Man kann dem österreichischen Staat nicht vorwerfen, dass er seine Bevölkerung und Unternehmen finanziell hängen lasse. Ob er dabei immer mit dem nötigen Maß und Ziel Geld ausgibt, darüber lässt sich streiten. Während der Pandemie wurden Staatshilfen in Milliardenhöhe verteilt, kaum war Corona vorbei, löste der Ukrainekrieg die nächste Krise aus. Und der Staat verteilt(e) abermals milliardenschwere Hilfspakete, um Energiekosten und die hohe Inflation abzufedern.

Scharfe Kritik an diesem Verhalten kommt vom unternehmernahen Thinktank Agenda Austria. Der Staat solle sich auf einkommensschwache Haushalte konzentrieren und nicht den Großteil der Menschen für bedürftig erklären. Wer gut verdiene, brauche keine subventionierte Stromrechnung oder einen Klimabonus, heißt es. Das Motto "lieber zu viel als zu spät" müsse ein Ende haben.

Vizeeuropameister bei Förderungen

Mit 34 Milliarden Euro beziffert die Agenda in einer aktuellen Studie die 2020 und 2021 vom Staat ausgegebenen Fördersummen. Sie bezieht sich dabei auf Daten von Eurostat und Finanzministerium. "Pro Einwohner flossen 3.837 Euro, nur in Luxemburg war es noch mehr", sagt Agenda-Ökonom Marcell Göttert am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Er scheut jedoch den Vergleich mit dem reichen Großherzogtum und setzt die Summe in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Mit 8,4 Prozent vom BIP liege Österreich auch da im Spitzenfeld und EU-weit auf Platz vier (siehe Grafik).

Österreich im Förder-Spitzenfeld.
Foto: Agenda Austria

Eine Regierung versucht klarerweise Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden, ohne staatliches Zutun war diese Gefahr während der Pandemie aber gegeben. Gerettete Arbeitsplätze helfen der Bevölkerung und der Volkswirtschaft eines Landes, das hat aber auch seinen Preis. Solche Hilfspakete werden zumeist über Schulden finanziert – und das Geld fehlt dann in anderen Bereichen. Für Förderungen in Ausnahmesituationen wie Corona hat auch Göttert Verständnis, für ihn schießt der Staat aber schon lang über das Ziel hinaus.

"Die Corona-Kurzarbeit muss endlich abgeschafft werden, diese ist schon lange nicht mehr nötig." Die Anzahl der geförderten Personen in Kurzarbeit zwischen März 2020 und Ende Dezember 2022 belief sich auf insgesamt 1,335 Millionen Menschen. Die durchschnittliche personenbezogene Kurzarbeitdauer betrug in diesem Zeitraum 118 Tage. Sie sei, zwar in abgeschwächter Form, immer noch in Kraft. Zudem fordert Göttert eine Förderbremse, die maximal an die Inflation angepasst werden darf.

Definitionssache

Bei der Agenda beruft man sich auf die Eurostat-Zahlen, um einen internationalen Vergleich herstellen zu können. Das sei etwa mit den Zahlen der heimischen Transparenzdatenbank oder des Budgetausschusses des Nationalrats nicht möglich, da hier noch weitere nationale Leistungen einkalkuliert werden. Laut Budgetausschuss summierten sich die direkten und indirekten Förderungen, die der Bund 2021 ausgeschüttet hat, auf rund 41,25 Milliarden Euro, der STANDARD hat berichtet. Die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Förderungen ist wichtig. Bei direkten fließt Geld an die Begünstigten, indirekte sind ermäßigte Steuersätze, Abgabensenkungen oder Steuergutschriften.

Bereits mehrmals hat die Agenda Austria gefordert, dass der Staat aufhört, mit der Gießkanne Geld zu verteilen.
Foto: imago images/localpic

Dass es Österreich beim Subventionieren zu gut gemeint hat, denkt auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). In der Pandemie hätten die Vermögenswerte der Firmen um 4,4 Prozent und damit stärker als im Jahr vor Corona zugelegt. Die Bankguthaben und Bargeldreserven seien sogar um 17,5 Prozent gestiegen. Auch stark von der Corona-Krise betroffene Branchen wie der Tourismus oder die Gastronomie seien mit einem größeren Finanzpolster ausgestiegen.

Zu indirekt für Berichte

Förderungen müssen nicht zwingend monetär ausfallen, Personen oder Firmen können auch unterstützt werden, wenn sie weniger Steuern oder Abgaben zahlen müssen. "Es gibt Förderprogramme, die so indirekt sind, dass sie in keinem Förderbericht aufscheinen", sagt der zweite Studienautor Jan Kluge. Er nennt das "regulatorische Förderungen". Dabei helfe der Staat gewissen Gruppen, indem er begünstigende Regeln zulasten anderer Wirtschaftsteilnehmer aufstelle.

Als Beispiel nennt Kluge die Taxibranche. Der US-Anbieter Uber sei in Wien zur Bedrohung für die lokalen regulierten Unternehmen geworden, deswegen habe der Staat das Gelegenheitsverkehrsgesetz geändert, wodurch das Uber-Geschäftsmodell nicht mehr funktionierte. Laut Agenda sind solche Markteintrittsbarrieren eine logische Konsequenz, wenn jemand bevorzugt werden soll – das wirke sich negativ auf den Wettbewerb aus, zudem könnten Anbieter zulasten der Konsumenten höhere Gewinne erzielen.

Der Thinktank kritisiert außerdem mangelnde Transparenz bei der Vergabe von Förderungen. Wem steht Geld zu? Im Gesetz ist von "erheblichem öffentlichem Interesse" die Rede. Der Begriff sei der Begriff zu weit gefasst, er könne alles oder nichts heißen. (Andreas Danzer, 22.3.2023)