Foto: Universalmuseum Joanneum

Die jüngsten Personalrochaden im Grazer Universalmuseum Joanneum sind wohl Beleg dafür, dass man Geister, die man rief, nicht mehr so bald loswird. Konkret geht es in dem mit 19 Standorten größten Museumskomplex des Landes um Fluch und Segen des Parteibuchs: großkoalitionärer Proporz im Quid-pro-quo-Modus, den manch einer bereits für ausgestorben hielt, der aber fallweise doch noch kräftig fortwirkt.

Was ist passiert? Im Oktober vergangenen Jahres wurde der Historiker Wolfgang Muchitsch, der das Joanneum fast 20 Jahre ohne Fehl und Tadel leitete, völlig überraschend abgelöst. Grund, so pfeifen es die Spatzen vom Grazer Schlossberg, war nicht etwa die Person Muchitschs, sondern dessen kaufmännische Co-Geschäftsführerin Alexia Getzinger. Die Kulturmanagerin ist landesweit aktive SPÖ-Politikerin und erhielt 2018 ihren Posten im Joanneum als Trostpreis, nachdem sie ihr Amt im Landesschulrat aufgeben musste. "Schwarz-roter Postenschacher aus der Mottenkiste", kritisierte die Opposition damals.

Machtkampf und Parteilichkeit

In der Folge soll Getzinger sich im Joanneum nicht so sehr für das Zahlenwerk, sondern eher für die inhaltlich-wissenschaftliche Leitung interessiert haben – was freilich zu Friktionen mit Muchitsch führte. Bei der vergangenen Wiederbewerbung des Führungsduos um Vertragsverlängerung sollen zunächst zwar alle Signale vonseiten der Politik auf Fortführung gedeutet haben. Getzinger aber soll mit einer Bewerbung angetreten sein, die darauf abzielte, Nummer eins zu werden, heißt es von Joanneum-Insidern.

Wolfgang Muchitsch soll auch wegen der Chef-Ambitionen und SPÖ-Zugehörigkeit Alexa Getzingers abgelöst worden sein.
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Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler stand nun vor der Wahl, entweder ein Duo zu verlängern, das eigentlich nicht mehr miteinander will, nur eine Person zu verlängern oder eine komplette Ablöse herbeizuführen. Ersteres schien untragbar, Zweiteres soll man sich politisch nicht getraut haben, also wählte man die dritte Option. Mit Marko Mele, Archäologe und Chefkurator am Haus, entschied man sich für einen ambitionierten jüngeren Bewerber als wissenschaftlichen Leiter – ohne Parteinähe immerhin, aber mit wenig Führungserfahrung.

Altlandeshauptmann in Findungskommission

Der eingesetzten neunköpfigen Findungskommission gehörten neben Altlandeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) auch die Wiener Museumsfachleute Stella Rollig (Belvedere) und Paul Frey (KHM) an. Rollig und andere sollen zwar Bedenken gegen Muchitschs Ablöse geäußert haben, öffentlich kommuniziert wurde aber, die Empfehlungen seien einhellig erfolgt. Die kaufmännische Position wurde aufgrund der unpassenden Bewerbung Getzingers und mangels anderer Geeigneter erneut ausgeschrieben. Getzinger fiel im Dezember die interimistische Leitung des Tierparks Herberstein (ebenfalls Teil des Joanneums) zu – und auch Muchitsch hat mit der Führung des Kärntner Landesmuseums mittlerweile einen neuen Job gefunden.

An die Stelle Getzingers rückte nun der ÖVP-Mann und Bankmanager Josef Schrammel. (links) Der parteiferne Archäologe Marko Mele wurde wissenschaftlicher Joanneum-Chef.
Foto: Universalmuseum Joanneum

Die Empörungswogen in der Stadt an der Mur gingen nun aber erneut hoch, als vergangene Woche im zweiten Anlauf die kaufmännische Geschäftsführung bekanntgegeben wurde. Mit Josef Schrammel übernimmt den Job ein Mann ohne Erfahrung im Kulturmanagement, allerdings mit 30-jähriger Kompetenz im Bankensektor, zuletzt in der Geschäftsleitung der Raiffeisenlandesbank Steiermark. Ehrenamtlich war Schrammel zudem Finanzreferent der steirischen ÖVP. Landeshauptmann Drexler erklärte bei der Vorstellung Schrammels, dass er darin "keinen Ausschlussgrund" sehe, außerdem werde Schrammel seine Parteifunktion aufgeben.

Auf Nachfrage des STANDARD, ob Parteizugehörigkeiten im Museumsbereich nicht generell der Vergangenheit angehören sollten, hieß es aus Drexlers Büro, dass "politisches Engagement ja nicht per se ein Ausschlusskriterium sein" könne, entscheidend sei, dass die am besten geeigneten Bewerbenden zum Zug kommen. Und das sei bei Mele wie auch Schrammel der Fall gewesen.

Selten friktionsfreie Wechsel

Tatsächlich gab es in beiden Fällen mehrstufige Auswahlverfahren mit mehreren Bewerbenden und zwischengeschalteten Personalberatungsfirmen. Dass Fachleute aus dem Museumsbereich von deren Unabhängigkeit hinter vorgehaltener Hand nicht immer überzeugt sind, steht auf einem anderen Blatt. Das Land Steiermark sieht auf Nachfrage aber keinen Grund, an der Unabhängigkeit anerkannter Personalberatungsfirmen zu zweifeln.

Auch am Joanneum, wo schon in der Vergangenheit Führungswechsel selten friktionsfrei über die Bühne gingen, mag der Geist des Postenschachers irgendwann sein Treiben einstellen. Noch einmal aber hat der Spuk hier recht anschaulich sein Haupt erhoben. (ANALYSE: Stefan Weiss, 18.3.2023)