Dass sie eine Neuerfindung ist, lässt sich nicht behaupten. Die Herrenhandtasche war schon immer da, irgendwie. In der nahen Vergangenheit allerdings waren die Männer, die eine Handtasche mit sich trugen, in der Minderheit. Das Accessoire in ihren Händen? Galt lange als unmodischer Fremdkörper.

Doch seit Männer wie Harry Styles oder Justin Timberlake so selbstverständlich wie ihre Kolleginnen Handtaschen im Gepäck haben, hat sich der Wind gedreht. Der Tenor der Modemarken: Männer, ihr entkommt uns nicht!

Handtaschen? Keine Ausnahmeerscheinung während der Männermodewochen.
Foto: Claire Guillon / Camera Press /

Die Unternehmen setzen dabei vor allem auf die jüngere Generation. Macht ja auch Sinn: Wer keine Angst vor Röcken, Nagellack und Perlenketten hat, dürfte Lust auf mehr haben. Und ja, irgendwo müssen auch Jogginghosenträger Schlüsselbund, Geld und Handy unterbringen. Nachdem die männliche Zielgruppe bewiesen hat, hunderte Euro für Sneakers hinlegen zu können, sind sie nun bereit für Stufe zwei: die "murse" (englisch für "man-purse"). Entsprechend zielgerichtet werden sie seit einiger Zeit umworben.

So stellte das italienische Label Gucci vor zwei Jahren eine Late-Night-Talkshow (mit James Corden als Moderator) nach. Einer der prominenten Gäste? Harry Styles, der wie Dakota Johnson oder Diane Keaton ganz selbstverständlich mit einer Handtasche über der Schulter erschien.

Harry Styles, fast immer mit Handtasche unterwegs.
GUCCI

Nun könnte man die Kampagne, die noch unter dem Kreativchef Alessandro Michele entstand, als "Schnee von gestern" abtun. Doch nein, auch die Konkurrenz von LVMH setzt auf männliche Handtaschenträger: Aktuell bewirbt Justin Timberlake eine Tasche von Louis Vuitton und der Künstlerin Yayoi Kusama.

Die Begeisterung der Männer für Taschen zeichnet sich schon seit einiger Zeit ab. In den USA seien die Verkäufe von Herren- und Unisextaschen im Jahr 2021 im Vergleich zu 2018 um 700 Prozent gestiegen, analysierte damals das Marktforschungsunternehmen NPD Group.

Koffer oder Handgepäck in der Herbstkollektion von Louis Vuitton.
Foto: EPA/Mohammed Badra

Während der Männermodewochen in Mailand und Paris sah es ganz danach aus, als seien Handtaschen längst ein geschlechterübergreifendes Modephänomen. Das wäre zu begrüßen.

So wie übrigens auch das Aussterben blödsinniger Zitate wie "Die Handtasche einer Frau ist der natürliche Lebensraum für viele tolle Sachen" (Bruce Darnell) oder "Die Handtasche einer Frau ist ein ebensolches Mysterium wie die Frau selber" (Simon Le Bon). So einen Quatsch wollen wir nie wieder lesen. (feld, 21.3.2023)