Der Beitrag der Deutschen geht an die ARD, das ZDF und an das Deutschlandradio. Er beträgt monatlich 18,36 Euro.

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Ein Beitrag pro Wohnung – egal wie viele Personen darin leben, egal wie viele Computer, Fernseher oder Radios darin stehen. Nach diesem Motto wird in Deutschland jene Haushaltsabgabe eingehoben, die jetzt auch in Österreich zur Debatte steht. Sie beträgt monatlich 18,36 Euro und ist einmal im Quartal fällig, dann gehen 55,08 Euro an den "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice".

Der Name sagt schon, wofür das Geld verwendet wird. Genauer erklärt man beim Beitragsservice: "Vielfalt und Qualität für alle – das ist die Aufgabe der frei zu empfangenden Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Hörfunk, Fernsehen und Internet. Der Rundfunkbeitrag finanziert dabei das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Basis eines solidarischen Modells." Von den monatlichen 18,36 Euro gehen 12,78 an die Anstalten der ARD, 4,69 an das ZDF, 0,54 an das Deutschlandradio und 0,35 Euro an die Landesmedienanstalten.

Und da kommt im großen Deutschland einiges zusammen. 8,4 Milliarden Euro sind in der Jahresbilanz für 2021 vermerkt, das war ein Plus von 3,8 Prozent gegenüber dem Jahr davor. So üppig ist kaum ein öffentlich-rechtlicher Sektor in Europa ausgestattet, was diesen nicht unbedingt beliebt macht.

In Umfragen spricht sich regelmäßig eine Mehrheit der Deutschen für die Abschaffung oder zumindest eine Senkung der Abgabe aus. Im Herbst, als diverse Skandale aufpoppten – etwa beim Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) –, sprachen sich in einer Insa-Befragung 84 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gegen die Rundfunkgebühr aus.

Sorge um Akzeptanz

Nachvollziehen kann dies der Journalist und Rundfunkexperte Hans-Peter Siebenhaar, der das Buch "Die Nimmersatten" über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland geschrieben hat. "Die Haushaltsabgabe ist in Deutschland so unpopulär, weil man ihr nicht entgehen kann. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen bis zum Lebensende zahlen, egal ob sie überhaupt die Angebote von ARD und ZDF in Fernsehen, Radio und Internet nutzen", sagt er zum STANDARD und betont: "So etwas wünscht man Österreich nicht. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind dort ein wichtiger Teil des Landes, sie sollten ihre Akzeptanz nicht verlieren."

Siebenhaar spricht in Deutschland von einem "Bruch, der zu einer tiefen Entfremdung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk" geführt habe. Und der sei 2013 erfolgt, als die Haushaltsabgabe eingeführt wurde.

Zuvor war für die Deutschen eine Rundfunkgebühr fällig, diese wurde "GEZ-Gebühr" genannt, weil sie an die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu entrichten war. Der wichtigste Unterschied: Die GEZ zahlte nur, wer einen Fernseher oder ein Radio hatte.

Als ab 2013 dann jeder Haushalt zur Kasse gebeten wurde, hatte dies 2015 eine zunächst erfreuliche Folge: Zum ersten Mal überhaupt sank – aufgrund der Mehreinnahmen – der Beitrag. Allerdings passierte dies nur sehr moderat: Er verringerte sich bloß von 17,98 Euro auf 17,50 Euro pro Monat.

Die zweite Folge war eine wahre Flut an Klagen. Zuständigkeit, Inhalt, Höhe, gegen vieles wandten sich Bürgerinnen und Bürger an Gerichte. Es waren auch skurrile Klagen dabei. So wehrte sich eine Frau in Rheinland-Pfalz gegen die Abgabe, weil sie der Meinung war, ARD und ZDF würden sich nicht an den Geboten Gottes ausrichten. Ihr Begehr wurde vom Verwaltungsgericht Koblenz abgewiesen.

2018 stellte das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich fest, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland durch "sorgfältig recherchierte Informationen Orientierungshilfe" biete und daher durch den Rundfunkbeitrag ein individueller "Vorteil" vorliege. Aber es drehte die Bestimmung ab, dass auch für Zweitwohnungen zu zahlen sei. Die Begründung: Niemand könne an zwei Orten gleichzeitig Rundfunk nutzen. Es war die einzige relevante Klage, der ein Höchstgericht stattgab.

Etliche Ausnahmen

Und dennoch: Nicht alle in Deutschland müssen zahlen. Nebst rund 45,7 Millionen Beitragskonten verzeichnet der Beitragsservice auch 2,9 Millionen Personen mit Befreiung oder Ermäßigung. Diese gilt etwa für Langzeitarbeitslose oder Sozialhilfeempfänger. Außerdem sind aktuell rund drei Millionen Mahnungen oder Vollstreckungen anhängig.

Für Siebenhaar passt die Haushaltsabgab nicht mehr ins digitale Zeitalter. Denn: "Heute nutzt man mediale Angebote auf Abruf. Dafür bezahlt man eine Gebühr wie bei Netflix oder akzeptiert Werbung wie bei den privaten Sendern."

Sein Vorschlag für eine "moderne, zeitgemäße Rundfunkgebühr" wäre folgender: "Eine verpflichtende Grundgebühr ungefähr in Höhe von bis zehn Euro pro Monat für ein Basisangebot aus ARD, ZDF und Regionalsendern." Spezielle Angebote wie beispielsweise die Fernsehsender 3sat, Phoenix, Arte, Kinderkanal oder Alpha können dann gegen Aufpreis dazugebucht werden. Siebenhaar: "Statt einer lebenslangen Haushaltsabgabe kann dann jeder individuell entscheiden, welche digitalen Angebote von ARD und ZDF er bezahlen möchte."

Dann, argumentiert so mancher in Deutschland, würde vielleicht kaum jemand noch bei den Öffentlich-Rechtlichen Filme schauen. Das lässt Siebenhaar nicht gelten: "Wenn die Anstalten um zusätzlich buchbare Inhalte bei ihren Kunden kämpfen müssen, steigt auch die Motivation, bessere Unterhaltungs- und Informationsangebote zu machen." Außerdem hätten manche Angebote auch ein Alleinstellungsmerkmal, wie etwa der Kinderkanal. Viele Eltern legten Wert darauf, "dass ihre Kinder nicht mit Werbung im Fernsehen überschüttet werden". Für sie seien die Öffentlich-Rechtlichen daher "eine attraktive Option".

Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird in Deutschland übrigens nicht von den Rundfunkanstalten festgelegt, sondern von den Ministerpräsidenten der Länder und einem unabhängigen Sachverständigengremium, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF). Begehr nach einer Beitragserhöhung 2025 gibt es schon. Aber in Ostdeutschland stehen Ministerpräsidenten auf der Bremse. Dort ist die AfD stark. Und diese will den Beitrag für den "Staatsfunk" ganz abschaffen. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.3.2023)