Laut Landwirtschaftsminister Totschnig (ÖVP) hat der Bericht des Fairnessbüros viele Fälle von aufgezwungenen Vertragsbedingungen ans Licht gebracht.

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Wien – Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hat am Dienstag erstmals Bilanz über das Fairnessbüro gezogen – jene Ombudsstelle, die den Bäuerinnen und Bauern im Kampf gegen unlautere Handelspraktiken helfen soll. Das Ergebnis: Nach einem Jahr Bestehen wurden mehr als 200 Anfragen registriert, wobei 21 Beschwerden als substanziell bewertet wurden. Entlang der Lebensmittelkette herrsche "ein Kampf mit ungleichen Waffen", so der Minister bei einer Pressekonferenz.

Unfaire Geschäftspraktiken beobachte man vor allem im Bereich von Rabattaktionen, deren Kosten von manchen Konzernen an die Lieferanten umgewälzt würden. Einige Zulieferer, die dies nicht akzeptiert hätten, seien mit Auslistung und einem Teilnahmeverbot an entsprechenden Aktionen bedroht worden, berichtete Totschnig.

Der vorgestellte, erste Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle habe jedoch auch viele Fälle von aufgezwungenen Vertragsbedingungen ans Licht gebracht, insbesondere mit Blick auf eine für die Betriebe nachteilige Gestaltung der Absatzpreise. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der Rekordteuerung problematisch.

"Beherrschender Faktor ist Angst"

Die noch unter der damaligen Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) installierte Ombudsstelle nahm im März vorigen Jahres ihre Arbeit auf. Landwirte können sich kostenfrei und anonym an die weisungsfreie Stelle wenden, um sich besser gegen die Marktmacht der Handelskonzerne behaupten zu können. In Österreich wird der Lebensmittelmarkt zu nahezu 90 Prozent von großen Ketten wie Spar, Hofer und Rewe dominiert. Durchsetzungsbehörde für Beschwerden ist die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

Zu Meldungen an die BWB sei es bisher allerdings nicht gekommen, räumte der Leiter des Fairnessbüros, Johannes Abentung (ÖVP), ein. Der Ex-Bauernbund-Direktor begründete dies mit dem Schutz der Beschwerdeführer, deren Identität in einem solchen Fall offengelegt werden müsse. "Jeder dieser Fälle ist so individuell, dass der Beschwerdegegner locker herausbekommen könnte, um was es hier geht." Aus diesem Grund habe man bisher auch keine Schlichtungsverfahren durchgeführt. "Der beherrschende Faktor entlang der Lebensmittelkette ist Angst", sagte Abentung.

Sowohl Totschnig als auch der Fairnessbüro-Leiter appellierten dennoch an die Betriebe, sich weiter mit ihren Anliegen an die Beschwerdestelle zu richten. "Je mehr Beschwerden gesammelt und dokumentiert werden, desto eher können Maßnahmen entwickelt werden, die Lieferanten stärken", sagte Totschnig. Und: "Wenn sich Hinweise auf unerwünschte Vorgangsweisen in der Lebensmittelkette in nächster Zeit verdichten, werden wir auch eine politische Diskussion über weiterführende Maßnahmen führen müssen." (APA, red, 14.3.2023)