Monatelang war es gleichsam ein ehernes Gesetz: Finnland und Schweden würden nur gemeinsam, im "Doppelpack", der Nato beitreten. Doch bekanntlich sperrte sich ebenso lange das Nato-Mitglied Türkei gegen Schwedens Aufnahme in das transatlantische Verteidigungsbündnis – und machte damit auch Finnland das Leben schwer.

Recep Tayyip Erdoğan macht Politik mit dem Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens.
Foto: REUTERS/Yves Herman

Nun bahnt sich allerdings doch ein getrennter Beitrittsprozess an: Denn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan könnte an diesem Freitag endlich seine Zustimmung geben. Allerdings nur zum Beitritt Finnlands, nicht zu jenem Schwedens.

Erwartet wird, dass Erdoğan im Beisein des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö in Istanbul grünes Licht für den Schritt gibt. Die Aufnahme Finnlands könnte damit noch vor der Präsidentenwahl in der Türkei am 14. Mai vom Parlament ratifiziert werden. Erdoğan könnte sich auf diese Weise im Wahlkampf innenpolitisch als Macher auf globaler Ebene präsentieren, der konstruktiv und dennoch hart ist.

Lange Grenze

Finnland und Schweden hatten im Frühjahr 2022, wenige Wochen nach dem Beginn der russischen Angriffe auf die Ukraine, einen gemeinsamen Beitrittsprozess zur Nato eingeleitet. Vor allem Finnland fürchtet den Nachbarn im Osten: Man hat eine 1.340 Kilometer lange gemeinsame Landgrenze – und eine jahrzehntelange gemeinsame Geschichte. In Helsinki ist daher die Sorge massiv, dass sich Präsident Wladimir Putin nicht damit zufriedengeben könnte, die Ukraine zu erobern. Wenn er das überhaupt schaffen sollte. Auch Finnland stünde nach einer solchen Logik auf der Liste des Kreml.

28 der 30 Nato-Partner haben die finnisch-schwedischen Beitrittsprotokolle schon 2022 umgehend ratifiziert – nur Ungarn und die Türkei ließen die Regierungen in Helsinki und Stockholm abblitzen. Die Türkei – sprich: Erdoğan – argumentiert die Verweigerungshaltung vor allem mit Schwedens angeblich "unzureichendem Kampf gegen Terrororganisationen", vor allem gegen die in der Türkei verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK).

Dass sich Erdoğan Schweden als eine Art Faustpfand behalten will, damit hatte man auch schon in Stockholm gerechnet. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bekräftigte erst am Mittwoch bei einem Besuch beim deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, dass sein Land mit der Möglichkeit rechne und darauf vorbereitet sei, wenn in einem ersten Schritt nur Finnland der Nato beitritt. Allerdings wäre ihm nach wie vor ein gemeinsamer Beitritt zur Verteidigungsallianz wesentlich lieber.

Auch Ungarn pokert

Und Ungarn, das bisher auch blockiert? Ministerpräsident Viktor Orbán sendet seit jeher widersprüchliche Signale: Budapest unterstütze die Erweiterung, das Parlament werde "bald" für die Ratifizierung stimmen. Getan hat es dies aber noch nicht. "Wir haben sowohl Finnland als auch Schweden bereits bestätigt, dass Ungarn die Nato-Beitrittsgesuche unterstützt", hatte Orbán schon im vergangenen Herbst versprochen. "Die Schweden und die Finnen haben wegen Ungarn keine einzige Minute der Mitgliedschaft verloren, und Ungarn wird ihnen sicherlich die Unterstützung geben, die sie für den Beitritt brauchen."

Doch auch Orbán nutzt seine Stellung in der Nato für einen Machtpoker. Seine Interessen liegen aber weniger, wie bei Erdoğan, auf dem Umgang mit unliebsamen oppositionellen Kräften, sondern eher auf dem europapolitischen Kräftemessen – was natürlich auch für innenpolitische Effekte herangezogen werden kann. (red, 17.3.2023)