Barbara Brunnhuber teilt ihr Labor mit mehr als 5000 Mitarbeitern. In zwei großen Klimaschränken züchtet die Expertin für Holzschutz Hausbockkäfer heran. Neben mehreren erwachsenen Tieren sind es vor allem Larven, die in ihren beheizten Unterkünften residieren und dort die Entwicklung zum Käfer durchlaufen.

Bei geöffneter Tür knistert und kratzt es hörbar im Inneren der kleinen Holzklötze, durch die sich die Larven arbeiten. Ist einer davon zu feinem Holzstaub zernagt, wird sein Bewohner in ein neues Klötzchen übersiedelt.

Ein Hausbockkäfer-Paar im Klimaschrank, darunter die Holzklötze, in denen sich die Larven entwickeln.
Foto: Marlene Erhart

Wichtig im natürlichen Kreislauf

"Holz ist ein fantastisches Material, aber es hat zwei bedeutende Feinde: Insekten und Pilze", sagt Brunnhuber von der Holzforschung Austria, einem Mitglied des Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR). Im Ökosystem Wald erfüllen beide Organismen zentrale Aufgaben und halten durch die Zersetzung von Totholz den natürlichen Stoffkreislauf aufrecht.

Befallen sie allerdings verbautes Holz oder Konstruktionen daraus, sieht die Sache anders aus. Etwa wenn das Gebälk alter Kirchen oder der Dachstuhl von Wohnhäusern betroffen ist. So legt der Hausbock seine Eier bevorzugt in feine Risse in totem Nadelholz. Dort sorgt nicht der erwachsene Käfer selbst für Probleme, sondern die Gefräßigkeit der Larven.

Während ihrer Entwicklung zum Käfer können die Larven des Hausbocks beträchtliche Schäden anrichten – von ihren hölzernen Entwicklungsstätten bleibt häufig nicht viel über.
Foto: Marlene Erhart

Käfer und Kulturgüter

Ein gewisser Befall sei zwar tolerierbar, erklärt Gerhard Grüll, Leiter der Abteilung Holzschutz und Bioenergie: "Wenn aber die Statik beeinträchtigt wird, muss man handeln." Mögliche Wege sind ein Tausch des betroffenen Materials oder chemische Behandlung. Auch Temperaturen von mehr als 55 Grad Celsius können die Käfer und ihre Larven töten.

Im Idealfall kommt es durch entsprechende Bauweise und Behandlung des Holzes nicht so weit. Ein Forschungsschwerpunkt der Holzforschung Austria liegt daher auf der Entwicklung und Prüfung von Holzschutzmitteln. In diesem Bereich gibt es genug zu tun, denn auch der Nagekäfer hat es auf verbaute Gehölze abgesehen.

Ein himmlisches Festmahl – zumindest für Nagekäfer: In dieser Kirchenkanzel haben sich die Holzschädlinge breit gemacht.
Foto: Marlene Erhart

Dabei ist er nicht sonderlich wählerisch, sondern kann Nadel- wie auch Laubholz befallen und macht sich bevorzugt unter kühlen, feuchten Bedingungen über das Holz her. Schwer wiegt diese tierische Vorliebe, wenn Kulturgüter wie Museumsschränke oder Kirchenkanzeln ins Visier der Trockenholzinsekten rücken.

Alles durchdringender Zerstörer

Trotz all der Schäden, die hungrige Larven anrichten können, ist der Hausschwamm der gefürchtetste Schadorganismus im Bausektor. Dieser holzzerstörende Pilz bevorzugt ebenfalls feuchtes, kühles Milieu, weshalb er häufig in Kellern zu finden ist. Die Stränge seines Geflechts, des Myzels, können anorganisches Material wie Putz und Mauerwerk durchdringen, was ihm besonderes Zerstörungspotenzial verleiht.

Der Hausschwamm ist ein holzzerstörender Pilz, den sogar Hausmauern nicht in seiner Ausbreitung bremsen können. Da ist es auch kein Trost, dass sein Geflecht, das Myzel, beinahe kunstvoll aussieht.
Foto: Marlene Erhart

In der Folge kann auch Braunfäule auftreten, bei der Cellulose abgebaut und das Holz braun verfärbt wird. Das befallene Material verliert dadurch an Festigkeit und Masse. Bei einer Sanierung wird das betroffene Holz großflächig entfernt, um alle Pilzbestandteile zu erwischen.

