in Kraft", sagt Andrea Gritsch, Anwältin und Partnerin bei Wolf Theiss.

Verpflichtete wie Banken oder Versicherungen, die mit Russland Geschäfte machen, unterlägen dann einem "noch engeren Korsett". Sie müssten strenger prüfen und in kürzeren Abständen Infos über ihren Geschäftspartner abfragen: Welche Kunden betreut das Gegenüber? Wie sieht das Konzerngefüge im Detail aus? Woher genau kommen die Mittel? "Für Geschäfte hätte das einen bremsenden, aber keinen unterbindenden Effekt", erklärt Gritsch im STANDARD-Gespräch.

Breitere Wirkung

Im Gegensatz zu den Sanktionen wirkt die schwarze Liste aber insofern breiter, als die betroffenen Länder vollständig ins Visier genommen werden und nicht nur einzelne Personen, Unternehmen oder Geschäfte. Stünde Russland auf der schwarzen Liste, hätte das zur Folge, das sämtliche Geschäfte mit Personen aus Russland und Geschäfte, die eine Verbindung mit dem Land aufweisen, automatisch zeit- und kostenintensiver werden. "Es ist eine grundlegende politische wie auch gesetzgeberische Frage, ob man Russland insgesamt erfassen oder bestimmte regimenahe Personen und Geschäfte gezielt anvisieren will", sagt Gritsch.

Für den ukrainischen Finanzminister Martschenko ist die Antwort auf diese Frage eindeutig. Viele russische Banken seien zwar bereits sanktioniert, Unternehmen könnten ihre Konten aber zu jenen Instituten verlegen, die noch in der Lage sind, ungehindert Geschäfte zu machen. Eine breitere Wirkung der Sanktionen sei also notwendig, um Umgehungen zu verhindern.

In der internationalen Organisation FATF wird sich die Ukraine mit ihrer Forderung wohl nur schwer durchsetzen können. Beschlüsse müssen dort einstimmig erfolgen. Auf europäischer Ebene könnte die EU hingegen eigene Maßnahmen erlassen. (Jakob Pflügl, 13.3.2023)