Gerade sind die letzten großen Abenteuer wieder weniger abenteuerlicher geworden. So ist eine fußläufige Mini-Expedition durch die Sahara mittlerweile recht unkompliziert möglich. Wer nicht darauf beharrt, die größte Trockenwüste der Erde in voller Länge zu durchqueren (von Nord nach Süd sind das mindestens 1.500 Kilometer), wird jedenfalls überrascht sein über die gute Machbarkeit eines solchen Unterfangens. In M'Hamid, im Süden Marokkos, hat sich zum Beispiel ein Familienunternehmen ein kleines Business geschaffen, indem es Reisende auf ausgedehnten Spaziergängen durch die Dünen begleitet.

Vom Zeltlager in M'Hamid am marokkanischen Rande der Sahara brechen Wanderer in die Wüste auf.
Foto: Sascha Aumüller

Ein wenig anstrengender als die sonntägliche Promenade auf der Prater-Hauptallee ist das dreitätige Wüstentrekking mit Sahara-Steps vielleicht. Zwischen und 15 und 20 Kilometer pro Tag sollten Wanderer schon geradeaus gehen können. Wobei es meist auch noch bretteleben ist und bis zu Ostern angenehm kühl bleibt. Die Vielzahl der Böden und Untergründe übertrifft aber die beschränkte Erwartung eines Mitteuropäers von der Wüste als zu groß geratener Sandkiste. Nach der ersten Nacht in M'Hamid am Rande der Sahara geht es gleich einmal auf dem harten Untergrund einer silbergrauen Mondlandschaft los. Zum Glück, denn wäre die Wüste wirklich nur so sandig, wie sie am liebsten fotografiert wird, man käme wohl kaum voran.

Spätestens zu Mittag müssen die Dromedare entladen werden, damit sie rasten können.
Foto: Sascha Aumüller

Mit zwei kundigen Guides und vier vollbepackten Dromedaren marschieren die Kleingruppen erst einmal bis Mittag. Ab zwei Personen wird das Trekking durchgeführt, je größer die Gruppe ist, desto geringer fällt der Preis für den Einzelnen aus. Der "Aufpreis" einer rein privaten Tour ohne fremde Teilnehmer lohnt sich zweifellos für alle, die wirklich einmal die Stille der Wüste genießen und diese Erfahrung nur mit den Guides machen wollen. Zu Mittag müssen die Dromedare entladen werden, damit die Tiere rasten und sich ohne Ballast stärken können. Es ist eine ebenso notwendige wie kontemplative Pause von gut zwei Stunden, auch im Sinne des Tierwohls, das den Guides von Sahara-Steps wichtig ist. Die meisten ihrer Familien lebten früher halbnomadisch, und dazu gehörte auch, gut auf seine Tiere zu schauen.

Wo geht's hier zum nächsten Fossil? Die Guides verlieren in der scheinbar gleichförmigen Landschaft nie die Orientierung.
Foto: Sascha Aumüller

Am Nachmittag offenbart sich dann bei wunderbar winterlichem Wanderwetter (maximal 20 Grad Celsius) vieles von dem über Generationen weitergebenen Wissen der Guides. Einer hebt in einer Salzpfannenlandschaft, in der für Ortsfremde alles identisch aussieht, einen bestimmten Stein auf. Darunter versteckt sich ein versteinerter Trilobit, ein vor 250 Millionen Jahren ausgestorbener, meeresbewohnender Gliederfüßer. Dass dieses Fossil genau hier liegen würde, erkannte der Guide sowohl an der Gesteinsart als auch an der Gegend. Die sieht für ihn eben nicht völlig gleichförmig aus. Der andere Guide ist wiederum ein Vollprofi im Aufspüren idealer Plätze für das Nachtlager.

Ein Baum zwischen Dünen dient als Schattenspender und als kleiner Snack für die Dromedare.
Foto: Sascha Aumüller

Meist handelt es sich dabei um eine gemütliche Mulde zwischen sandig-weichen Dünen, die vor Stürmen schützt und als angenehmer Matratzenersatz dient. Angst vor Getier muss man in der idealen Saison zwischen Oktober und Mai übrigens keine haben, denn Schlangen und Skorpione kommen wegen der tiefen Temperaturen in der Nacht erst gar nicht aus ihren Löchern. Auch ein einsamer Baum steht fast immer am abendlichen Ruheplatz, als Schattenspender für die Wanderer und als kleiner Snack für die Dromedare. Davor wird das Koch- und Materialzelt aufgestellt, bei den kleinen Igluzelten zum Schlafen herrscht freie Platzwahl. Manche schwören auch darauf, bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt im Schlafsack unter einem Sternenhimmel ganz ohne Lichtverschmutzung zu schlafen.

Auf dem sandigen Zeltplatz herrscht freie Platzwahl.
Foto: Sascha Aumüller

Wer die einfache Programmierung solcher Tage zu schätzen weiß (gehen, essen, schauen und schlafen), kann seinen Wüstenspaziergang grundsätzlich auch auf Wochen ausdehnen. Über das deutsche Büro von Sahara-Steps lässt sich vieles individuell ausmachen, der Rest wird vor Ort organisiert. So kümmert sich häufig Ramdane Boudani, der marokkanische Chef von Sahara-Steps, persönlich um den "Transfer" von Marrakesch in die Sahara und zurück. Tatsächlich ist eine Fahrt mit ihm nicht nur unglaublich informativ, sondern auch eine fantastische Sightseeingtour. Es geht über den Hohen Atlas zu wundervollen Stationen wie alten Burgen oder neuen Filmstudios, das ist viel mehr als reine An- und Abreise. Der Weg ist in jedem Fall so abwechslungsreich wie jener durch die Sahara, wo sich die Landschaften schon nach wenigen Schritten wieder ändern können. Oft so schnell, dass der gemächliche Wüstenflaneur kaum nachkommt mit dem Schauen. (Sascha Aumüller, 20.3.2023)