Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer haben inhaltlich zueinandergefunden.

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Niederösterreich steht vor einer schwarz-blauen Zusammenarbeit. Der ÖVP-Landesparteivorstand hat sich am Freitagvormittag einstimmig für einen Pakt mit den Freiheitlichen ausgesprochen. Das FPÖ-Gremium stimmte wenig später ebenfalls einstimmig zu.

Zuvor wurde bereits Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) von der Agentur APA zitiert: "Im Ringen um Lösungen haben wir uns auf Maßnahmen geeinigt, die Niederösterreich voranbringen werden." FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer wurde noch deutlicher: "Die Verhandlungen mit der ÖVP sind beendet. Wir haben uns auf ein ambitioniertes Arbeitsprogramm im Sinne einer echten Veränderung und unserer Landsleute geeinigt", teilte er mit.

Um 13:30 Uhr werden Mikl-Leitner und Landbauer in einer Pressekonferenz über die Details des Arbeitsprogramms informieren. DER STANDARD berichtet in einem Live-Ticker darüber.

Ebner: SPÖ hat "den Bogen überspannt"

Wie kam es dazu? Die Volkspartei hat zunächst begonnene "vertiefende Gespräche" über eine Zusammenarbeit mit der SPÖ vergangene Woche gestoppt. Zu vier von fünf öffentlich gestellten Bedingungen habe man einen Kompromiss gefunden, meinte ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner am Freitag im Rückblick: "Die SPÖ wollte ihre fünf Punkte aber auf Biegen und Brechen umsetzen." Insgesamt habe es über 200 Forderungen der Roten gegeben, die der Parteimanager als teilweise "unleistbar" und "untragbar" bezeichnete. Die Sozialdemokraten hätten "den Bogen überspannt und sich damit verpokert": "Das Resultat sind gescheiterte Verhandlungen mit der SPÖ, die schlussendlich die Gespräche mit der FPÖ notwendig gemacht haben", erklärte Ebner.

Knackpunkt Corona

Für ÖVP-Verhandler Klaus Schneeberger liefen die Gespräche mit den Freiheitlichen "professioneller" als jene, die bis zum Stopp in der Vorwoche mit der SPÖ geführt worden waren. Das berichtet der "Kurier".

Einer der Knackpunkte für ein schwarz-blaues Bündnis war die Aufarbeitung der Corona-Pandemie. Landbauer forderte hier zuletzt Entschädigungen bis hin zu einer "Generalamnestie" für Covid-Strafen. Mikl-Leitner räumte daraufhin ein, dass die Corona-Impfpflicht aus jetziger Sicht "natürlich ein Fehler" gewesen sei – eine Aussage, die Landbauer wiederum am Dienstag noch zu wenig war.

Ungültig dafür

Einen Mittelweg könnte es bei der Wahl der Landeshauptfrau geben. Die Freiheitlichen haben stets betont, bei der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht für Mikl-Leitner zu stimmen. Spekuliert wird, dass die 14 FPÖ-Abgeordneten ungültig wählen könnten. Damit wäre mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren die erforderliche Mehrheit erreicht. Es zählen nur gültige Stimmen. Landbauer betonte dazu am Mittwoch, dass seine Partei – eine inhaltliche Einigung vorausgesetzt – "eine Wahl der Landeshauptfrau nicht verhindern wird".

Widerstand gegen das schwarz-blaue Bündnis gab es auch am Donnerstag von außen. Der Verein "Willkommen – zum Finden einer neuen Heimat" sieht Medienberichten zufolge in einem offenen Brief gemeinsam mit acht weiteren Organisationen die Demokratie in Gefahr und fordert einen Verhandlungsstopp. Am kommenden Donnerstag, dem Tag der konstituierenden Landtagssitzung, plant zudem SOS Mitmensch eine Kundgebung auf dem Landhausplatz, wie der ORF Niederösterreich berichtete. Bereits am Mittwoch sprachen sich mehrere niederösterreichische Künstler und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, im STANDARD offen gegen ein Bündnis von Volkspartei und Freiheitlichen aus.

Kundgebungen geplant

Für Samstag plant die Plattform für eine menschliche Asylpolitik laut einer Aussendung ab 15 Uhr auf dem Wiener Karlsplatz eine Kundgebung samt Konzerten, die auch gegen die "Beteiligung der neonazistischen FPÖ an der niederösterreichischen Landesregierung" gerichtet ist. Angesagt haben sich demnach unter anderen Cornelius Obonya und Marco Pogo.

Die ÖVP hat bei der Landtagswahl am 29. Jänner 39,93 Prozent (minus 9,70 Prozentpunkte) erreicht und damit die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung verloren. Die FPÖ erzielte mit 24,19 Prozent ein Rekordergebnis und löste die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab. Wie die Schwarzen fuhren auch die Roten (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Resultat im Bundesland seit 1945 ein. Die Volkspartei stellt vier, die FPÖ drei und die SPÖ zwei Mitglieder in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, die Neos kamen auf 6,67 Prozent. (APA, red, 17.3.2023)