Flugreisende müssen 300 Meter mit dem Gepäck vom Bummelzug einen Durchgang entlang zum Terminal.

Foto: Alexander Danner

Die Baustelle am Flughafen Graz befindet sich bereits in der Endphase.

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Der Tunnel der Unterführung, der nun im Rohbau fertig ist, führt am Flughafen vorbei.

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Der Verkehrslandesrat wie auch der Vertreter der Bürgermeister aller Anrainergemeinden standen fast ein wenig ergriffen vor dem Bauwerk. Sie seien, wie beide unterstrichen, "zutiefst beeindruckt", was sie hier beim Lokalaugenschein zu sehen bekamen.

Vor ihnen öffnete sich der mächtige Rohbau eines wichtigen Abschnitts der 6,1 Milliarden Euro teuren Koralmbahn beim Flughafen Graz, jene imposante Tunnelröhre für die Unterflurtrasse, die die Hochleistungsbahnstrecke demnächst am Flughafen vorbei Richtung Graz führen wird. Jetzt müssen noch die Gleise gelegt und die Bahnelektronik installiert werden, dann folgt ein Jahr lang ein Probelauf, ehe die Koralmbahn von Klagenfurt bis Graz Ende 2025 in Betrieb gehen wird.

"Neues Jahrhundert für Steiermark"

Ein "Jahrhundertbauwerk", das eben ein "neues Jahrhundert" für die Steiermark markiere, schwärmte der für die steirische Infrastruktur zuständige Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ) bei der Besichtigung der fast fertigen Tunneltrasse. Wobei Lang, wie alle Redner der Rohbau-Feierstunde vor Ort, die zentrale Schwachstelle des Bauwerks nicht erwähnte: nämlich dass die Bahn künftig am Flughafen vorbeirauscht – also nicht am Airport haltmacht.

Die Railjets werden direkt bis zum Grazer Hauptbahnhof fahren, dort müssen die Gäste umsteigen, auf den Bummelzug warten und auf der Regionalstrecke zurück zum Flughafen fahren. Und: Von der Haltestelle für den Regionalverkehr beim Flughafen müssen 300 Meter zu Fuß samt Gepäck zum Flughafengebäude zurückgelegt werden, im Freien entlang eines asphaltierten Durchgangs.

Die Gründe für den Murks sind nicht bei der ÖBB, sondern in der Politik zu finden: Als die Koralmbahn konkret angedacht wurde – es war die Zeit der schwarz-blauen Koalition von Wolfgang Schüssel und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider –, stellte ebenjener Jörg Haider die Bedingung, dass die Koralmbahn am Flughafen Graz vorbeigeleitet werden müsse und es keinen Halt geben dürfe, damit der Flughafen Klagenfurt durch die verbesserte Bahnanbindung nicht konkurrenziert oder gar geschwächt wird.

Politischer Wille

Der frühere Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) meinte jedenfalls einmal verärgert über die Tatsache, dass die Koralmbahn am Flughafen vorbeigeführt wird: "Das haben wir dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zu verdanken. Er zitterte, dass der Klagenfurter Flughafen unter die Räder kommt, wenn der Grazer Airport an die Koralmbahn angeschlossen wird. Das kommt heraus, wenn Regionalpolitiker nicht an das große Ganze denken." Der politische Schildbürgerstreich wurde nie korrigiert.

Die ÖBB-Planung hatte sich jedenfalls an die politische Vorgabe gehalten, baute in ihre Planungen aber zumindest eine Hintertür ein – die man aufmachen könne, sollte sich "der politische Wille einmal ändern", wie es bei der ÖBB heißt.

"Wir könnten sofort mit einem kleineren Projekt direkt am Flughafen eine Verbindung und eine Haltestelle schaffen", sagt der Gesamtkoordinator der Koralmbahn, Klaus Schneider, im STANDARD-Gespräch. Es sei ohne Behinderung des Haupttunnels möglich, eine Haltestelle dazuzubauen. "Das haben wir in unseren Plänen so vorgesehen, und das wurde so auch genehmigt", sagt Schneider. Über die Gründe, warum das bis heute nicht realisiert wurde, will er sich nicht äußern.

Tatsache sei jedenfalls, wenn es eine andere politische Entscheidung gebe, könne eine zusätzliche Haltestelle möglich sein. "Es ist alles so gebaut, dass wir ohne Behinderung des Haupttunnels die Haltestelle dazubauen können. Wir haben alles vorgesehen."

Die zusätzlichen Kosten für einen Halt und Zugang zum Flughafen werden auf rund 50 Millionen Euro geschätzt.

Ministerin lehnte ab

Der heute zuständige Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ) erinnert im Gespräch mit dem STANDARD daran, dass er mehrmals bei der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) einen Anschluss des Flughafens Graz an die Koralmbahn urgiert habe. "Bedauerlicherweise konnte dabei kein Erfolg verzeichnet werden", sagt Lang. Für die Steiermark sei ein Halt am Flughafen Graz aber "von essenzieller Bedeutung für die Einzugsgebiete der Steiermark, Kärntens und Sloweniens".

Die Hochleistungsstrecke der Koralmbahn erstreckt sich über 130 Kilometer, die durch 50 Tunnelkilometer und über 100 Brücken führt. Die Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt ist Teil der neuen Südstrecke und eines der momentan größten Infrastrukturprojekte Europas.

Ihr Herzstück ist der 33 Kilometer lange Koralmtunnel. Nach der Fertigstellung verkürzt sich die Verbindung zwischen den Landeshauptstädten Klagenfurt und Graz von derzeit zwei Stunden auf 45 Minuten. Zum Airport braucht es wesentlich länger. (Walter Müller, 14.3.2023)