Auf Borkenkäfer folgt Bläue

Wird die Holzforschung Austria konsultiert, um Schadorganismen zu identifizieren, stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen lässt sich an manchen Schadbildern bereits erkennen, wer oder was dem Holz zusetzt. Zum anderen können die Übeltäter in den Laboren auch mit molekularbiologischen Verfahren identifiziert werden.

Ein wesentliches Schadbild ist selbst für Laien relativ einfach erkennbar. Brunnhuber holt zwei kleine, deutlich blau verfärbte Holzklötze aus einem Glasschrank. Auch bei der fachsprachlichen Bläue handelt es sich um einen Pilz – und dieser tritt oft im Gefolge eines besonders gefürchteten Schädlings auf: des Borkenkäfers.

Die Bläue, die häufig nach einem Befall durch Borkenkäfer auftritt, entwertet das betroffene Holz massiv.
Foto: Marlene Erhart

Pilz entwertet Käferholz

Seine zerstörerische Kraft liegt ebenfalls im Nachwuchs, der sich unter der Rinde durch das Kambium frisst. In dieser dünnen Schicht zwischen Rinde und Holz befinden sich die teilungsfähigen Zellen, die für den Umfangszuwachs von Bäumen verantwortlich sind. Die Fraßtätigkeit der Käferlarven öffnet damit das Einfallstor für einen nachfolgenden Pilzbefall.

"Bei der Bläue treten Verfärbungen des Holzes auf, die zwar seine Festigkeit nicht beeinflussen, aber aufgrund der optischen Mängel eine Wertminderung darstellen", erklärt Brunnhuber. Solchen Veränderungen lässt sich aber vorbeugen. Bei Schadholz ist der entscheidende Punkt, es rasch zu verarbeiten, sagt Grüll. "Wenn man es schnell aus dem Wald herausbringt, rasch entrinden und verarbeiten kann, passiert dem Holz recht wenig, dann ist der Wert ganz gut zu erhalten."

Neben Hausbock- und Borkenkäfer setzt auch der Splintholzkäfer Gehölzen zu.
Foto: Marlene Erhart

Schadholz im Bau und Tank

Doch auch wenn das nicht gelingt, gibt es für Käferholz Anwendungsmöglichkeiten. Verblautes Holz kommt zwar nicht mehr für Sichtanwendungen infrage, dennoch kann es in nicht sichtbaren Bereichen verbaut werden. Inzwischen gibt es auch Tischlereien, die sich auf die Fertigung von Möbeln aus Holz spezialisieren, das von Borkenkäfern befallen war.

Beliebt ist das Material auch für die Verarbeitung zu Kunstwerken. Ein anderes Ansinnen ist es, das Schadholz zur Herstellung von Biodiesel zu verwenden – in letzter Instanz lässt es sich auch für die thermische Verwertung nutzen, also verbrennen. Für Waldbesitzer bedeutet ein Borkenkäferbefall dennoch meist hohe wirtschaftliche Verluste.

Der Klimawandel begünstigt die Ausbreitung der Tiere. Mit zunehmender globaler Erwärmung könnten aber zudem weitere Holzschädlinge in unseren Breiten Fuß fassen, die Fachleute schaudern lassen: Termiten.

Der Klimawandel könnte neue Holzschädlinge nach Europa und auch Österreich bringen: Termiten. Ihre eigentlich hübsch anzusehenden Fraßspuren sollten nicht über die Zerstörungskraft der Tiere hinwegtäuschen.
Foto: Marlene Erhart

Zukunftsthema Termiten

In Hamburg wurden die Insekten Ende der 1930er-Jahre mit Schiffen eingeschleppt und überlebten in der Nähe von Fernwärmerohren selbst tiefe Temperaturen. "Wenn sie die Winter überstehen, könnten Termiten auch bei uns zum Thema werden", nickt Brunnhuber. Eine eigene Zucht, um die Tiere zu studieren, würde sie schon reizen. Denn kennt man ihre Lebensweise, kann man sie gut bekämpfen.

Bei Termiten müssen Zuchtstationen allerdings wie ein Hochsicherheitsgefängnis angelegt sein. Eine solche Zucht gibt es etwa in der Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin. "Dort werden die Termiten in Metallwannen mit Wassergräben gehalten", weiß Brunnhuber. Diese Vorkehrungen lassen erahnen, welch exorbitante Schäden die Tiere anrichten können. In Hamburg dauerte es Jahrzehnte, die Termiten in den Griff zu bekommen. (Marlene Erhart, 25.3.2023)