Die hier abgebildete Geste soll im Sommer einen Lenker so geärgert haben, dass er einen anderen Fahrer auf der Autobahn zu mehreren Notbremsungen zwang.

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Wien – "Wir hatten wirklich Todesangst", verrät der Zeuge Richterin Corinna Huber und Herrn C., der diese Beklemmung am 7. August ausgelöst haben soll. Der Zeuge, seine Gattin und die beiden Kinder waren an diesem Tag mit ihrem Kraftfahrzeug auf der Südautobahn Richtung Wien unterwegs, als der 51-jährige Angeklagte sie im Bereich Laßnitzhöhe überholte, schnitt und mehrfach zu Notbremsungen zwang.

Warum der zweifach vorbestrafte Bosnier das machte, bleibt unklar. Bei seiner Einvernahme durch die Polizei sagte der Arbeiter noch, er habe nichts Illegales gemacht. Im Gegenteil: Er habe den Eindruck gehabt, der vor ihm fahrende andere Automobilist schlafe, deshalb habe er ihn mit Lichtzeichen aufwecken wollen. Da die optische Wahrnehmungsfähigkeit bei geschlossenen Augen doch recht eingeschränkt ist, erschließt sich der Sinn dieser angeblichen Maßnahme nicht ganz, was auch Verteidiger Philipp Winkler erkannt haben dürfte. Er kündigt daher an, dass sein Mandant sich schuldig bekennen werde, sich sonst aber nicht zu dem Vorfall äußern wolle.

Abgebrochenes Medizinstudium

Ein wenig mehr gibt C. dann doch preis. Bei der Überprüfung seiner Generalien erzählt er, dass er in Bosnien-Herzegowina ein Medizinstudium begann, ehe er vor dem Krieg nach Österreich flüchten musste. Hier kam er zu drei Eigentumswohnungen, deren Wert er auf eine Million Euro schätzt. Dass er als Arbeiter im Unternehmen seiner Lebensgefährtin 2.500 Euro netto im Monat verdient, erfährt man ebenso wie die Tatsache, dass er schuldenfrei ist.

Auch zum fraglichen Sonntag sagt C. ein wenig: Er sei damals auf der Rückfahrt von Bosnien gewesen. Als er den Diplomingenieur, der am Steuer des anderen Fahrzeuges saß, überholte, habe dieser eine seit der griechischen Antike als äußerst unhöflich empfundene Geste unter Verwendung seines Mittelfingers gemacht – was der Zeuge allerdings bestreitet. Das habe ihn geärgert, daher habe er mehrmals vor dem Kontrahenten gebremst, gibt C. nun zu.

Entschuldigung unter Tränen

"Es tut mir wirklich leid", beteuert der Angeklagte gegenüber Huber. Wohl auch deshalb, da diese seine zweite Vorstrafe aus dem Jahr 2020, als er zu zwei Monaten bedingt verurteilt wurde, bei einer neuerlichen Verurteilung widerrufen könnte. Allerdings kommen ihm auch die Tränen, als er sich bei dem betroffenen Ehepaar entschuldigt und beschwört, dass er Kinder liebe und diese nie gefährden wollte.

Die Richterin verurteilt C. schließlich rechtskräftig wegen Nötigung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit zu fünf Monaten bedingter Haft und 120 Tagsätzen à 30 Euro, also 3.600 Euro, unbedingt. Die offene Vorstrafe widerruft sie nicht. Sie glaube dem Angeklagten, dass er den Vorfall bedaure, begründet sie, daher könne sie es ausnahmsweise auch bei der dritten Verurteilung bei einer bedingten Haftstrafe belassen. Eine völlig bedingte Strafe sei aber ausgeschlossen, daher müsse er die Geldstrafe bezahlen, erklärt sie dem dankbaren Angeklagten. (Michael Möseneder, 17.3.2023)