Die vermeintliche Krypto-Queen Ruja Ignatova, im Bild ihr legendärer Auftritt im Juni 2016 im Londoner Wembley-Stadion, entpuppte sich als Milliardenbetrügerin.

Foto: Facebook/Cryptoqueen

Selbst wenn Bitcoin eine Preisflaute erlebt, langfristig kann man von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Schließlich stieg sein Wert seit 2009 von de facto null auf derzeit etwa 25.000 US-Dollar – ein weiter Weg, der allerdings von vielen Pleiten, Pech und Pannen gekennzeichnet ist. Und Betrügern ein völlig neues Spielfeld für ihre Machenschaften eröffnet.

Dazu kommt, dass Kryptowährungen auch sonst viele Verheißungen nicht einlösen konnten. Die meisten sind als Zahlungsmittel im Alltag untauglich und fressen Unmengen an Energie. Als Inflationsschutz sind sie ebenso ungeeignet wie zur Risikostreuung in Portfolios. Und die Einführung von Bitcoin als zweite Landeswährung El Salvadors floppte bisher ebenfalls gehörig.

Zudem kritisieren einstige Befürworter, die Welt der Kryptowährungen sei von der Finanzindustrie gekapert worden. Dennoch, oder gerade deshalb, ist die Geschichte von Bitcoin und Co noch längst nicht zu Ende – womit zu den bisher größten Flops mit Coins und Tokens wahrscheinlich weitere hinzukommen werden.

Onecoin: Milliardenbetrug mit dem "Bitcoin-Killer"

Zu pyrotechnischen Effekten und Alicia Keys’ eingängiger Hymne This Girl Is on Fire schwebt Ruja Ignatova im Juni 2016 auf die Bühne des Londoner Wembley-Stadions. Tausende Fans feiern die gebürtige Bulgarin, die in Deutschland einen Doktortitel erworben hat, als "Krypto-Queen". Ignatova rührt die Werbetrommel für ihre Kryptowährung Onecoin, die sie als "Bitcoin-Killer" lobpreist. Ihre begeisterten Anhänger öffnen in weiterer Folge ihre Brieftaschen, um ab dem ersten Tag bei Onecoin dabei zu sein.

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Doch dazu sollte es nie kommen. Onecoin war von Anfang an eine Mischung aus Schneeballsystem und Multi-Level-Marketing, also gewaltiger Betrug. Ab 2013 lukrierten die Organisatoren laut US-Angaben mit teuer verkauften Starterkits mindestens vier Milliarden Dollar. Als sich 2017 kritische Stimmen mehrten und Behörden bei Onecoin genauer hinsahen, flog die Abzocke schließlich auf. Ignatova tauchte kurzerhand ab, während sich andere, darunter ihr Bruder Konstantin, wegen Geldwäsche und Betrugs vor Gerichten verantworten mussten. Von der vermeintlichen Krypto-Queen, die es als erst elfte Frau auf die Liste der zehn meistgesuchten Personen des FBI geschafft hat, fehlt jede Spur.

Mt. Gox: Zusammenbruch mit Happy End

In den Frühzeiten von Bitcoin war Mt. Gox die mit Abstand größte Kryptobörse. Aufgebaut ab 2011 von dem Franzosen Mark Karpelès, der als zurückgezogener Computernerd beschrieben wird, wurden dort bis zu 80 Prozent des weltweiten Bitcoin-Handels abgewickelt – in einer Zeit, als der Preis der Kryptowährung von ein- auf dreistellige Dollarbeträge kletterte. Der Schock folgte im Februar 2014, als plötzlich keine Auszahlungen mehr möglich waren und Karpelès das Verschwinden von 850.000 Bitcoin im Wert von mehr als 800 Millionen Dollar einräumte. Doch die folgende Pleite von Mt. Gox war nicht das Ende der Geschichte.

Auch für Mt. Gox-Gründer Mark Karpelès nahm die Sache ein vergleichsweise glimpfliches Ende.
Foto: AP Photo/Shizuo Kambayashi

Denn ein Teil der Coins tauchte wieder auf – und soll noch heuer an Geschädigte ausgezahlt werden, sofern sie ihre Ansprüche bis 6. April geltend machen. Insgesamt 141.000 Bitcoin sind in der Konkursmasse von Mt. Gox – wobei sich das lange Warten auf Entschädigung lohnen dürfte: Obwohl nur ein Bruchteil der von Unbekannten gestohlenen Bitcoins wieder aufgetaucht ist, liegt ihr Marktwert mit 2,5 Milliarden Dollar weit über der damaligen Schadenssumme. Und selbst Firmengründer Karpelès kam mit einer Bewährungsstrafe davon, da er "ohne böse Absicht" gehandelt haben soll.

