Begehbare Malerei: "Kaktus 7" (2022) von Alois Mosbacher.

Bildrecht Wien

Selbst die ortskundigsten Besucher und Besucherinnen könnten in diesem Dickicht die Orientierung verlieren. Unzählige Ausstellungswände scheinen kreuz und quer aus dem Boden zu sprießen. Äste und Sträucher wuchern da auf den Leinwänden durcheinander, Kakteen zeigen ihre Stacheln. Durchbrochen wird dieser Wald von alltäglichen Objekten wie Seilen, Zelten oder Bällen. Was versteckt sich denn da?

Ein Signature-Motiv des Künstlers Alois Mosbacher ist ein Basketball, den man sich durchaus als orangen Anhaltspunkt merken darf: Da hängt er in einer Baumkrone fest, dort balanciert er auf der Nase eines struppigen Hündchens (auch Hunde zählen zu wichtigen Gefährten des Mosbacher-Kosmos). Als tatsächlicher Gegenstand ist der Ball an einem Balken festgezurrt. Kommt man an dieser Readymade-Skulptur ein zweites Mal vorbei, hat man sich in der Ausstellung verlaufen.

Spezielle Bildsprache

Das gesamte obere Stockwerk des Belvedere 21 füllte der 1954 im steirischen Strallegg geborene Maler mit großformatigen Werken, die teils aus den 80ern und 90ern stammen und vorwiegend in den letzten Jahren entstanden sind. Den Effekt der Orientierungslosigkeit schafft die von Miroslav Haľák kuratierte Ausstellung auch dadurch, dass auf der Rückseite der in den Raum gestellten Wände jeweils ein weiteres Gemälde angebracht ist. Wie viele insgesamt zusammengetragen wurden, wissen weder er noch Mosbacher genau.

Neben Auftritten in Gruppenausstellungen, u. a. bei The 80s. Die Kunst der 80er Jahre in der Albertina modern 2021, wurde Mosbacher 2014 vom Lentos Linz mit einer großen Einzelschau gewürdigt. 2010 stellte er in der Neuen Galerie Graz, 2004 in der Wiener Secession aus. Seit den 1980ern entwickelt der heute 68-Jährige seine spezielle Bildsprache und zählte damals zu den "Neuen Wilden". Die Stilrichtung war in Deutschland und Österreich für eine unbekümmerte und subjektive Malerei bekannt, andere heimische Vertreter sind Herbert Brandl oder Hubert Scheibl.

Vogel, Kuh, Mann, Frau

Für seinen Auftritt im Belvedere 21 wollte der Künstler mit dem Mix aus alten und neuen Werken keine Retrospektive gestalten, sondern schöpfte wie in einer Gruppenausstellung aus seinem reichen Schaffenswerk. Die Idee: Die Bilder zur Architektur erheben und so den Raum in begehbare Malerei verwandeln. Pflanzen, Tiere und alltägliche Objekte finden sich zu einem ungewöhnlichen Dialog ein. Eine Bilderserie aus den 90er-Jahren macht Mosbachers frühe Leidenschaft für wiederkehrende Motive klar (in diesem Fall Leopard, Vogel, Kuh, Mann, Frau), aus denen er immer wieder neue Szenen baut.

So ganz versteht man die Unterhaltungen zwischen seinen Objekten zwar nicht. Mosbacher findet ohnehin, dass sich die Narration nur im Raum zwischen den Werken abspielt. Seine Motive haben keine tiefere Bedeutung, Geschichtenerzählen interessiert ihn nicht. Den Titelvorschlag "Sprach der Ball zum Kaktus" für die Ausstellung wurde ihm ausgeredet, erzählt er lachend. Der jetzige Name Palinops beschreibt eine Sinnestäuschung, bei der ein soeben gesehenes Objekt an anderen Stellen erneut auftaucht, ohne real da zu sein. Da ist er wieder, der orange Ball! (Katharina Rustler, 22.3.2023)