SPÖ gegen SPÖ am "Runden Tisch", Mittwochabend im ORF: Berater Josef Kalina, Franz Schnabl (Parteichef Niederösterreich), Moderator Tarek Leitner mit thementypischer Handbewegung, Exminister Alois Stöger, Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik (von links nach recht).

Foto: Runder Tisch ORF 2 TVthek

Einst galt sie als Muster dessen, was man gemeinhin als "Parteidisziplin" kennt – im guten wie im schlechten Sinne gleichermaßen. Dass es heute, vor allem nach der erbitterten parteiinternen Auseinandersetzung der vergangenen Tage, noch Reste davon gibt in der SPÖ, erstaunt fast ein wenig. Dass der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Mittwochabend entgegen anderslautenden Gerüchten nicht im Studio der "ZiB 2" auftauchte, dass er sich damit offensichtlich an ein zuvor in den SPÖ-Parteigremien vereinbartes, vorläufiges Schweigegelübde hielt – man vermochte es kaum zu glauben.

Politische Feinspitze wurden kurz danach am "Runden Tisch" für ihre Geduld belohnt: Dort wurde, zu später Stunde, umso mehr gehobelt und gehachelt. Die innerparteilichen Funken flogen zwischen Rendi-Wagner- und Doskozil-Lager, dass es eine Lust war – für sadomasochistisch veranlagte SPÖ-Mitglieder, höchstens. Alle anderen verstanden mutmaßlich über weite Strecken Bahnhof.

Klare Rollenverteilung

Immerhin erfasste man auf Anhieb die Rollenverteilung in der Talkrunde: Rechts – aus Publikumssicht – von Moderator Tarek Leitner saß Rendi-Mann Alois Stöger, ehemaliger Gesundheits- und Infrastrukturminister, Gewerkschafter, ein Mann, der verstanden haben will, dass das Zeitalter der Frauen angebrochen ist. Und der es "ganz natürlich" findet, dass sich gegen die erste Frau an der SPÖ-Spitze so massiver Widerstand regt. Das sei aber "auch eine Chance", behauptete Stöger empathisch und verortete – erraten! – die Medien als die wahren Übeltäter. Wer, wie er, Stöger, gerne über Inhaltliches spreche, gelte rasch als langweilig. Alles klar, endlich benennt einer den wahren Grund für die Misere der SPÖ.

Zur Linken Leitners saß mit dem Niederösterreicher Franz Schnabl ein deklarierter Doskozil-Fan, noch dazu einer, der sich bestens mit Statuten und Vorstandsbeschlüssen auskennt. Schnabl dozierte ausführlich über Fristen und Zeiträume für Mitgliederbefragung und Parteitag und verlor sich so sehr in Details, dass Moderator Leitner anstelle der Zuseherinnen und Zuseher ungeduldig wurde. Schnabl machte jedenfalls kein Hehl daraus, wem er die Schuld daran gibt, dass er bei den niederösterreichischen Landtagswahlen stark verloren hat – sich selbst jedenfalls eher nicht.

Es geht ums Detail

Schnabl und Stöger gerieten einander über der Frage in die Haare, wann genau Mitgliederbefragung und außerordentlicher Parteitag stattfinden können – man differierte um knappe vier Wochen und näherte sich auch im Laufe der Sendung nicht an.

Kommunikationsberater Josef Kalina, einst SPÖ-Parteimanager, wünschte seiner Partei fast händeringend mehr gemeinsames Wording nach außen, ansonsten: "Grüß Gott, Salzburger Landtagswahl!", outete sich im Laufe der Diskussion dann als Doskozil-freundlich, weil: "klare Botschaften". Mit Abstrichen, offenbar, denn: Gerade in der Migrationsfrage wollte auch Kalina nicht recht schlau daraus werden, wo genau die Unterschiede zwischen Rendi-Wagner und Doskozil liegen. Der Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik schien das alles ebenfalls nicht so ganz klar, sie mühte sich redlich, die Unterschiede zwischen beiden Lagern herauszuarbeiten.

Am Ende des "Runden Tischs" blieb die Erkenntnis: Man mag einander nicht, man traut einander kaum – und die Details, wie's weitergeht, werden, wenn alles gutgeht, nächste Woche ausgemacht. Man ahnt es: Ein Ende der roten Selbstbeschäftigung ist vorerst nicht abzusehen. (Petra Stuiber, 15.3.2023)