Initial Coin Offerings: Hauptsache, dabei sein – um jeden Preis

In den Jahren 2017 und 2018 flossen Milliarden Dollar in sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs). Getrieben waren diese Investments aber primär von der Angst, etwas zu verpassen, und weniger von den vielversprechenden Projekten. Stark verkürzt ist ein ICO vergleichbar mit Börsengängen von Unternehmen. Anleger erwerben dabei aber keine Aktien, sondern einen sogenannten Token, der eine Art Gutschein für eine künftige Dienstleistung oder für eine Beteiligung am Projektgewinn darstellt.

ICOs haben bewiesen, dass die Ethereum-Blockchain, auf der all das basierte, funktioniert. Viel mehr ist davon aber nicht geblieben. Relativ schnell war klar, dass diese Tokens Dinge nur unnötig kompliziert machen, wenn für diverse Dienstleistungen jeweils eine eigene Art von volatilem Geld geschaffen wird. Eine EY-Studie aus dem Jahr 2018 hat gezeigt, dass nur ein Bruchteil aller durch ICOs finanzierten Start-ups nach einem Jahr tatsächlich ein Produkt vorweisen konnten. Der Hype hat wenig überraschend auch Kriminelle auf den Plan gerufen, und es kam zu vielen betrügerischen ICOs. Die beiden Scams Envion und Modern Tech kosteten Investoren 100 bzw. 660 Millionen Dollar.

Optioment: Zahllose frustrierte Pyramidenspieler

Mit versprochenen Renditen von bis zu vier Prozent pro Woche wurden tausende Anlegerinnen und Anleger auf die Plattform Optioment gelockt. Ein Trading-Roboter würde Geld in Bitcoins investieren und in kurzer Zeit hohe Gewinne erwirtschaften – so die propagierte Theorie. Wenig überraschend hat das in der Praxis nicht lange funktioniert. Anfang 2018 kollabierte das mutmaßliche Pyramidenspiel nach rund zwei Jahren, und die veranlagten Millionen waren weg. Die investierten Bitcoins hatten damals einen Gegenwert von rund 100 Millionen Euro.

Aushängeschilder von Optioment waren zwei Steirer und ein Niederösterreicher, sie nannten sich die "drei Musketiere" – anders als ihre französischen Namenspatronen hat sie aber kaum jemand in guter Erinnerung.

Das Landeskriminalamt Wien und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermitteln gegen zwölf namentlich bekannte Personen und einen Verband. Ihnen wird gewerbsmäßiger schwerer Betrug, Ketten- oder Pyramidenspiel, Veruntreuung sowie Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Ein Beschuldigter befindet sich in Österreich in Untersuchungshaft.

FTX: Der größte Kollaps des Flautenjahres 2022

Sam Bankman-Fried galt als Wunderkind der Kryptoszene, als einer der Guten. Die von ihm gegründete Kryptobörse FTX florierte und war nach nicht einmal drei Jahren 32 Milliarden Dollar wert und zählte zu den größten Handelsplattformen der Welt. SBF, unter diesem Kürzel trat Bankman-Fried auf, soll mit Kundengeldern in Milliardenhöhe seinem eigenen Hedgefonds Alameda Research Kredite gewährt haben. Alameda stand für hochspekulatives Trading – nachdem die Beziehung der beiden Firmen bekannt geworden war, brach FTX in wenigen Tagen zusammen. Dem 31-Jährigen werden unter anderem Betrug, Geldwäsche und illegale politische Spenden vorgeworfen. Der Prozess ist für Oktober angesetzt, im Fall einer Verurteilung drohen bis zu 115 Jahre Haft. Bankman-Fried beteuert seine Unschuld.

Sam Bankman-Fried muss sich wegen der FTX-Pleite vor Gericht verantworten.
Foto: APA/Getty Images

Neben dem FTX-Kollaps kam es im Vorjahr noch zu einigen anderen harten Rückschlägen für die Krypto-Branche. Nach dem Crash von Terra USD und deren Schwesterwährung Luna kamen viele Unternehmen ins Trudeln. Auch die Wiener Bitpanda blieb nicht ungeschoren und trennte sich von hunderten Mitarbeitern. Zuletzt hat sich die Stimmung in der Branche aber wieder etwas aufgehellt. (Andreas Danzer, Alexander Hahn, 20.3.2023)