Am Dienstag erfuhr die Öffentlichkeit von den Razzien bei Red Bull.

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Brüssel – Die Europäische Kommission hat am Montag Razzien beim Salzburger Energydrink-Hersteller Red Bull am Firmensitz in Fuschl am See und an weiteren Standorten in Europa eingeleitet. Wie die EU-Behörde am Dienstag in einer Presseaussendung mitteilte, besteht der Verdacht, dass ein "Unternehmen im Energydrink-Sektor" wettbewerbsbeschränkende Absprachen durchgeführt und seine dominante Stellung am Markt missbraucht haben könnte. Red Bull bestätigte die Durchsuchung der Firmenräumlichkeiten mit den Worten, einen "Besuch" von EU-Beamten erhalten zu haben.

Die Durchsuchungen finden seit Montag statt und können laut der Kommission je nach "Komplexität des Falls" und dem "Umfang der Zusammenarbeit der betroffenen Unternehmen" noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Welche weiteren europäischen Red-Bull-Standorte betroffen sind, wollte die EU-Kommission auf Nachfrage des STANDARD nicht mitteilen.

Unterstützt werden die EU-Beamten von den jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden. In Österreich ist das die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Beamte der BWB seien im Auftrag der EU-Kommission vor Ort, um die Hausdurchsuchungen durchzuführen, teilte ein BWB-Sprecher dem STANDARD mit. Wie lange die Durchsuchungen dauern werden, könne man derzeit schwer abschätzen, das hänge davon ab, wie groß die Menge der relevanten Daten sei.

"Besuch" von Beamten

Die Antwort des Getränkeherstellers auf die Anfrage des STANDARD fiel denkbar kurz aus und bestand nur aus drei Sätzen: "Am Montag, dem 20. März, besuchten Beamte der EU-Kommission unsere Räumlichkeiten. Wir werden selbstverständlich mit ihnen in allen Angelegenheiten, die sie betreffen, zusammenarbeiten. Anfragen nach weiteren Informationen sollten direkt an die EU-Kommission gerichtet werden."

Auch die Kommission gibt in ihrer Aussendung keine Details zu den Untersuchungen bekannt, betont aber, dass "unangekündigte Inspektionen" ein "erster Schritt bei der Untersuchung mutmaßlicher wettbewerbswidriger Praktiken" seien. Die Tatsache, dass die Behörde solche Untersuchungen durchführe, bedeute weder, dass sich das Unternehmen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat, noch greife es dem Ergebnis der Untersuchung selbst vor.

Kommission verweist auf Whistleblower-Tool

Die Kommission weist in ihrer Aussage auf die Kronzeugenregelung im Kartellrecht hin. Wenn Unternehmen, die an einem geheimen Kartell beteiligt waren, illegales Verhalten melden und während der gesamten Untersuchung mit der Kommission zusammenarbeiten, können Geldbußen entfallen oder erheblich reduziert werden. Einzelpersonen und involvierte Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, anonyme Hinweise über das Whistleblower-Tool der EU-Kommission zu melden.

Die Europäische Kommission ist als Wettbewerbsbehörde zuständig, wenn sich Sachverhalte über mehrere EU-Mitgliedsstaaten hinweg erstrecken. Im konkreten Fall untersucht sie Fehlverhalten auf Basis zweier Artikel des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Laut Artikel 101 AEUV sind "alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen", welche eine "Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts" bewirken, verboten. Artikel 102 AEUV verbietet zudem, dass Unternehmen ihre "beherrschende Stellung" auf dem Markt "missbräuchlich ausnutzen". Stellt die EU-Kommission einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht fest, kann sie Geldbußen in der Höhe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes verhängen.

Rekordjahr 2022

Erst vergangenes Jahr hatte Red Bull bei Umsatz, Absatz und Betriebsgewinn Bestmarken in der knapp 40-jährigen Firmengeschichte erzielt. Wie das Unternehmen Anfang des Jahres auf seiner Website bekanntgab, wuchs der Konzernumsatz im Vergleich zum Jahr 2021 um 23,9 Prozent von 7,8 Milliarden auf 9,7 Milliarden Euro. Weltweit wurden 2022 rund 11,5 Milliarden Dosen Red Bull verkauft – ein Plus von 18,1 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. Seit dem Tod des Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz im Oktober 2022 wird der Konzern von einem dreiköpfigen Managementteam geleitet. (Jakob Pflügl, 21.3.2023)