Ausreichend Schlaf ist wichtig für die psychische Gesundheit. Wer sich weniger als sechs Stunden Nachtruhe gönnt, hat beispielsweise auch ein erhöhtes Risiko, in späteren Jahren eher an Alzheimer zu erkranken. Eine am Montag veröffentlichte Metaanalyse – also eine Auswertung mehrerer bereits durchgeführter Studien – zeigt nun einen weiteren, nicht unbedingt erwarteten Zusammenhang: Eine ausreichende Nachtruhe fördert auch die Reaktion unseres Immunsystems auf Impfungen.

Ein Team um Eve Van Cauter (Universität Chicago) und Karine Spiegel (Nationales Französisches Institut für Gesundheit und Medizin) fand heraus, dass Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schliefen, deutlich weniger Antikörper produzierten als Menschen, die sieben oder mehr Stunden schliefen. Das Defizit entsprach einer zwei Monate andauernden Abnahme der Antikörper. Das Hauptergebnis der Studie in den Worten von Van Cauter: "Guter Schlaf verstärkt nicht nur den Impfschutz, sondern kann ihn auch verlängern."

Der Zusammenhang von Impfschutz und Schlaf in einer Grafik: Weniger als sechs Stunden Nachtruhe reduziert die Bildung von Antikörpern deutlich.
Grafik: Spiegel et al., Current Biology 2023

Auswertung von sieben Studien

Als die Covid-19-Pandemie ausbrach und die Massenimpfung zu einer internationalen Priorität wurde, machten sich Spiegel und Van Cauter daran, unser aktuelles Wissen über die Auswirkungen der Schlafdauer auf die Impfreaktion zusammenzufassen. Die beiden hatten bereits 2002 eine erste wichtige Untersuchung zu dem Thema publiziert und wollten nun wissen, ob weitere Studien einen solchen Zusammenhang unterstützten.

Zu diesem Zweck durchforsteten sie die in der Zwischenzeit publizierte Literatur und kombinierten und analysierten anschließend die Ergebnisse von sieben Untersuchungen, in denen gegen Virusinfektionen (Grippe und Hepatitis A und B) geimpft wurde. In seiner Analyse, die im Fachblatt "Current Biology" erschien, verglich das Team die Antikörperreaktion von Personen, die "normal" schliefen – also sieben bis neun Stunden – mit "Kurzschläfern", die auf weniger als sechs Stunden Nachtruhe kamen. Sie verglichen die Auswirkungen bei Männern und Frauen sowie bei Erwachsenen über 65 Jahre und jüngeren Erwachsenen.

Klare Ergebnisse bei Männern

Insgesamt fanden sie deutliche Hinweise darauf, dass ein Schlaf von weniger als sechs Stunden pro Nacht die Immunreaktion auf eine Impfung verringert. Bei der getrennten Betrachtung von Männern und Frauen war das Ergebnis jedoch nur bei Männern signifikant; bei Frauen war die Auswirkung der Schlafdauer auf die Antikörperproduktion sehr viel variabler. Dieser Unterschied ist wahrscheinlich auf den schwankenden Sexualhormonspiegel bei Frauen zurückzuführen, vermutet das Autorinnenteam.

"Wir wissen aus immunologischen Studien, dass Sexualhormone das Immunsystem beeinflussen", sagt Spiegel. "Bei Frauen wird die Immunität durch den Stand des Menstruationszyklus, die Verwendung von Verhütungsmitteln sowie durch die Menopause und den Status nach der Menopause beeinflusst, aber leider enthielt keine der von uns zusammengefassten Studien Daten über den Sexualhormonspiegel."

Zudem zeigte sich, dass die negativen Auswirkungen von unzureichendem Schlaf auf die Antikörperspiegel bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 60 Jahren größer waren als bei Menschen über 65 Jahre. Dies war nicht überraschend, da ältere Erwachsene im Allgemeinen kürzer schlafen.

Schlaf als Impfschutzkontrolle

In einigen der ausgewerteten Studien wurde die Schlafdauer direkt gemessen, entweder mithilfe von bewegungserfassenden Armbanduhren oder in einem Schlaflabor, während sich andere Studien auf die selbst angegebene Schlafdauer stützten. In beiden Fällen wurde eine kurze Schlafdauer mit niedrigeren Antikörperspiegeln in Verbindung gebracht, aber der Effekt war bei den Studien stärker, die objektive Messungen des Schlafs verwendeten.

Viele Faktoren, die ebenfalls Einfluss auf den Impfschutz haben – Vorerkrankungen, das Geschlecht (bei Männern wirken Impfungen etwa schlechter) oder Fettleibigkeit – lassen sich kaum verändern. Die Erkenntnis, dass die Schlafdauer die Impfung beeinflusst, könnte uns immerhin eine gewisse Kontrolle über unsere Immunität geben.

Es gäbe jedoch noch viel mehr über Schlaf und Impfung zu erforschen, resümieren die Forscherinnen. "Wir müssen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern verstehen, welche Tage rund um den Zeitpunkt der Impfung am wichtigsten sind und wie viel Schlaf genau benötigt wird, damit wir den Menschen eine Anleitung geben können", sagt Spiegel. "Wir werden in den nächsten Jahren Abermillionen von Menschen impfen, und das ist ein Aspekt, der dazu beitragen kann, den Schutz zu maximieren." (tasch, 13.3.2023)