Im Gastblog beschreibt der Elektrochemiker und Materialwissenschafter Stefan Freunberger, wie an der Optimierung von Batterien geforscht wird.

Unbestritten ist, dass der Verkehrssektor dekarbonisiert werden muss. Da nun einmal Verbrennungsmotoren das CO2 im Verkehr ausstoßen, liegt es nahe, sie zu verbannen, was zu einer entsprechenden Initiative der EU-Kommission führte. Die Alternative sind batteriebetriebene Fahrzeuge, die im Betrieb kein CO2 ausstoßen und, wenn mit erneuerbarer Elektrizität geladen, auch bei der Nutzenergie CO2-neutral bleiben. Zusätzlich können sie mit zeitlich fluktuierender erneuerbarer Elektrizität geladen werden, was Grundvoraussetzung für die Umstellung auf fluktuierende erneuerbare Energiequellen ist. Alles in bester Ordnung? Weiten wir die Produktion der besten jetzigen Batterien – Lithium-Ionen-Batterien (LIB) – einfach wie nötig aus, mit einer Verzwanzigfachung bis 2030?

So einfach ist es leider nicht. Die hohe Energie von LIB revolutionierte mobile Anwendungen – vom Mobiltelefon bis hin zu Elektroautos. Damit geben sie uns einen Vorgeschmack, wie eine elektrifizierte Welt aussehen könnte. Jedoch beruhen LIB auf seltenen und geographisch ungleich verteilten Elementen wie Cobalt, Nickel oder Lithium. Damit im Zusammenhang stehen die sehr hohen Kosten und der Energieaufwand zur Erzeugung. Bezüglich Kosten: Um diese zu senken, wachsen sogenannte Gigafactories auch in Europa wie Pilze aus dem Boden. Nachdem die Kosten über 30 Jahre permanent gefallen waren, stiegen sie seit 2021 erstmals wieder an. Der Grund: verdoppelter Kobaltpreis und verfünffachter Lithiumpreis in 2021. Bezüglich Energieaufwand: Mittelwerte liegen bei ungefähr 350 Kilowattstunden und etwa 100 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunden Speicherkapazität. Insgesamt ist es sowohl ökonomisch als auch ökologisch fraglich, die benötigte gigantische Menge an Batterien mit LIB abdecken zu wollen.

Um Alternativen zur herkömmlichen Herstellung von Batterien zu finden, muss Grundlagenforschung betrieben werden.
Foto: Nadine Poncioni / IST Austria

Welche Alternativen haben wir? Ich bin überzeugt, dass Batterien, die eine weitgehend elektrische Mobilität ermöglichen, aber auch für stationäre Energiespeicherung benötigt werden, rigoros auf Hauptgruppenelementen beruhen müssen, und habe meine Forschung daher darauf ausgerichtet. Diese Elemente beinhalten Sauerstoff, Schwefel und weitere Elemente der organischen Chemie wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff. Anstelle von Lithium bieten sich zum Beispiel Natrium und Magnesium an. Die zwei großen Richtungen zu deren Anwendung sind die direkte Verwendung von Sauerstoff oder Schwefel, um reversibel Oxide oder Sulfide zu bilden, und die organischen redoxaktiven Verbindungen.

Sauerstoff und Schwefel in Batterien

Wenn Sauerstoff oder Schwefel in Batterien verwendet werden, dann befindet sich dieses Element in der positiven Elektrode (dem Plus-Pol) und die negative Elektrode besteht aus einem Metall wie etwa Lithium, Natrium oder Magnesium. Beim Entladen der Batterie bildet sich in der positiven Elektrode entweder das Metall Oxid oder Sulfid. Sauerstoff und Schwefel und die Oxide beziehungsweise Sulfide sind daher die Aktivmaterialien und ersetzen die Cobalt- und Nickel-Oxide in LIB. Gemeinsame Schwierigkeit von Sauerstoff- und Schwefel-Batterien ist, dass die Aktivmaterialien im Gegensatz zu Materialien in LIB Isolatoren sind. Dies macht es schwierig, die Batterien schnell zu entladen und zu laden und dabei die sehr hohe theoretische Kapazität praktisch auszunutzen. Um dem zu entgegnen, muss vor allem der jeweilige Reaktionsmechanismus besser verstanden werden.

Wie sehr oft braucht es für ein besseres mechanistisches Verständnis zuerst neue Methoden. Getragen von einem exzellenten Mitarbeiter konnten wir die Methode der Röntgen-Kleinwinkelstreuung verbessern und damit weit tiefere Einblicke in die Arbeitsweise dieser Batterien als bisher möglich erhalten. Diese Methode erlaubt es, die Umwandlung von festen Aktivmaterialpartikeln in der arbeitenden Batterie mitzuverfolgen. Damit konnten wir bisher fragliche Reaktionsschritte aufklären. Bei Sauerstoffbatterien klärten wir die anhaltend strittige Frage, was denn die Entladekapazität und maximale Leistung limitiert und wie beides maximiert werden kann: indem wir das Zusammenspiel von Elektrodenoberfläche, Lösungs- und Transporteigenschaften des Elektrolyten ausnutzen, wie wir in der renommierten Zeitschrift der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften darlegten.

Bei Schwefelbatterien wiesen wir den verblüffenden Umstand nach, dass die Hälfte der Kapazität in der Umwandlung von einem isolierenden Festkörper (Lithium-Disulfid) in einen anderen (Lithium-Sulfid) besteht ("Nature Communications"). In weiteren Arbeiten zeigten wir die entscheidende Rolle und Einflussfaktoren der Geschwindigkeit von Oberflächenreaktionen mit Oxiden und Sulfiden für das Funktionieren dieser Batterien, veröffentlicht in "Nature Chemistry" und "Nature Catalysis".

Organische Batterien

Viele der Schwierigkeiten mit Sauerstoff und Schwefel ergeben sich daraus, dass die Aktivmaterialien fest und isolierend sind. Jedoch haben feste Materialien den Vorteil, eine hohe Speicherdichte zu haben. Würde das ideale Batteriematerial daher nicht aus Hauptgruppenelementen bestehen, flüssig sein und dennoch eine so hohe Speicherdichte haben wie feste Batteriematerialien? In meinem Projekt des Europäischen Forschungsrats (ERC) entdeckten wir solche Klassen an organischen Materialien. Sie bestehen lediglich aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff. Wir sehen ein sehr hohes Potenzial, diese Materialien praktisch in Batterien einzusetzen. Als ersten Schritt dazu erhielten wir einen ERC Proof-of-Concept Grant, um das technologische und kommerzielle Potenzial der Materialien zu ergründen. Idealerweise wollen wir Batterien damit kommerzialisieren, wozu jedoch weitere anwendungsorientierte Finanzierung nötig ist. Damit hätten Grundlagenergebnisse direkte Anwendung gefunden.

Insgesamt erarbeiten wir wissenschaftliche Grundlagen für mögliche Batterien der Zukunft, die nicht nur mehr Energie speichern sollen, sondern auch mit weniger Energie herzustellen und zu rezyklieren sind. Wir nutzen alle Möglichkeiten, diese auch in Anwendungen umzusetzen, und hoffen auf Fördermittel auch für unsere anwendungsbezogene Forschung. (Stefan Freunberger, 22.3.2023)