So könnte der Meeresräuber ausgesehen haben – wie ein moderner Ichthyosaurier.
Foto: Esther van Hulsen

Sie sahen ein wenig aus wie Delfine, lebten aber viele Millionen Jahre früher. Ichthyosaurier waren die Herrscher der Meere zur Zeit der Dinosaurier und erreichten Längen von über 20 Metern. Mit Delfinen teilten die Ichthyosaurier neben der spitzen Schnauze übrigens eine weitere Eigenschaft: Auch die Vorfahren der urzeitlichen Tiere hatten ursprünglich auf dem Land gelebt, bevor sie wie Wale im Meer ihre eigene ökologische Nische fanden und sich perfekt an das Leben im Wasser anpassten.

Bisher ging man davon aus, dass dieser Übergang in etwa zur Zeit des Massensterbens im Erdzeitalter des Perm vor über 250 Millionen Jahren stattfand. Doch ein neuer Fund stellt diese Annahme nun infrage, wie ein Forschungsteam der Universität Uppsala in Schweden nun im Fachjournal "Current Biology" berichtet.

Die Funde stammen aus einem Flussbett in Spitzbergen.
Foto: Benjamin Kear

Die Funde stammen aus dem arktischen Spitzbergen. Ein schnell fließender Fluss, der durch die Schneeschmelze gespeist wird, trägt dort laufend Schlamm ab. Dadurch werden Kalksteinblöcke freigelegt, die Überreste des Meeresbodens vor hunderten Millionen Jahren darstellen. Diese Gesteinsschichten sind bekannt dafür, spektakuläre dreidimensionale Fossilien zu enthalten.

Warmblütige Wasserbewohner

Während einer Expedition im Jahr 2014 wurde eine große Anzahl solcher Fossilien gesammelt und zur weiteren Untersuchung an das Naturhistorische Museum der Universität Oslo in Norwegen geschickt. Neben den Knochen von krokodilähnlichen Amphibien und Knochenfischen waren darunter auch elf Schwanzwirbelknochen eines Ichthyosauriers.

Ein Computermodell eines der Wirbelknochen aus dem Schwanz eines Ichthyosauriers.
Foto: Øyvind Hammer and Jørn Hurum

Eine vom Museum für Evolution der Universität Uppsala durchgeführte Untersuchung dieser Wirbelknochen ergab einige bekannte Eigenschaften von Ichthyosauriern, etwa die typische Knochenmikrostruktur mit Merkmalen für schnelles Wachstum, erhöhten Stoffwechsel und eine vollständig ozeanische Lebensweise. Außerdem dürfte es sich, wie schon frühere Funde zeigten, um einen Warmblüter gehandelt haben.

Alter als Rätsel

Das Problem war allerdings, dass die Funde für ihr Aussehen eigentlich zu alt waren. Geochemische Untersuchungen des umgebenden Gesteins ergaben, dass die Fossilien aus einer Zeit etwa zwei Millionen Jahre nach dem Massenaussterben am Ende des Perms stammten. Für diese Zeit hatte man eigentlich rudimentärere Tiere erwartet, Spezies, die den Übergang vom Landlebewesen zum Meeresbewohner widerspiegeln und deren Flossen noch nicht voll ausgebildet waren.

Laut bisheriger Lehrmeinung öffnete das Massensterben am Ende des Perm im Meer eine ökologische Nische für die Vorläufer der Ichthyosaurier. Diese waren noch mit Beinen ausgestattet und wanderten in seichte, küstennahe Gewässer aus. Erst nach und nach entwickelten sich Flossen und die Fähigkeit zur Lebendgeburt. Letztere machte sie endgültig zu Wasserlebewesen. Bis dahin hatten sie zum Legen der Eier an Land gehen müssen.

Doch der gefundene Ichthyhosaurier ähnelt eher später lebenden Tieren. Die Forschenden vermuten, dass sich die Ichthyosaurier bereits früher als bisher bekannt vollständig entwickelten. (Reinhard Kleindl, 19.3.2023)