Wer bei monotonen Tätigkeiten einnickt, leidet bereits an Schläfrigkeit und sollte diese beim Hausarzt abklären lassen.

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Endlich werden die Tage spürbar länger. Wenn am Morgen der Wecker läutet, ist es für die Allermeisten zumindest schon hell draußen. Und geht man am Abend noch bei Tageslicht aus dem Büro, macht das richtig beschwingt. Dazu zwitschern die Vögel, es beginnt zu grünen und zu blühen – der Frühling ist da. Eigentlich sollte man sich richtig energiegeladen fühlen – aber viele bemerken diesen Schwung nicht. Ganz im Gegenteil, häufig wird im Frühling noch mehr gegähnt als in anderen Jahreszeiten, die Frühjahrsmüdigkeit macht sich breit.

Genau definiert ist dieser Begriff nicht. Birgit Högl, Neurologin und Leiterin des Schlaflabors an der Med-Uni Innsbruck, erklärt: "Die Frühjahrsmüdigkeit ist zwar im allgemeinen Sprachgebrauch fest verankert, aber jeder versteht etwas anderes darunter." Generell verbindet man damit eine Müdigkeit im Alltag, dass man sich kaputt und schlapp fühlt.

Die Hormone sind schuld

Ob es die Frühjahrsmüdigkeit wirklich gibt und was dabei im Körper geschieht, das ist wissenschaftlich nicht klar erforscht. Grundsätzlich geht man davon aus, dass eine gewisse Dysbalance der Hormone schuld an der Schlappheit ist: Im Winter produziert der Körper mehr von dem Schlafhormon Melatonin. Werden die Tage länger, kommt das Hormon Serotonin, auch als Glückshormon bekannt, wieder stärker hinzu. Bis sich die Konzentration beider Hormone wieder eingespielt hat, dauert es eine Weile, und es kann zur Frühjahrsmüdigkeit kommen.

Für Högl spielen bei der Müdigkeit im Frühjahr außerdem ein oft unterschätzter Schlafmangel und die innere Uhr mit eine Rolle. "Aus Umfragen weiß man, dass ungefähr die Hälfte der Menschen in Österreich zu wenig schläft." Die internationalen Schlafempfehlungen liegen zwischen sieben und neun Stunden pro Nacht. "Viele schaffen nicht einmal oder gerade mal die sieben Stunden." Ob man zu wenig geschlafen hat, merkt man daran, dass man große Schwierigkeiten hat, in der Früh aufzustehen, oder wenn man etwa nach dem Mittagessen sehr müde wird. Aber auch die Zeitumstellung kann zur Müdigkeit beitragen. "Wenn Personen, die ohnehin schon in vielen Nächten zu wenig Schlaf bekommen, dann in dieser Nacht noch eine Stunde verlieren, kann das akute Auswirkungen auf die nächsten Tage haben", weiß Högl. Untersuchungen zeigen, dass vor allem an den ersten Tagen nach der Umstellung die Unfallrate erhöht ist.

Hilft es dann, wenn man bei der Zeitumstellung eine Stunde eher ins Bett geht? Leider ist das nicht ganz so einfach, denn hier kommt die innere Uhr ins Spiel, wie die Neurologin erklärt: "Unsere Einschlafbereitschaft wird von der inneren Uhr mitgesteuert. Und gerade den sogenannten Nachtmenschen fällt es ziemlich schwer, einfach früher einzuschlafen." Der Wecker klingelt aber spätestens am Montag trotzdem wieder ganz normal und für die innere Uhr sogar noch eine Stunde früher als gewohnt. Wer abends dann noch viel vor Bildschirmen verbringt, tut sich vermutlich noch schwerer mit dem Einschlafen. Denn: Das blaue Licht, das von diesen Geräten ausgeht, unterdrückt die Bildung von Melatonin, das wir brauchen, um müde zu werden.

Essen, das glücklich macht

Schlaf ist also das essenzielle Mittel, um dem Problem entgegenzuwirken. Aber man kann auch an weiteren Hebeln ansetzen, bei der Ernährung etwa. Um die Dysbalance der beiden Hormone Serotonin und Melatonin schneller auszugleichen, empfiehlt Diätologin Yasmin Eder "vor allem Lebensmittel auf den Speiseplan zu schreiben, die viel von der Aminosäure Tryptophan enthalten. Das benötigt der Organismus, um Serotonin zu bilden." Zu den besonders tryptophanreichen Lebensmitteln zählen Parmesan, Emmentaler, Sojabohnen, Cashewkerne, Edamer, Weizenkeime oder auch Linsen und Kichererbsen.

Auch der Verzicht auf Zucker und Fleisch, oder zumindest eine deutliche Reduktion davon, den ohnehin manche in der traditionellen Fastenzeit praktizieren, kann der Frühjahrsmüdigkeit ein Schnippchen schlagen. "Fettreiches Fleisch und verarbeitete Wurstwaren belasten die Verdauung stark und verbrauchen zusätzliche Energie", erklärt Yasmin Eder. Zucker zählt zu den schnellen Kohlenhydrat-Energielieferanten, deshalb "verpufft er auch genauso schnell wieder, wie er gekommen ist. Er liefert uns zwar schnell Energie, macht aber auch genauso schnell wieder müde."

Für die morgendliche Frühjahrsroutine rät die Expertin dazu, "den Tag mit leichter Bewegung wie Yoga zu beginnen. Da reichen schon 20 Minuten." Danach regen Wechselduschen den Kreislauf zusätzlich an ."Und auch ein Power-Müsli aus Haferflocken, Sonnenblumenkernen, Leinsamen, Sesam und Hanfsamen lässt uns energiegeladener in den Tag starten."

Frische Luft und Sonnenlicht

Neben ausreichend Schlaf und einer ausgewogenen Ernährung sollte auch die Bewegung nicht zu kurz kommen. Sportchirurg Christian Gäbler vom Sportambulatorium Wien weiß, dass Bewegung an der frischen Luft dazu beiträgt, sich im Frühling munterer zu fühlen: "Vor allem in der Großstadt kommt der Sport draußen häufig zu kurz. Viele powern sich im Fitnessstudio aus, dabei sind Frischlust und Sonnenlicht extrem wichtig." Diese Kombination sorgt mit der Bewegung dafür, dass der Körper automatisch einen Energieschub bekommt.

Dabei sei es gar nicht wichtig, welche Art der Bewegung man draußen mache. "Bereits eine halbe Stunde zügiges Spazierengehen zeigt Wirkung", betont Gäbler. Allerdings rät er auch zu etwas Geduld. "Oftmals spürt man den gewünschten Effekt nicht gleich nach dem ersten Mal. Das ist ähnlich wie beim Fasten. Wer etwa eine gewisse Zeit auf Fleisch oder Alkohol verzichtet, spürt auch nicht sofort den positiven Effekt auf den Körper. Es tut aber trotzdem gut. Ähnlich ist das auch mit der Bewegung im Frühling." (Jasmin Altrock, 21.3.2023)