"Don't fear the Reaper", heißt es im Signature-Song der US-amerikanischen Rocker der Band Blue Öyster Cult. Dabei ist der Schnitter sehr wohl zu fürchten – zumindest die Reaper genannte Drohne des US-Herstellers General Atomics. Die am Dienstag von russischen Kampfflugzeugen im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer zum Absturz gebracht Drohne der US Air Force war Teil eines umfangreichen US-Programms für unbemannte Luftfahrzeuge. Zu diesem gehören neben den propellergetriebenen Reaper-Drohnen auch Helikopter und Jets.

Reaper eignen sich im Gegensatz zu verschiedenen anderen verwendeten Luftfahrzeugen nicht nur zur Aufklärung, sondern sind auch in der Lage, Luft-Boden-Raketen, Luft-Luft-Raketen und Präzisionsbomben zu transportieren und einzusetzen. Ihren Erstflug hatte Reaper im Jahr 2001, in den Betrieb eingeführt wurde sie als Ablösung des Vorgängermodells MQ-1 Predator im Jahr 2007. Reaper übertrifft den Predator in allen Belangen: Die Reichweite beträgt je nach Einsatz von Zusatztanks bis zu 42 Stunden, die Geschwindigkeit ist dreimal höher, die Ladekapazität gar fünfzehnmal höher als beim Predator.

Die General Atomics MQ-9 Reaper im Flug über einem Testgelände in Nevada.
Foto: AFP

Breite Einsatzmöglichkeiten

Reaper-Drohnen werden neben ihren Hauptabnehmern, der US Air Force und dem Marine Corps, auch von der Nasa verwendet wie auch von der zur Homeland Security gehörenden Grenzschutzbehörde CBP. Neben den USA nutzen auch mehrere weitere Staaten die Drohne mit unterschiedlichen Ausstattungen und zu unterschiedlichen Einsatzzwecken.

Aus Sicht der US Air Force werden Reaper in erster Linie zum Sammeln von Informationen verwendet, ein Einsatz als Angriffswaffe sei nur sekundär, heißt es. Allerdings wurden in der Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 Angriffe mit Drohnen zentraler Teil der US-Militärstrategie. Attackiert wurden Ziele in Pakistan und im Jemen ebenso wie in Libyen und Somalia – in Afghanistan sowieso. Dabei wurden tausende Menschen getötet, darunter hunderte Zivilisten. Auch unter der Präsidentschaft Barack Obamas wurden zahlreiche Luftschläge gegen terroristische Gruppierungen mit Drohnen durchgeführt, und unter Donald Trump wurden die Einsätze noch einmal intensiviert. Unter der Präsidentschaft Joe Bidens wurden die Einsätze reduziert, allerdings starben auch unter Biden mehrere Zivilisten bei einem Angriff in Afghanistan. Auch Al-Kaida-Chef Ayman al-Zawahiri wurde in der Amtszeit Bidens mithilfe einer Drohne getötet.

Eine MQ-1 Predator im Einsatz.
Foto: Reuters

Überlebenswichtige Informationen

Im Krieg in der Ukraine sind die Reaper hingegen ein zentrales Element der Luftaufklärung. Washington versorgt so die Ukraine mit überlebenswichtigen Informationen über die Positionen der russischen Invasoren. Sowohl Kiew als auch Moskau benutzen Drohnen in den Gefechten, doch die unbemannten Fluggeräte der US Air Force greifen nicht aktiv in das Kampfgeschehen ein. Ohne die Daten aus den Überwachungsflügen der Reaper-Drohnen wären die ukrainischen Verteidiger so gut wie blind. Kein Wunder also, dass Moskau ein Problem mit den Einsätzen hat.

Dass Drohnen abgeschossen werden, gehört in den bewaffneten Konflikten der jüngeren Zeit mittlerweile zur neuen Normalität. Die Fluggeräte sind ausgesprochen verletzlich. Ein Verlust durch einen Luftkampf mit feindlichen Kampfflugzeugen ist in dieser Form jedoch außergewöhnlich. Schließlich wurde die Reaper-Drohne von den russischen Jets nicht abgeschossen, sondern den Angaben Washingtons zufolge mit Treibstoff besprüht und der Antriebsrotor durch ein Rammmanöver zerstört. Denkbar ist, dass die US-Drohnen bei ihren Einsätzen künftig einen Geleitschutz erhalten.

Schlechte Karten im Luftkampf

Am 23. Dezember 2002 kam es zum ersten direkten Gefecht zwischen einem herkömmlichen Flugzeug und einer Drohne in der Geschichte. Eine irakische MiG-25 schoss dabei in der Flugverbotszone im Süden des Landes eine US-amerikanische Predator-Drohne ab. Die Predator-Drohnen wurden zu der Zeit vor allem als Köder für die irakische Luftwaffe und die Luftabwehr eingesetzt, dennoch waren sie mit Luft-Luft-Raketen der Type AIM-92 Stinger ausgerüstet. Allerdings sind sie annähernd 3.000 km/h langsamer als eine MiG und auch durch ihre niedrigere Flughöhe für einen Luftkampf gegen Kampfjets de facto untauglich. Dennoch schoss die Predator eine Stinger gegen das irakische Flugzeug, das ebenfalls eine Rakete abfeuerte. Die wärmegeleitete Stinger wurde vom irakischen Geschoß abgelenkt und traf das Ziel nicht, während die US-Drohne zerstört wurde. (Michael Vosatka, 15.3.2023)