Die Blicke richten sich ungeduldig nach Niederösterreich: Dort steht, trotz zeitlichen Drucks, noch immer keine Landesregierung.

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Knapp eine Woche vor der konstituierenden Sitzung in St. Pölten ist noch immer nicht klar, wie die zukünftige Landesregierung in Niederösterreich aussieht. Aktuell verhandelt die ÖVP mit der FPÖ über ein Arbeitsübereinkommen, die ÖVP braucht nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit einen Verbündeten.

Ursprünglich wollten ÖVP und FPÖ Mitte der Woche Klarheit über eine mögliche Koalition schaffen, doch das verzögert sich: Die Verhandlungen laufen weiter "mit offenem Ausgang", hieß es am Mittwoch aus ÖVP-Kreisen. Zuletzt hatte die Volkspartei die Gespräche mit den Sozialdemokraten gestoppt.

Die Zeit drängt

Durch den Proporz sind ja ÖVP, SPÖ und FPÖ automatisch in der Regierung. Allzu lange können Schwarz und Blau jedenfalls nicht mehr verhandeln, denn die Zeit drängt: Am 23. März steht die Wahl der neuen Landesregierung an. Doch was passiert, wenn auch die schwarz-blauen Gespräche platzen?

In den Verhandlungen stellt sich nicht nur die Frage eines möglichen Arbeitsübereinkommens, sondern auch jene, welche Partei welche Ressorts übernimmt und wer schließlich Landeschef oder -chefin wird. Auch wenn sich die ÖVP am Ende mit der FPÖ zusammenfindet, wollen die Blauen Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau wählen.

ÖVP will keine Koalition ohne Mikl-Leitner

Die ÖVP stellte aber klar, dass es ohne Mikl-Leitner an der Spitze kein Arbeitsübereinkommen gebe. Theoretisch würden der ÖVP aber die eigenen Stimmen reichen, wenn die FPÖ ungültig wählt oder den Saal verlässt. SPÖ, Neos und Grüne knüpfen Zugeständnisse seitens der ÖVP an die Wahl Mikl-Leitners.

Sollte aber Mikl-Leitner etwa in einem Wahldurchgang keine Mehrheit erhalten und etwaige Gegenkandidaten auch nicht, müssten laut Geschäftsordnung die beiden Stimmenstärksten aus dem ersten Wahldurchgang gegeneinander antreten, erklärt der Verfassungsexperte Peter Bußjäger. Bisher wurden noch keine Wahlvorschläge für die Wahl eingebracht, bestätigte Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP).

Kaum andere Optionen

Scheitern gar die schwarz-blauen Verhandlungen in den nächsten Tagen, steht die Volkspartei vor einem Problem: Sie hätte nur eine Woche Zeit, um es doch nochmals mit der SPÖ zu probieren. Denn der neue Landtag ist laut Verfassung verpflichtet, acht Wochen nach der Wahl die Regierung zu wählen.

Findet sich aber bis zur Sitzung am 23. März keine Koalition für die Wahl der Landesregierung und der Landeshauptfrau, etwa wenn es nur einen Wahlvorschlag für Mikl-Leitner gibt und die anderen Parteien mit Nein stimmen, käme es laut Verfassungsjurist Heinz Mayer zu einer Pattsituation: Die Sitzung wäre unterbrochen und müsste vertagt werden. Hier würde Artikel 37 der Landesverfassung zum Einsatz kommen, erklärt Mayer im Gespräch mit dem STANDARD: "Dieser sieht vor, dass die Regierung so lange im Amt bleibt, bis der Landtag eine neue wählt."

Neuer Termin notwendig

Damit würde die ÖVP vorerst ihre Mehrheit in der Landesregierung behalten, im Landtag aber verlieren. Jedenfalls müssten die 56 Abgeordneten, die am 23. März auf jeden Fall angelobt werden, einen neuen Termin festlegen, um eine neue Regierung zu wählen. Er käme sonst seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nicht nach. "Man könnte also den Standpunkt vertreten, die Regierung sei dann, wenn die achtwöchige Frist überschritten wird, rechtswidrig", sagt Mayer.

Während ÖVP und FPÖ ihre Gespräche also weiterführen, warnen mehrere Kunstschaffende wie Josef Hader und Robert Menasse in einem offenen Brief vor einer schwarz-blauen Koalition. SOS Mitmensch hat zusätzlich seine Petition gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl mit 22.000 Unterschriften an das Büro von Mikl-Leitner überreicht. (Max Stepan, 15.3.2023)