Vor allem Obst und Gemüse wird häufig weggeschmissen, obwohl es bei richtiger Lagerung noch genießbar gewesen wäre.

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Was gesunde Ernährung bedeutet, hat sich im Lauf der Jahre verändert. Waren in den 80er- und 90er-Jahren vor allem Diäten hoch im Kurs, setzen Fachleute bereits seit einigen Jahren darauf, Ernährung individuell zu gestalten. Diäten sind mittlerweile verpönt. Jede und Jeder sollte auf seinen eigenen Bauch hören. Es geht unter anderem darum, das eigene Hungergefühl wieder kennenzulernen. In der westlichen Welt, wo Nahrung ständig und im Überfluss vorhanden ist, haben viele vergessen, was es bedeutet, nur dann zu essen, wenn der Magen knurrt.

Aber das alleine reicht nicht. Denn in Zeiten der Klimakrise geht es nicht mehr nur darum, auf den eigenen Bauch zu hören. Nachhaltigkeit wird vor allem beim Essen großgeschrieben. Denn laut WWF gehen mehr als ein Drittel der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit auf die Ernährung zurück. Rund 80 Prozent der Entwaldung entstehen durch Produktion, Transport, Lagerung und Vergeudung von Lebensmitteln. Aber wie genau sieht nun klimafreundliche Ernährung aus? Um eine anschauliche Antwort auf diese Frage geben zu können, hat die Wirtschaftsuniversität Wien für den WWF die Ernährungspyramide 2.0 erstellt.

Weniger Fleisch, dafür mehr Linsen

Während bei der ursprünglichen Ernährungspyramide noch drei Portionen Milch- und Milchprodukte gegessen bzw. getrunken werden sollten, ist die Empfehlung bei der Ernährungspyramide 2.0 nur noch eine Portion täglich. Und auch beim Fleisch wurde ordentlich gespart. Für den Klimaschutz sollte rotes Fleisch nur noch einmal alle zwei Wochen und weißes Fleisch einmal wöchentlich auf den Tisch kommen. Auch nach ein bis zwei Eiern pro Woche ist nach der neuen Empfehlung bereits Schluss. Die Mengenempfehlungen für Obst und Gemüse bleiben gleich, dafür sollte der Anteil an Getreide, Erdäpfeln, Hülsenfrüchten, Nüssen und Pflanzenölen steigen.

Doch leider reichen die neuen Empfehlungen nicht. In einem Land wie Österreich, in dem traditionellerweise sehr gern und viel Fleisch gegessen wird – immerhin liegen wir mit 59 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr im weltweiten Spitzenfeld –, würden selbst mit Einhaltung der Ernährungspyramide 2.0 und dem damit deutlich reduzierten Fleischverbrauch die planetaren Grenzen immer noch überschritten werden. Laut den Fachleuten der WU würde das aber deutlich weniger als bisher passieren.

Aber nicht nur auf das Klima hat eine fleisch- und milchlastige Ernährung Auswirkungen. Auch auf die eigene Gesundheit. "Zahlreiche schwere Erkrankungen wie Herzinfarkt, Diabetes oder Krebs können die Folge ungesunder Ernährung sein", sagt Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. Auch für ihn besteht eine gesunde Ernährung aus einer Mischung aus Lebensmitteln, die gut für den Körper sind, aber den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich halten. Aus aktuellen Empfehlungen der WHO und Studien der letzten Jahre entwickelten Fachleute des Instituts verschiedene Gebote der gesunden Ernährung. "Damit unsere Kinder die Chance auf ein gesundes Leben haben, ist es das Gebot der Stunde, auch bei der Ernährung auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität zu setzen", sagt Widhalm.

