Foto einer Demonstration gegen fremdenfeindliche Aussagen von Gottfried Waldhäusl (FPÖ) bei einer Fernsehdebatte gegenüber Schülerinnen eines Wiener Gymnasiums.

Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Eine muslimisch aussehende Familie wird mit Hundekot beworfen und dabei rassistisch beschimpft. Ein Neonazi attackiert eine schwarze Mutter und ihr Baby im Bus. Unbekannte ritzen ein Hakenkreuz auf das Gerät eines Kinderspielplatzes: Mit derartigen Fällen ist die Beratungsstelle Zara gegen Rassismus laufend konfrontiert. 1.479 Meldungen von rassistischen Vorfällen zählte sie im Jahr 2022, wie Zara in ihrem am Dienstag erschienenen Rassismus-Report berichtet. Die Zahlen sind somit erstmals leicht zurückgegangen.

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Rechtliche Schritte

Zwei Drittel der gemeldeten Fälle fanden im Internet statt, der Rest offline – etwa im öffentlichen Raum, in den Medien, aber auch durch die Polizei oder bei staatlichen Behörden. Bei zwei von zehn Meldungen würden rechtliche Schritte eingeleitet, sonst meldete das Zara-Team etwa Beiträge bei Online-Plattformen oder intervenierte bei den Akteuren.

Am häufigsten meldeten Betroffene, Zeuginnen und Zeugen antimuslimischen Rassismus. 313-mal wurde Diskriminierung beklagt, die stattgefunden habe, weil jemand als muslimisch wahrgenommen wurde. An zweiter Stelle dokumentiert Zara Rassismus gegen Schwarze mit 206 Meldungen.

Rassistische Polizeigewalt im Fokus

Ein weiteres zentrales Themenfeld betraf rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung durch Beamte. Hier wurden 59 Fälle gemeldet. Etwa soll ein Polizist bei einer Wohnungsparty nur jene Person aufgefordert haben, sich auszuweisen, die schwarz ist. Das sei später damit begründet worden, dass "halt Schwarze in 90 Prozent der Fälle die Drogendealer sind". In einem anderen Fall soll ein Polizist einen Radfahrer so brutal festgenommen haben, dass dieser sich am Knie verletzte und ins Krankenhaus musste. Eine Beschwerde wurde von der Landespolizeidirektion abgewiesen.

Oft komme bei dem Versuch, sich gegen solche Übergriffe zu wehren, wenig heraus, sagt Zara-Berater Matthias Flug. Die Untersuchungen würden zumeist eingestellt. "Ein Grund dafür ist, dass es nach wie vor keine unabhängige Stelle außerhalb der polizeilichen Strukturen gibt, die diesen Beschwerden nachgeht", kritisiert er. Die kürzlich angekündigte Beschwerdestelle bei möglicher Polizeigewalt obliegt dem Innenministerium, das wiederum selbst die Polizei verantwortet.

Rassismus "allgegenwärtig"

"Es ist wichtig, sich die Allgegenwärtigkeit von Rassismus in unserer Gesellschaft vor Augen zu führen", sagt Zara-Beraterin Rakhi Schmuck. Betroffene könnten jederzeit damit konfrontiert werden – auch, wenn sie auf etwas angewiesen sind. Sie könnten genauso bei einer medizinischen Behandlung Rassismus erleben wie beim Einkauf im Supermarkt. Eine "mühelose Lebensrealität" sei daher für Betroffene oft nicht möglich.

Hinzu komme, dass Zeuginnen und Zeugen oft schweigen würden. Das schaffe eine Art Täter-Opfer-Umkehr, sagt Beraterin Désirée Sandanasamy. Bei Beratungsgesprächen sei zu beobachten, dass Betroffene daher oft die Schuld bei sich selbst suchten.

Ressourcenintensive Arbeit

Zwar ist die Zahl der Meldungen durch Zeuginnen und Zeugen zurückgegangen. Dafür hätten sich aber umso mehr direkt Betroffene bei der Meldestelle gemeldet – nämlich bei rund einem Viertel aller Fälle. Das habe für einen Mehraufwand gesorgt, da die Begleitung von Opfern besonders ressourcenintensiv sei.

Die Regierung hat im Regierungsplan einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus vorgesehen – konkretere Ankündigungen blieben allerdings bisher aus. Zara fordert eine Umsetzung – und empfiehlt, dabei Organisationen aus der Zivilgesellschaft einzubeziehen. (Muzayen Al-Youssef, 21.3.2023)