Im Februar 2022 schworen Wladimir Putin und Xi Jinping einander in Peking "ewige Freundschaft". Nun treffen sie sich in Moskau.

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Ein "Arbeitsbesuch" kurz vor der Ankunft des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping: Am Wochenende hat der russische Präsident Wladimir Putin die von Russland annektierte Halbinsel Krim und das fast vollständig zerstörte Mariupol am Asowschen Meer besucht. Putin habe sich bei einer Rundfahrt über die Lage informiert und sich mit Bewohnern der Stadt unterhalten, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Tass.

Der überraschende "Arbeitsbesuch" ist sicherlich ein Zeichen in Richtung Xi Jinping und dessen Friedensplan für die Ukraine. Der russische Präsident machte – ungeachtet des Haftbefehls, den der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) wegen Kriegsverbrechen gegen ihn ausgesprochen hat – durch seine Reise in die besetzte Ostukraine und auf die Krim eines unmissverständlich klar: Die völkerrechtswidrig annektierten Gebiete seien aus russischer Sicht nunmehr Teil der Russischen Föderation. Das sei nicht verhandelbar.

"Ich bin mir sicher, dass sowohl unser Staatsführer als auch der chinesische Staatsführer ihre Einschätzungen zur aktuellen Situation im Zusammenhang mit der Entwicklung des Konflikts in der Ukraine austauschen werden. Wir werden sehen, welche Gedanken danach auftauchen werden", sagt Präsidentenberater Juri Uschakow. Peking zeige "Verständnis für die wahren Ursachen der Krise". Uschakow zufolge bewerte Moskau die chinesische Friedensinitiative zur Lösung des Ukraine-Konflikts positiv. China will nach eigenen Angaben im Konflikt vermitteln, doch immer öfter wirft der Westen China Parteinahme für Russland vor.

Waffenlieferungen aus China

Ein heikles Thema bleiben mögliche chinesische Waffenlieferungen an Russland. Laut einem Bericht des US-Magazins Politico sollen Firmen aus China im vergangenen Jahr mehrfach Waffen nach Russland geliefert haben, darunter tausend Sturmgewehre, die als "zivile" Jagdgewehre deklariert waren. Hinzu kamen, so Politico, chinesische Ersatzteile für Kampfdrohnen und mehr als zwölf Tonnen Schutzausrüstung.

Chinesisch steht bei Russen hoch im Kurs. Wegen der westlichen Sanktionen infolge des Ukraine-Konfliktes orientiert sich die Regierung in Moskau immer mehr Richtung Peking. Auch Unternehmen suchen zunehmend Bewerber:innen mit Chinesisch-Kenntnissen.
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Ansonsten wird die Wirtschaft im Vordergrund der Gespräche stehen. China ist Russlands größter Handelspartner, das Handelsvolumen im Jahr 2022 belief sich auf etwa 185 Milliarden US-Dollar, das jährliche Wachstum in den vorangegangenen zwei Jahren betrug etwa 30 Prozent. "Angesichts dieses Tempos glauben wir, dass das von den beiden Staatsführern gesetzte Ziel, einen Handelsumsatz von 200 Milliarden US-Dollar zu erreichen, nicht wie geplant im Jahr 2024, sondern im Jahr 2023 erreicht werden wird", so der Präsidentenberater. Nach dem Abbruch der Lieferketten aus und in Richtung Westen sucht Russland den Schulterschluss mit China. Und auch der Tourismus spielt eine Rolle. Nach der langen Corona-Pause werden ab März wieder chinesische Touristen Russland besuchen.

Im Schatten des Haftbefehls

Am Montag wird Putin ein Vieraugengespräch mit Xi Jinping führen. Das Thema Haftbefehl des IStGH dürften Putin und Xi übergehen: China erkennt wie Russland die Gerichtsbarkeit in Den Haag nicht an.

Am Dienstag geht es dann im Kreml in großer Runde weiter. Neben Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu werden viele weitere Regierungsmitglieder bei den Verhandlungen anwesend sein. Zwei Dokumente sollen unterzeichnet werden: zum einen eine gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und Chinas zur "Vertiefung der Beziehungen umfassender Partnerschaft und strategischer Interaktion". Zum anderen eine gemeinsame Erklärung zum "Entwicklungsplan für Schlüsselbereiche der russisch-chinesischen Wirtschaftskooperation bis 2030". (Jo Angerer aus Moskau, 19.3.2022)