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Gute Wanderwege, gastfreundlich, vergleichsweise günstig: In Nepal von Hütte zu Hütte durch den Himalaja zu wandern ist ein Genuss. Manche Faktoren darf man gewiss nicht unterschätzen. Da ist das Wetter zum einen oder die Höhe bis auf über 5.000 Meter über dem Meeresspiegel zum anderen. Für diejenigen, die keine Vorerfahrungen haben, gibt es vor Ort eine gute Infrastruktur an Wanderagenturen, Wanderführern und auch Trägern. Für alle, die sicher und erfahren unterwegs sind, kann es aber recht unkompliziert und unabhängig losgehen.

Das soll sich ab dem 1. April ändern. Denn der Nepalesische Tourismusverband (NTB) hat vergangene Woche bekanntgegeben, dass ab da das individuelle Wandern in Nationalparks und Naturschutzgebieten verboten wird. Wanderwillige müssen dann einen zertifizierten Guide mithaben. Quasi alle beliebten Wandergebiete Nepals sind davon betroffen. Ausnahme ist bloß das Gebiet um den Everest.

Der Tourismusverband begründet den Schritt damit, dass man die Sicherheit verbessern wolle: Jedes Jahr würden zwischen zehn und 15 Trekker in den Bergen als vermisst gemeldet, so die Trekking Agencies Association of Nepal. Die meisten von ihnen seien individuelle Trekker. Im Jahr vor der Pandemie kamen insgesamt rund 170.000 ausländische Besucher dafür nach Nepal, davon waren knapp 50.000 individuell unterwegs.

Mit der Maßnahme hätten Trekker in Nepal nun "sofortigen Zugang zu einem professionellen Supportsystem", gibt NTB in der Ankündigung an.

Protest von internationalen Wanderern

Doch bei internationalen Wanderern hat der Schritt für einen Aufschrei gesorgt. Einerseits macht die Maßnahme das Trekken in Nepal empfindlich teurer. Aber vor allem würde der Schritt die Wanderkultur massiv ändern. "Es ist bedauerlich für Leute, die gerne ihre Freiheit haben und Dinge langsam angehen oder auch die lokalen Begegnungen und ungeplanten Dinge schätzen", schreibt etwa ein Franzose auf Facebook.

Während das Wandern mit einem Guide viele interessante Tore in die lokale Kultur öffnet, kann es aber tatsächlich Einschränkungen mit sich bringen. Die Guides werden von unzähligen – meist in Kathmandu ansässigen – Agenturen gemanagt, die wiederum mit "ihren" Hütten entlang der Trekkingpfade kooperieren. Das spontane Erleben entlang des Weges wird dadurch oft massiv eingeschränkt, weil Guides bei ganz bestimmten Herbergen haltmachen, um die Kommissionen für die Agenturen zu bekommen.

Einheimische nicht betroffen

Vielen Wanderern stößt vor allem auf, dass die Regel nur für ausländische Wandersleute gilt, nicht aber für nepalesische. Bei Einheimischen, die selbst aus den Bergregionen Nepals stammen, mag das einer gewissen Logik entsprechen. Doch gerade die Einheimischen, die vor allem seit Covid das Wandern im eigenen Land entdeckt haben, stammen vor allem aus der urbanen Mittelschicht. Denn in Nepal gibt es zwar viele hohe Berge, ein großer Teil des Landes ist aber auch hügelig oder gar flach. Auch viele junge Leute, die den Dreimonatskurs zum Trekking-Guide machen, stammen nicht aus den Bergen, sondern aus den anderen, dichter besiedelten Regionen Nepals.

Mehr lokale Jobs

So soll die neue Maßnahme vor allem auch Jobs im Land schaffen, heißt es in der Ankündigung des Tourismusbüros. Nepal kämpft seit Jahren mit hoher Arbeitslosigkeit. Unzählige vor allem junge Männer suchen Arbeit im Ausland. Geldüberweisungen aus dem Ausland haben im Jahr 2020 fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts ausgemacht.

Irritiert hat auch viele, dass die Ankündigung so knapp vor Beginn der Hauptsaison kam: April und Mai sind (neben den Herbstmonaten) die beste Jahreszeit, um in Nepal wandern zu gehen. Die aktuelle Regelung besagt, dass Wanderungen, die vor dem Stichtag starten, noch individuell umgesetzt werden können.

Everest ausgenommen

Betroffen von der Maßnahme sind alle größeren Trekkinggebiete, da sie zumeist in Nationalparks oder Naturschutzgebieten liegen. Dazu zählen etwa Annapurna oder Langtang. Ausgenommen ist allerdings die Everest-Region: Dort regiert eine starke Lokallobby um eine lokale Sherpa-Organisation. Schon in den vergangenen Jahren hat man dort eigene Gebühren für Trekker eingeführt und die Entrichtung jener vom in Kathmandu ansässigen Tourismusverband nicht mehr kontrolliert.

Auch abseits der Ausnahmeregion um den Everest wird sich in den kommenden Wochen zeigen, inwiefern die neue Maßnahme auch wirklich umgesetzt wird. (saw, 16.3.2023)