Szenen des laut Republikanern "friedlichen Chaos" vor dem ...

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... und im US-Kongress.

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Die Aufregung hat sich noch kaum gelegt, da gießen die US-Republikaner, die seit Anfang Jänner das US-Repräsentantenhaus kontrollieren, noch weiteres Öl ins Feuer. Der Sprecher der Kongresskammer, Kevin McCarthy, hat am Wochenende in zahlreichen TV-Interviews die Entscheidung verteidigt, 40.000 Stunden an Videomaterial vom Putschversuch des 6. Jänner 2021 vorerst exklusiv an den konservativen Sender Fox News weiterzugeben.

Dort hatte vergangene Woche dann Tucker Carlson das Material in seiner Show verwendet – die auch nach den Maßstäben den TV-Senders als Hort erzkonservativer Ansichten und der Verbreitung von Verschwörungstheorien gilt.

Carlson blieb seinem Ruf wenig schuldig: Er interpretierte des Videomaterial als Abbildung eines "friedlichen Protests" und nannte die vorangegangenen Wahlen, die Joe Biden gewonnen hatte, einen "Verrat an der Demokratie". Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk nutzte unterdessen die Bilder, die den sogenannten "QAnon-Schamanen" zeigen, um etablierten Medien die Verbreitung angeblicher Fake News vorzuwerfen.

Putsch und Antirassismus

Die Neuinterpretation des gewaltsamen Putschversuches, in dessen Folge mindestens fünf Menschen starben und dutzende verletzt wurden, als "friedliches Chaos" passt in die geänderte Kommunikationsstrategie der Republikaner. Bisher hatten viele ambivalent argumentiert, etwa also den Sturm auf das Kapitol verurteilt, zugleich aber Ex-Präsident Donald Trump nicht eindeutig als Verantwortlichen benannt. Den Ruf des Radikalismus konnten die Partei, und vor allem die Anhänger Trumps, damit aber nicht ablegen. Besonders radikaleren Vertretern der Republikaner hat dies bei den Midterm-Wahlen im Herbst deutlich geschadet.

Die neue Strategie soll den Kapitol-Sturm nun als weitgehend harmlose Protestbewegung darstellen – und auch mit anderen Demonstrationen der Vergangenheit gleichsetzen. So zog McCarthy in einem Interview mit der Sendung "Sunday Morning Futures" auf Fox News nun etwa Parallelen zu den Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus nach dem Mord an George Floyd durch einen weißen Polizisten 2020.

Neue Strategie

Er behauptete in diesem Zusammenhang auch fälschlich, bei diesen Demonstrationen sei in Verbindung mit Gewalt "niemand verhaftet" worden. Tatsächlich wurden im Zuge der Proteste mehr als 14.000 Menschen festgenommen. Im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom 6. Jänner, dessen Ziel immerhin die Aberkennung der Präsidentenwahl war, gab es rund tausend Anklagen.

Dass Fox News die Videos als Erster bekommen hatte, bezeichnete McCarthy als "typische Exklusivitätsvereinbarung, so wie es sie auch mit vielen anderen gibt". Auch andere TV-Sender und Medien würden zu einem späteren Zeitpunkt Zugriff auf das Material, das sich natürlich in öffentlichem Besitz befindet, erhalten. "Wir werden das langsam an alle individuellen Nachrichtenagenturen weiterverbreiten", sagte er konkret. Wann diese "langsame" Verbreitung genau stattfinden solle, ließ es offen. (Manuel Escher, 13.3.2023)