Laut Polizei kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden, wie lange der Einsatz dauern wird.

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Eine am Mittwoch ausgesprochene Warnung vor einer Anschlagsgefahr für religiöse Einrichtungen in Wien ist vorerst weiterhin aufrecht. "Die Dauer können wir nicht abschätzen", sagte Polizeisprecher Markus Dittrich am späten Nachmittag zur APA. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hatte Hinweise erhalten, dass ein islamistisch motivierter Anschlag geplant ist. Es folgten eine verstärkte Überwachung neuralgischer Orte in Wien und mehrere Einsätze.

Es soll sich um "vorsorgliche Maßnahmen" handeln. Das sei bei solchen "Szenarien durchwegs üblich". Betroffen seien nicht nur "christliche Kirchen, sondern Gebetshäuser und Einrichtungen verschiedener Konfessionen", wie die Landespolizeidirektion (LPD) Wien am Nachmittag auf Twitter konkretisierte.

Am frühen Nachmittag gab es einen größeren Einsatz bei der TU Wien. Ob er in Zusammenhang mit den Terrorwarnungen gegen religiöse Einrichtungen stand, blieb unbestätigt. Eine Durchsuchung von TU-Gebäuden blieb laut Polizeisprecher Markus Dittrich aber ohne Ergebnis.

Polizei auch vor Stephansdom

"Der Staatsschutz und Nachrichtendienst hat Hinweise auf einen islamistisch motivierten Anschlag rund um sogenannte neuralgische Orte, insbesondere Kirchen", sagte ein Polizeisprecher auf STANDARD-Nachfrage.

Der Dompfarrer des Wiener Stephansdoms, Toni Faber, spricht gegenüber dem STANDARD von einer "geringfügigen Gefahrenlage". Näheres dürfe er dazu nicht sagen, er sei im Moment aber "sehr froh" über den Polizeischutz bei mehreren kirchlichen Einrichtungen, insbesondere dem Stephansdom.

Die Polizei war im Bereich des Stephansplatzes mit mehreren Einsatzwagen präsent, hielt sich aber im Hintergrund. In weiteren Fahrzeugen saßen auch schwerbewaffnete Polizisten von Sondereinheiten. Laut Landespolizeidirektion Wien waren neben Bezirkskräften auch Beamte der Wega sowie des Einsatzkommandos Cobra im Einsatz. Der Stephansdom blieb frei zugänglich.

Polizei spricht von präventiven Maßnahmen

Auf Fragen, ob öffentliche Plätze gemieden werden sollen, antwortete die Wiener Polizei auf Twitter: "Nein, hierbei handelt es sich um präventive Maßnahmen. Sollte für die Bevölkerung konkrete Gefahr bestehen, warnen wir natürlich." Der Terroralarm dürfte durch ein Posting auf einer Social-Media-Plattform ausgelöst worden sein.

Michael Prüller von der Erzdiözese Wien sagt: "Wir wissen nicht mehr, wir haben die Meldung der Polizei hinsichtlich einer erhöhten Attentatsgefahr auf kirchliche Gottesdienststätten bekommen." Es sei aber bei der Erzdiözese keine konkrete Drohung eingelangt: "Aktuell halten wir die Kirchen noch offen."

Offiziell unbestätigten Informationen zufolge könnten sich die Anschlagspläne gegen Einrichtungen der syrisch-christlichen Diaspora in der Bundeshauptstadt richten. Seitens der Polizei bzw. des Innenministeriums will man das auf Anfrage aber nicht kommentieren. Ebenso wenig wurden Posts bestätigt, die sich schon in der Früh über soziale Medien verbreiteten, wonach nach einem SUV mit ausländischem Kennzeichen und vier Insassen gefahndet werde, von denen einer eine Schussverletzung an der Hand haben soll. Wann der Einsatz begonnen hatte, sagte Polizeisprecher Markus Dittrich nicht. "Der Einsatz startete, nachdem wir Kenntnis von den Hinweisen auf die Anschlagspläne erhalten haben."

Auch andere Kirchen weiter offen

Der Gründer der syrisch-othodoxen Kirche in Österreich, Emanuel Aydin, hatte nach eigenen Angaben noch keinen direkten Kontakt mit der Polizei. Beamte seien in der Umgebung seiner Kirche in Favoriten gewesen und hätten mit Mitgliedern der Gemeinde gesprochen. Die Wiener Polizei bestätigte am Nachmittag, dass der Einsatz in Zusammenhang mit der Anschlagswarnung stand. Das Gotteshaus sei weiterhin geöffnet.

In Medienberichten wurde auch die koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich genannt. Auch diese Meldungen wurden von der Polizei nicht bestätigt. Bischof Gabriel der rund 10.000 Gläubige zählenden Gemeinde wurde bis zum späten Vormittag nicht über eine mögliche Gefahr informiert, wie er auf Anfrage mitteilte.

Keine weiteren Details

Tarafa Baghajati, Obmann der "Initiative Muslimischer Österreicherinnen und Österreicher" (IMO), zeigte sich im Gespräch mit der APA betroffen und schockiert über die möglichen Anschlagspläne. Von solchen Tendenzen wären auch gemäßigte Imame und oder muslimische Persönlichkeiten betroffen, betonte er. In den vergangenen Jahren hätten immer wieder auch muslimische Persönlichkeiten Polizeischutz in Anspruch nehmen müssen, weil sie vom IS bedroht oder auf eine "Todesliste" gesetzt worden seien.

Auch ein STANDARD-Rundruf darüber hinaus brachte vorerst keine weiteren Details. Das Kanzleramt, das bei einer potenziellen Anschlagsgefahr wohl auch informiert wird, verwies prompt auf das Innenministerium – das Ressort von Minister Gerhard Karner (ÖVP) wiederum auf die Wiener Polizei. Eine Anfrage an den Staatsschutz blieb zunächst unbeantwortet.

"Bitte kein Streuen von Gerüchten oder Teilen von Fotos und Videos von polizeilichem Einschreiten", appelliert die Polizei. Dies könne potenziellen Tätern helfen und gefährde die Einsatzkräfte. (awie, jan, krud, simo, muz, 15.3.2023)