Glück und Zufriedenheit sind für viele Menschen die wichtigsten Lebensziele. Sie zu erreichen ist oft schwierig, wie schon die Rolling Stones in ihrem bekanntesten Song feststellten. Aussichtslos ist die Suche nicht: Erst kürzlich offenbarte eine großangelegte Studie, dass neben Gesundheit und sozioökonomischer Situation (vereinfacht gesagt: Geld) vor allem gute Beziehungen zu anderen Menschen für Glück sorgen. Auch länderspezifische Unterschiede spielen eine Rolle. In Finnland sind die Menschen laut dem jährlich erscheinenden Weltglücksbericht, der auf Umfragen des Gallup-Instituts beruht, am glücklichsten. Wesentliche Faktoren sind hier etwa Freiheit, Gesundheit, Einkommen und Abwesenheit von Korruption.

Diese 88-jährige Frau praktiziert Yoga. Zufriedenheit dürfte aber weniger vom Verhalten, sondern von der Persönlichkeit abhängen.
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Glück ist aber nicht dasselbe wie Zufriedenheit. Ersteres gilt als flüchtig, während Letztere den Ruf hat, nachhaltiger zu sein. Psychoanalytiker wie der in Wien praktizierende Hans-Otto Thomashoff raten daher, eher nach Zufriedenheit zu streben.

Doch ist Zufriedenheit ebenso beeinflussbar wie Glück? Eine neue Studie, die nun im "Journal of Personality and Social Psychology" erschien, legt nahe, dass wir nur begrenzten Spielraum haben. Unsere Zufriedenheit wird nämlich stark durch unsere Persönlichkeit bestimmt.

Befragungen von rund 9.000 Menschen in den Niederlanden

Zu diesem Ergebnis kam ein Team der niederländischen Universität Tilburg durch Befragungen von 9.110 Personen im Alter zwischen 19 und 95 Jahren, die in den Jahren 2008 bis 2019 durchgeführt wurden. Neben der Zufriedenheit wurden auch Persönlichkeitsmerkmale ermittelt, darunter Offenheit, Sorgfalt, Extrovertiertheit, Gutmütigkeit und emotionale Stabilität. Rund 6.000 Personen antworteten auf die Fragen und wurden in die Studie aufgenommen.

Dabei ließ sich eine Reihe von Persönlichkeitsmerkmalen identifizieren, die im Zusammenhang mit Zufriedenheit stehen. Offenheit ist ebenso günstig wie die Neigung zur Sorgfalt, Extrovertiertheit und Umgänglichkeit. Besonders zufrieden waren Menschen mit hoher emotionaler Stabilität.

Das sei erwartet worden, erklärt Studienautor Gabriel Olaru: "Viele Studien haben gezeigt, dass Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsprofilen mit ihrem Leben zufriedener sind als andere. Es wurde jedoch noch nicht eingehend untersucht, ob dies über die gesamte Lebensspanne hinweg zutrifft." So könnten etwa extrovertierte Menschen im jungen Erwachsenenalter besonders zufrieden sein, wenn sie neue soziale Beziehungen eingehen, der Effekt aber später eine geringere Rolle spielen.

Der Zeitfaktor

Das Team konzentrierte sich daher vor allem auf Veränderungen der Zufriedenheit im Lauf der Jahre. Tatsächlich ließen sich solche in einigen Punkten feststellen. Menschen, die sich durch besondere Gewissenhaftigkeit im Arbeitsleben auszeichneten, waren zufriedener, wenn sich ihre Karriere positiv entwickelte. In ähnlicher Form berichteten besonders umgängliche Menschen von höherer Zufriedenheit, wenn sich ihre Beziehungen gut entwickelten. Die Arbeitszufriedenheit war jener Faktor, der sich mit der Zeit am meisten veränderte.

Doch manche Faktoren zeigten unabhängig von der Zeitspanne einen wesentlichen Zusammenhang mit der Zufriedenheit. Der wichtigste davon war die emotionale Stabilität. Diese beeinflusst sowohl die Gesamtzufriedenheit als auch die Zufriedenheit mit einzelnen Bereichen des Lebens. Jene Menschen, die emotional am stabilsten waren, waren auch mit ihrer Arbeit längerfristig am zufriedensten.

Beziehungen sind ein wichtiger Faktor für Zufriedenheit und Glück. Nicht nur die Partnerschaft ist wichtig, auch Freunde und Familie sind relevant.
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"Unsere Ergebnisse zeigen, dass – trotz der Unterschiede bei den Herausforderungen im Leben und in den sozialen Rollen – Persönlichkeitsmerkmale für unsere Zufriedenheit mit dem Leben, der Arbeit und den sozialen Kontakten im jungen, mittleren und älteren Erwachsenenalter relevant sind", sagt Studienautorin Manon van Scheppingen. Der Einfluss der Persönlichkeit sei über die Zeit erstaunlich stabil gewesen. "Die Persönlichkeitsmerkmale blieben über die gesamte Lebensspanne der Erwachsenen gleichermaßen relevant", betont van Scheppingen. In machen Fällen wie der Arbeitszufriedenheit sei der Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen mit der Zeit sogar größer geworden.

Zufriedenheit durch Schlaf

Doch auch wenn offenbar ein starker Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und der Fähigkeit zur Zufriedenheit besteht, gibt es dennoch andere Faktoren, die Zufriedenheit begünstigen oder behindern können. Eine neue im Fachjournal "PLOS ONE" erschienene Studie bringt die Schlafqualität ins Spiel. Mithilfe von 2018 bis 2020 erhobenen Daten von über 2.000 tschechischen Haushalten zeigten Forschende, dass sowohl Dauer als auch Qualität des Schlafs Einfluss auf die Lebensqualität haben. Wichtiger sei allerdings die Qualität des Schlafs.

Die Persönlichkeit ist also trotz allem nicht allein entscheidend. Das betont auch das niederländische Forschungsteam. Selbst für Menschen mit vermeintlich negativen Persönlichkeitseigenschaften gibt es Hoffnung. "Unsere Persönlichkeiten und unser Glück sind nicht in Stein gemeißelt", sagt van Scheppingen. Es mache immer Sinn, sich zu verändern. "Wenn wir versuchen, organisierter, kontaktfreudiger und freundlicher zu werden, könnte dies auch die Zufriedenheit mit dem Leben, der Gesellschaft oder der Arbeit erhöhen", betont die Forscherin. (Reinhard Kleindl, 21.3.2023)