Künftig werden Busse mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb unterwegs sein. Auch der Straßenbau muss nachhaltiger werden.
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Asphaltierte Straßen werden auch nach der Energiewende nicht verschwinden. "Denn es ist nicht anzunehmen, dass E-Autos oder batteriebetriebene Roller und Fahrräder in Zukunft auf unbefestigten Feldwegen fahren werden", sagt Bernhard Hofko, Asphaltforscher an der Technischen Universität Wien und Leiter eines Christian-Doppler-Labors zu dem Thema. Durch die klimarelevanten Ziele dürfen aber in Zukunft auch bei Straßenproduktion und -erhalt keine Treibhausgase mehr anfallen. Nicht nur der Verkehr soll emissionsfrei fahren, sondern auch die Straße, auf der er fährt, keinen CO2-Rucksack mehr haben.

Der emissionsfreien Straßenproduktion nähere sich die Forschung in mehreren Einzelschritten, meint Hofko. Prinzipiell setzt sich die CO2-Bilanz für eine Straßenneuproduktion aus drei Komponenten zusammen, wodurch auch an unterschiedlichen Schrauben gedreht werden muss. "Eine Tonne Asphalt setzt in der Produktion etwa 50 bis 55 Kilogramm CO2-Äquivalente frei", sagt Hofko.

Davon entfällt ein Drittel auf die Rohstoffproduktion des Asphalts: auf Gesteinsmühlen, die Gestein in richtiger Korngröße produzieren, sowie die Destillation von Bitumen aus "bitumenfähigen" Rohölsorten. Ein wenig mehr als ein Drittel der Treibhausgase stammt aus der Asphaltproduktion selbst. Sie entstehen bei der "Heißmischung", bei der zähflüssig erhitztes Bitumen mit dem Gestein vermischt wird. Der Rest des CO2-Rucksackes stammt sowohl aus dem Rohstoff- als auch dem Baustellentransport.

Weniger CO2 als Ziel

Bei all den Komponenten gebe es CO2-Einsparungspotenziale. "Universitäten, aber auch Industrie und Straßenerhalter arbeiten intensiv daran. Da ziehen alle an einem Strang." Beispiel Transport: Die Wege müssen kurz gehalten werden. Das heißt Regionalität in der Asphalterzeugung. Zudem müssen emissionsfreundliche Transportmittel eingesetzt werden. Das heißt: Antransport von Gestein mit der Bahn. "Das wird bereits umgesetzt." Zudem sollen die Lkws, die Asphalt anliefern, sukzessive mehr mit alternativen Antriebssystemen ausgestattet werden, also entweder mit Batterie oder Wasserstoff.

Auch der Umstieg auf E-Mobilität wird Straßen nicht obsolet machen. Umso wichtiger ist deren klimaneutrale Herstellung.
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Ein wichtiger Punkt: In der Produktion wird darauf geachtet, dass man den Recyclinganteil am Asphalt immer mehr erhöhen kann. "Das ist der große Vorteil von Asphalt: Er kann zu 100 Prozent wieder eingesetzt werden." Einzig das Bitumen muss, weil es über die Jahre versprödet, mit Additiven "verjüngt" werden, sagt Hofko.

Senkung der Emissionen

Die Mehrfachverwendung von Altasphalt funktioniert derzeit schon bis zu einer Recyclingquote von 50 Prozent. Das konnte jetzt in einem mehrjährigen Forschungsprojekt, mit Projektpartnern aus Österreich (Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr, FSV), Deutschland (FGSV) und der Schweiz (VSS) in Tests verifiziert und als technischer Standard empfohlen werden.

Hofko, der an dem Projekt federführend beteiligt war, geht davon aus, dass in absehbarer Zeit 70 bis 80 Prozent Altasphalt im Straßenbau eingesetzt werden können. "Damit sinkt der Anteil der Rohstoffe an den Emissionen." Zudem wird daran gearbeitet, dass auch das Mischgut, das mit 150 bis 180 Grad zur Baustelle kommt, in Zukunft durch den Einsatz neuer Additive um mindestens 30 Grad gesenkt werden kann.

Damit sei man zwar noch nicht bei "Zero-Emission". Werfe man aber einen Blick in die Grundlagenforschung, so sehe man, dass das erdölbasierte Bitumen Schritt für Schritt durch biogene Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen abgelöst werde. "Biobitumen könnte aus Holzabfällen produziert werden, aber auch aus anderen Abfällen aus der Landwirtschaft, etwa Schweinegülle." Versuche zeigen, dass daraus mittels des chemischen Verfahrens des schnellen Erhitzens – der Fachausdruck dafür lautet Pyrolyse – Biobitumen gewonnen werden kann.

Bindemittel aus Algen

Eine andere Möglichkeit wäre die Produktion von Bindemitteln mittels Algen, beziehungsweise mit speziellen Mikroorganismen. "Daran arbeiten derzeit mehrere internationale Gruppen." Die Vision: Die Mikroorganismen könnten aus der Straße eine CO2-Senke machen. "Algen, aber auch andere spezifische Mikroorganismen verstoffwechseln ihre Nahrungsquellen in einer Nährlösung, wobei komplexe Kohlenwasserstoffe entstehen. Daraus entstehen Treibstoffe, aber auch bitumenartige Produkte."

Die Mengen, die dafür produziert werden müssten, seien überschaubar, meint Hofko. Derzeit werden in Österreich jährlich 500.000 Tonnen Bitumen verbraucht. Kann man zunächst 50 und später 70 Prozent durch Recycling ersetzen, so bleiben rund 180.000 Tonnen an Bitumen übrig, das man dann durch biogene Quellen herstellen müsste. Allerdings müsse dieses aus Reststoffen erzeugt werden. "Es darf nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen", sagt Hofko.

Er schätzt, dass Biobitumen und Straßen als CO2-Senken in den nächsten 25 bis 30 Jahren Realität sein könnten. Ungeachtet dessen müsse man aber auch die Relation verstehen. Rechne man eine Straße über ihre gesamte Lebenszeit von 30 Jahren plus die gesamten Erhaltungsmaßnahmen und vergleiche dann diese CO2-Bilanz mit dem darüberrollenden Verkehr, dann falle deren Anteil an der Gesamtbelastung eher gering aus. Bei höherrangigen Straßen mache die Infrastruktur einen Anteil von 0,4 Prozent der Gesamtemissionen und bei niederrangigen Straßen etwa vier Prozent aus. In 30 Jahren sollen die Gesamtemissionen eine Null ergeben. (Norbert Regitnig-Tillian, 4.4.2023)