Der Nationale Volkskongress in Peking ist am Montag nach einer Woche zu Ende gegangen, und die wichtigste Nachricht ist gleichzeitig die am wenigsten überraschende: Präsident Xi Jinping hat sich von den rund 3.000 Delegierten für seine dritte Amtszeit bestätigen lassen. Damit gilt Xi nun offiziell als der mächtigste chinesische Staatsführer seit Mao Tse-tung.

Nach dessen Tod 1976 war es Konsens gewesen, dass die Führungsspitze nach zwei Amtsperioden ausgewechselt wird. Dass Xi die Zustimmung für eine Abweichung von dieser Regel bekommen würde, stand außer Frage. Der 69-Jährige hat die vergangenen zehn Jahre dazu genutzt, den Staatsapparat immer mehr auf seine Person zuzuschneiden und parteiinterne Widersacher kaltzustellen. Und unter diesen Vorzeichen stehen auch die übrigen Entscheidungen und Bekanntmachungen des Nationalen Volkskongresses.

Allmächtiger Staatschef Xi.
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Der bisherige Premierminister Li Keqiang, der von der ausländischen Business-Community aufgrund seines Pragmatismus geschätzt wurde, tritt nach zwei Amtsperioden ab. Er wird ersetzt durch Li Qiang, der als Xi-Loyalist gilt. Li Qiang war zuvor Parteichef von Schanghai und dort auch für den harschen Lockdown der 25-Millionen-Metropole im vergangenen Jahr verantwortlich. Neuer Außenminister wurde bereits im Dezember Qin Gang. Sein Vorgänger Wang Yi wurde "oberster Diplomat".

Finanzaufsichtsbehörde neu aufgestellt

Der Kongress segnete auch die Neubildung einer Finanzaufsichtsbehörde ab. Die neue Entität übernimmt manche Funktionen der Zentralbank und soll Banken, Versicherungen und neue Finanzplattformen besser kontrollieren. Offiziell wird dies oft mit Verbraucherschutz begründet. Dahinter steckt aber auch eine Machtausweitung der Regierung auf die Tech- und Fintech-Branche. Ende 2020 war der Unternehmer Jack Ma in Ungnade gefallen, weil er das traditionelle Bankensystem öffentlich kritisiert und seine eigene Plattform Ant Financial an die Börse bringen wollte. Ma verschwand unter ungeklärten Umständen für mehrere Monate und wird heute nur noch bei der Ausübung seiner Hobbys wie der Seidenmalerei gezeigt.

Die chinesische Wirtschaft soll um fünf Prozent wachsen – in China wird stets mit Zielmarken operiert, einmal ausgegebene Wachstumsziele müssen dann von den Gouverneuren einzelner Provinzen möglichst auch erreicht werden. Mit der Zielmarke war weitgehend gerechnet worden. Der Fokus dürfte in diesem Jahr aber vor allem auf dem durch die Lockdowns angeschlagenen Binnenkonsum und Service-Sektor liegen. Große Impulse für die Weltwirtschaft dürften eher fehlen.

Ebenso erwartet worden war die Erhöhung des Militärbudgets. Um 7,2 Prozent soll der Etat für Rüstungsausgaben steigen. Allerdings rüstet China seit Jahrzehnten auf: Der Posten für Verteidigungsausgaben wächst jedes Jahr in absoluten wie relativen Zahlen.

Sanktionen wirken sich aus

Interessant ist da eher die Tatsache, dass das Ministerium für Wissenschaft und Technologie umorganisiert werden soll, um Datenmenge zu bündeln – aber wohl auch, um die Forschung zu kanalisieren. Hintergrund der Neustrukturierung dürfte das amerikanische Chip-Embargo sein. Washington hatte im Oktober vergangenen Jahres Sanktionen erlassen, mit denen China von modernster Halbleitertechnologie abgeschnitten werden soll.

Die Chips, von denen rund zwei Drittel in Taiwan, Japan und Südkorea produziert werden, sind unerlässlich für künstliche Intelligenz, moderne Waffensysteme und Robotik. Seitdem hat die Führung in Peking mehrere Programme und Subventionen auf den Weg gebracht, um den Vorsprung der USA einzuholen. Experten aber gehen eher davon aus, dass sich der Vorsprung der USA durch die Sanktionen auf diesem Gebiet vergrößern werde.

In Peking sieht man sich ohnehin von den USA unter Druck gesetzt und "eingekreist". Tatsächlich beginnt am Montag ein amerikanisches Militärmanöver mit südkoreanischen Truppen. Andererseits scheint Xi Jinping wenig zu unternehmen, um die Befürchtungen der USA zu zerstreuen, China könne sich offen auf die Seite Moskaus schlagen. Kommende Woche will der nun mächtigste Präsident nach Mao zum Staatsbesuch nach Moskau reisen. (Philipp Mattheis, 13.3.2023)