Zum Ausgleich des Inflationsverlusts wären zumindest 800 Euro und danach eine jährliche Valorisierung notwendig, so die Forderung der Träger.

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Es gibt einen Bereich der Pflege, der bei Diskussionen rund um den Pflegenotstand in Österreich gern unter den Tisch fällt: die 24-Stunden-Betreuung. Weder bei der Pflegereform noch beim Nein Österreichs zum Schengen-Beitritt Rumäniens, der den rund 70.000 pendelnden Betreuerinnen stark zugutekommen würde, war dieser sonderlich präsent. Letzteres brachte nun Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) aufs Tapet: Entgegen der ÖVP-Linie will sich dieser nun doch für einen Beitritt starkmachen, sagte dieser Dienstag in Brüssel. Immerhin seien in Österreich "tausende Familien auf die 24-Stunden-Betreuerinnen aus Rumänien angewiesen".

Förderung auf 800 Euro pro Monat anheben

Folgt man der Erzählung großer Träger innerhalb der 24-Stunden-Betreuung, dürfte dieses Lippenbekenntnis aber bei weitem nicht ausreichen. Viele Familien stünden ob der Teuerung kurz davor, sich die 24-Stunden-Betreuung nicht mehr leisten zu können, hieß es von Caritas, Hilfswerk und Malteser Care bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Nicht nur brauche es mehr Geld und eine "Qualitätsoffensive", auch das generelle Wegschauen der Politik müsse ein Ende haben.

Kern ihrer Kritik ist, dass die Förderung der 24-Stunden-Betreuung seit 2007 bislang nur ein einziges Mal erhöht wurde, erst kürzlich um 90 auf 640 Euro. Doch auch das sei nur "ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte dazu Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas. Um die Inflation auszugleichen, seien mindestens 800 Euro Förderung pro Monat nötig. Rund 23.000 Personen mit mindestens Pflegestufe drei erhalten diese in Österreich – und mit einem Einkommen bis 2.500 Euro. Auch das solle auf 3.500 Euro angehoben werden, fordert Parr.

Personalmangel überall

Eine Nachbesserung bei der Finanzierung ist in den Augen der Träger alternativlos: "Viele mobile Dienste wie die Hauskrankenpflege oder die Heimhilfe haben Wartelisten aufgrund des Personalmangels. Von stationären Einrichtungen und Pflegeheimen ganz zu schweigen", sagt dazu Helmut Lutz von Malteser Care. Es sei daher unmöglich, jene vielen Menschen, die derzeit eine 24-Stunden-Betreuung in Anspruch nehmen, anders zu versorgen.

Doch diese finanzielle Notlage der Klientinnen trifft freilich auch Betreuerinnen: "Vielen Betroffenen fehlt der Spielraum für die Bezahlung entsprechender Honorare", sagt dazu Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Wohin dieser Umstand führt, macht sich beim Wildwuchs von Vermittlungsagenturen – mittlerweile gibt es über 900 – bemerkbar, die sich oft bei Tagessätzen gegenseitig unterbieten. Anselm gibt dabei noch zu bedenken, dass man zwischen 2019 und Ende 2022 rund 3.000 Betreuerinnen an "andere Staaten verloren" habe. Daher brauche es nun ein klares Bekenntnis vom Bund – speziell dem Sozialministerium – und den Ländern zur Absicherung der 24-Stunden-Betreuung.

Und die Betreuerinnen?

Doch inwiefern würde ein Plus bei der Förderung den Betreuerinnen, die ohnehin schlecht verdienen, oftmals prekäre Arbeitsverhältnisse vorfinden und dann noch von Altersarmut betroffen sind, zugutekommen? Hier bringen die Träger einen sogenannten "Fairnessbonus" ein. Also eine Zusatzförderung, wenn die Fördernehmer den Betreuerinnen mehr bezahlen – das müsste dann nachgewiesen werden. Am Selbstständigenmodell der 24-Stunden-Betreuung, das Arbeitsrechtsexperten als "Scheinselbstständigkeit" bezeichnen, wollen die Träger auf STANDARD-Nachfrage jedoch nicht rütteln. Ein Fokus in Richtung Anstellung sieht Anselm "ausgesprochen skeptisch".

Um allerdings eine entsprechende Qualität zu gewährleisten, sollte laut Trägern eine Finanzierung von bis zu drei Qualitätsvisiten durch diplomiertes Gesundheitspersonal im Quartal erfolgen. Auch das Qualitätszertifikats ÖQZ24, das im Auftrag des Sozialministeriums seit 2019 besteht, sollte demnach weiterentwickelt werden – und als Anknüpfungspunkt für ein reformiertes Fördersystem dienen, hieß es.

Nicht weit genug gehen die finanziellen Forderungen jedenfalls für den SPÖ-Pensionistenverband: Präsident Peter Kostelka verlangte eine Erhöhung auf gleich 1.000 Euro. ÖVP-Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec sprach sich kurz darauf für eine Erhöhung auf 1.100 Euro aus. (Elisa Tomaselli, 15.3.2023)