Geleitet wird die Gecko noch bis 31. März von Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit, und Generalstabschef Rudolf Striedinger.

Foto: Heribert Corn

Die jüngsten wissenschaftskritischen Äußerungen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und das Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich sollen den Ausschlag gegeben haben: Am Montag stand im Raum, dass mehrere Mitglieder der Gesamtstaatlichen Covid-Koordination (Gecko) aus Protest zurücktreten wollen – der Virologe Andreas Bergthaler bestätigte am Dienstag auf Twitter, dass Rücktritte Anfang April geplant waren. Der Simulationsforscher Niki Popper schrieb: "Ich habe auch einen Austritt im April anvisiert." Im Gremium habe man dann gemeinsam diskutiert "und einen anderen Weg als Vorschlag mehrheitlich gewählt". Am Montagabend kam es dann zur Auflösung der Kommission durch das Bundeskanzleramt. Aber worum geht es bei der Gecko-Auflösung?

DER STANDARD

Frage: Was ist überhaupt Gecko?

Antwort: Das Gremium wurde im Dezember 2021 von der türkis-grünen Bundesregierung ins Leben gerufen. Die Kommission ist formal ein im Bundeskanzleramt angesiedeltes Beratungsgremium der Regierung. Rund alle zwei Wochen kam es zwischen Regierung und Gecko zu einer Sitzung, in der über die aktuelle Pandemiesituation beraten wurde.

Geleitet wird die Gecko, die aus 23 Expertinnen und Experten besteht, von Katharina Reich, Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit, und Generalstabschef Rudolf Striedinger. Zu dem Zeitpunkt galt es vor allem, die Rolle der Omikron-Variante des Coronavirus einzuordnen und den Fokus auf das Impfen, das Testen und Medikamente zu legen.

Frage: Welche Rücktritte standen im Raum?

Antwort: In den letzten Tagen dürfte es ziemlich rund gegangen sein. Am Dienstag bestätigte Virologe Bergthaler, dass er "und andere" ihren Austritt aus der Gecko für Anfang April angekündigt hatten. Darunter war auch Simulationsforscher Popper.

Bergthaler nannte "politische Entwicklungen" als Beweggründe. Diese waren "für mich mit dem ursprünglichen Beratungsmandat nicht mehr in Einklang zu bringen". Ein weiterer Grund sei der "unklare Arbeitsauftrag bis zum geplanten Ende des Gremiums im Juni" gewesen. "Das hat auch damit zu tun, dass es 'gefühlt' die akute Krise in der Form nicht mehr gibt."

Die konkreten politischen Beweggründe führte Bergthaler nicht aus. Zuletzt gab es aber Aussagen von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), wonach die Regierung "expertenhörig" gewesen sei. Und im am vergangenen Freitag präsentierten schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen in Niederösterreich wurden Punkte angeführt, wonach unter anderem Covid-Strafen zurückbezahlt werden sollen.

Frage: Wie kam es zu der plötzlichen Auflösung?

Antwort: Bevor es tatsächlich zu Rücktritten kam, wurde am Montagabend bekannt, dass das Gremium mit 31. März aufgelöst wird. Nehammer sei damit einem mehrheitlichen Vorschlag der Kommission vom Montag nachgekommen, hieß es am Abend aus dem Kanzleramt.

Zuvorgekommen ist man damit aber auch den angekündigten Rücktritten. Ursprünglich hätte die Kommission ihre Arbeit bis Ende Juni fortsetzen sollen. Nach der Sitzung vom Montag hieß es aus der Gecko gegenüber der APA: "Es gibt kein offizielles Austrittsgesuch."

Frage: Was sagen die Mitglieder von Gecko?

Antwort: Bergthaler sagte, dass er schlussendlich den mehrheitlichen Antrag, Gecko mit Ende März aufzulösen, unterstützte. "Als Wunsch bleibt, dass wir aus den Erfahrungen lernen, wie wissenschaftliche Beratung ablaufen, dokumentiert und kontinuierlich verbessert werden kann."

Laut Popper endet mit Gecko "ein wichtiges (von durchaus ausreichend vielen) Gremien. Evidenz wird weiter produziert, ob die Politik drauf hört, ist ihre Entscheidung." Popper werde sich aber dagegen wehren, "dass – von welcher Seite auch immer – die Lautesten gewinnen".

Generalstabschef Striedinger, einer der beiden Leiter der Gecko, sagte im Ö1-"Morgenjournal": "Wir kommen jetzt in das Frühjahr und sehen, dass diese Krisenkoordination nicht mehr notwendig ist." Die geplanten Rücktritte wollte er aber nicht kommentieren. Impfexperte Herwig Kollaritsch meinte, dass er seit Dezember keine wesentliche Arbeit mehr für Gecko leisten habe können, die Niederschlag in einer politischen Entscheidung gefunden habe.

Falsch ist aus Sicht Kollaritschs allerdings, dass das Land Niederösterreich – nach dem ÖVP-FPÖ-Pakt – nicht mehr für die Corona-Impfung werben will. Damit riskiere man, dass viele Personen ihren optimalen Impftermin versäumen und dann schwer erkranken könnten.

Frage: Wie geht es jetzt weiter?

Antwort: Mit 31. März ist also Gecko nach nicht einmal eineinhalb Jahren wieder Geschichte – die Krisenkoordination soll wieder in die jeweiligen Ressorts überführt werden. In weiterer Folge wird nun, wie es aus dem Bundeskanzleramt heißt, "intensiv an einem Dialogprozess gearbeitet".

Der Start sei nach Ostern geplant. Federführend solle die Akademie der Wissenschaften sein. Dabei solle der Gesellschaft die Möglichkeit gegeben werden, "diese besondere Belastung der Pandemie aufzuarbeiten". (ste, krud, 21.3.2023)