Der Prozess gegen Sam Bankman-Fried ist für Anfang Oktober angesetzt. Derzeit ist er in 12 Punkten angeklagt.

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Das Bild vom einstigen "White Knight" der Kryptobranche hat sich längst aufgelöst, die Ausmaße des Skandals verwundern dennoch aufs Neue: Sam Bankman-Fried, der Gründer der bankrotten Kryptobörse FTX, soll nicht weniger als 2,2 Milliarden Dollar an Zahlungen und Darlehen erhalten haben. Das geht aus neuen Unterlagen hervor, die von den Insolvenzverwaltern der Börse vor Gericht eingereicht worden sind.

FTX, das Milliardengrab

Die eingereichten Vermögensübersichten und Finanzberichte zeigen, dass insgesamt 3,2 Milliarden Dollar in Form von Zahlungen und Darlehen an Bankman-Fried und den engsten Kreis seiner Mitarbeiter geflossen sein sollen. Neben den 2,2 Milliarden Dollar, die alleine an den Gründer gingen, sollen 587 Millionen Dollar an Nishad Singh, den ehemaligen Co-Chefingenieur bei FTX geflossen sein, während die ehemalige CEO von Alameda Research, Caroline Ellison, und FTX-CTO Zixiao "Gary" Wang 6 Millionen bzw. 246 Millionen Dollar kassierten, geht aus der offiziellen Pressemitteilung hervor.

Alameda Research war ein Hedgefonds, der Kryptowährungen gehandelt hat. Dieser Fonds hat laut der US-amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde SEC Milliarden von FTX und ihren Kunden abgezogen. Alameda hat das Geld dann in andere Unternehmen investiert. Einige Personen, darunter Singh, Ellison und Wang, haben zugegeben, dass sie bei diesem Vorgehen betrogen haben.

Sam Trabucco, ein ehemaliger Co-CEO von Alameda, der das Unternehmen im August 2022 verließ und nicht angeklagt wurde, hat angeblich 25 Millionen Dollar aus dem Unternehmen erhalten. Ryan Salame, ein ehemaliger Co-CEO von FTX, hat laut Dokumenten 87 Millionen Dollar erhalten. Salame wurde jedoch nicht angeklagt, da er angeblich Beamte in den Bahamas auf finanzielle Unregelmäßigkeiten bei FTX aufmerksam gemacht hat.

Noch nicht alles

Die jetzigen Vertreter der Kryptobörse fügten hinzu, dass man zum jetzigen Zeitpunkt weder den Zeitpunkt noch den Gesamtbetrag eventueller Rückflüsse vorhersagen könne. Die angeführten 3,2 Milliarden Dollar beinhalten beispielsweise noch nicht die Ausgaben für den Kauf von Luxusimmobilien auf den Bahamas, politische und wohltätige Spenden, die direkt von den Schuldnern von FTX getätigt wurden, sowie Überweisungen an Tochtergesellschaften auf den Bahamas und in anderen Ländern, die nicht zu den Schuldnern gehören.

"Es wird erwartet, dass die laufenden Bemühungen zu einer weiteren Identifizierung von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und Übertragungen führen werden, einschließlich einer Beschreibung der konzerninternen Forderungen zwischen den FTX-Schuldnern und ihren Tochtergesellschaften", versucht man zu beschwichtigen – der Ausgang bleibt allerdings ungewiss. Im Januar erklärten die Insolvenzverwalter von FTX, dass sie bereits 5,5 Milliarden Dollar an Vermögenswerten zurückerhalten haben.

Neue Kautionsbedingungen

Bankman-Fried werden in der Anklageschrift der US-Regierung unter anderem schwerer Betrug, Geldwäsche und illegale Spenden vorgeworfen, insgesamt ist er in 12 Punkten angeklagt. Der ehemalige Kryptomilliardär bestreitet alle Vorwürfe.

Derzeit ist Bankman-Fried gegen eine Kaution in der Höhe von 250 Millionen Dollar auf freiem Fuß und unter Hausarrest in seinem Elternhaus in Kalifornien. Diese Woche fanden Kautionsverhandlungen statt, nachdem Bezirksrichter Lewis Kaplan bei einer Anhörung am 10. März erneut seine Bedenken geäußert hatte, dass Bankman-Frieds Kontakt zu anderen Personen den Rahmen seiner Kaution überschreiten könnte.

Bankman-Fried hatte versucht, mit John Ray, der nach dem Konkursantrag von FTX im November dessen Chef wurde, und einem internen Anwalt Kontakt aufzunehmen. Die Anwälte des FTX-Gründers beteuerten, ihr Mandant habe sich nicht einmischen, sondern nur helfen wollen.

Bei der Gerichtsanhörung am 10. März wurde vorgeschlagen, dass Bankman-Fried nur ein einfaches Mobiltelefon ohne Internetzugang und einen Laptop mit eingeschränkten Funktionen erhalten sollte. Der Richter war jedoch der Meinung, dass dies zu großzügig sei, da Bankman-Fried möglicherweise Wege finden könnte, um diese Einschränkungen zu umgehen.

In einem Brief, der nun beim Bundesgericht eingereicht wurde, gaben Bankman-Frieds Anwälte bekannt, dass sie und die Staatsanwaltschaft glauben, "kurz vor einer Lösung" zu stehen und planen, in der nächsten Woche neue Einschränkungen vorzuschlagen. Der Prozess gegen Bankman-Fried ist für Anfang Oktober dieses Jahres angesetzt. Nach allen bisherigen Ereignissen ist nicht auszuschließen, dass bis dahin weitere Entdeckungen gemacht und zusätzliche Anklagen erhoben werden könnten. (bbr, 18.3.2023)