1. Um das Normalgewicht zu halten, sollte eine ausgeglichene Energiebilanz angestrebt werden

Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden übergewichtsbedingte Erkrankungen in den nächsten 30 Jahren 90 Millionen Todesfälle verursachen und die Lebenserwartung um drei Jahre verkürzen. Unter einer ausgeglichenen Energiebilanz versteht man, dass man nur so viele Kalorien zu sich nimmt, wie man auch wieder verbrennt. Laut der deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht das einer gerundeten täglichen Energiezufuhr von 2.300 kcal für Männer und 1.800 kcal für Frauen im Alter zwischen 25 und 50 Jahren bei geringer körperlicher Aktivität.

2. Tägliche Bewegung sollte in den Alltag eingebaut werden

Laut WHO könnten 70 Prozent aller Krankheiten durch ausreichende körperliche Bewegung und gesunde Ernährung verhindert werden. Fast jeder zweite Österreicher stirbt, weil er zu viel isst, zu viel Alkohol trinkt, raucht oder sich zu wenig bewegt. Die WHO empfiehlt grundsätzlich, jede Möglichkeit der Bewegung zu nutzen. Als Richtwert werden 150 Minuten Bewegung wöchentlich bei mittlerer Intensität, bei der man sich also theoretisch noch gut unterhalten kann, oder 75 Minuten mit höherer Intensität empfohlen.

3. Vor allem Wasser und ungezuckerte Tees trinken und auf gezuckerte Getränke möglichst verzichten

Getränke der Wahl sind Wasser und ungezuckerte Kräutertees. Gezuckerte Drinks und auch pure Fruchtsäfte sollten nur wenig getrunken werden. Bei Letzteren kann der hohe Gehalt an Fruchtzucker sogar zur sogenannten Fettleber führen. Der Grund: Überschüssiger Fruchtzucker wird vom Blut in die Leber transportiert und dort zu Fett umgewandelt. Ein Teil davon wird direkt in der Leber gespeichert, der andere Teil gelangt wieder zurück in den Blutkreislauf. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine hohe Zufuhr von Fruktose verantwortlich für Übergewicht und für Diabetes Typ 2 sein kann.

4. Lebensmittel nach regionalen und saisonalen Angeboten auswählen

Frische, saisonale Lebensmittel aus der Region haben kurze Transportwege. Das schützt die Umwelt und trägt zu einer nachhaltigen Ernährung bei. Zudem sind sie nährstoffreicher und haben mehr Geschmack. Neben kurzen Transportwegen spielen auch Zusatzstoffe und die Verpackung eine Rolle. Hier gilt: je weniger, desto besser.

5. Eine pflanzlich basierte Ernährung vorziehen

Mehr als ein Drittel der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit gehen laut WWF auf die Ernährung zurück. Seit Anfang der 60er-Jahre hat sich der Fleischkonsum in Österreich vervierfacht. Die Herstellung tierischer Lebensmittel verursacht einen besonders großen "ökologischen Fußabdruck". Wer überwiegend auf Fleisch verzichtet, kann den Bedarf an Eiweiß vor allem durch Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen gut abdecken.

6. Freien Zucker möglichst sparsam konsumieren

Laut WHO sollte die Aufnahme von freiem Zucker auf unter zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr reduziert werden. Das entspricht in etwa einer Menge von fünf bis zehn Teelöffeln pro Tag. Neben Süßigkeiten findet man Zucker vor allem in verarbeiteten Lebensmitteln wie Ketchup, Saucen oder Fertiggerichten.

7. Möglichst wenig Lebensmittelabfälle verursachen

Ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel wird immer noch weggeworfen. In Europa schätzt man, dass jeder und jede zwischen 95 und 115 Kilogramm Essen pro Jahr und pro Haushalt entsorgt. Das betrifft überwiegend Obst und Gemüse, von dem ein Großteil noch genießbar wäre. Dazu kommen noch Berge von Lebensmitteln, die der Einzelhandel aussortiert. Häufig wird auch bei Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums ein Produkt entsorgt, obwohl es eigentlich noch genießbar wäre. Aber auch eine schlechte Planung der Mahlzeiten gilt als Faktor für Lebensmittelverschwendung. (jaa, APA, 27.03.2023)