Im Rahmen seiner Doktorarbeit untersucht Benjamin Hofbauer die ethischen, sozialen, politischen und philosophischen Implikationen von Climate-Engineering.
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Der einzig nachhaltige Weg, den Klimawandel einzubremsen, ist die Reduktion der CO2-Emissionen. Um der – viel zu langsam fortschreitenden – Energiewende mehr Zeit zu verschaffen, wird immer wieder sogenanntes Climate Engineering ins Spiel gebracht. Dabei würden etwa Sulfat-Partikel in der Stratosphäre freigesetzt, die einen Teil der Sonneneinstrahlung reflektieren und die Erde leicht kühlen. Ein derartiger Eingriff ist naturgemäß sehr umstritten. Einerseits gibt es Stimmen, die eine einschlägige Forschung als Tabu sehen, da sie eine einfache Lösung des Klimaproblems vorgaukelt und unkalkulierbare Folgen haben kann. Andererseits besteht die Gefahr, dass einzelne Akteure mit eigenen, nicht ausreichend erforschten Technologien vorpreschen.

Climate-Engineering der Zukunft

Benjamin Hofbauer untersucht im Rahmen seines Doktoratsstudiums an der TU Delft in den Niederlanden die ethischen, sozialen, politischen und philosophischen Implikationen von Climate-Engineering. Er ist Teil einer Forschungsgruppe, zu der auch Angehörige der ETH Zürich, der Universität Utrecht und der Cornell University gehören und die für eine "inklusive, transparente und verantwortungsvolle" Erforschung der Technologie eintritt. Vor kurzem veröffentlichte die Gruppe einen offenen Brief, um einen möglichst breiten gesellschaftlichen Diskurs zu dem Thema anzustoßen.

"Ende 2022 sorgte ein US-Start-up für Aufregung, das nach eigenen Angaben begonnen hatte, kühlende Partikel in hochfliegenden Ballonen auszubringen. Genau das wollen wir nicht", betont Hofbauer. "Gleichzeitig glauben wir aber auch nicht, dass ein Forschungsmoratorium der richtige Weg ist. Wir setzen uns für eine global koordinierte Forschungsanstrengung ein, um Potenzial und Risiken der Technologien auszuloten."

Forschen und Abwägen

Neben den Auswirkungen auf das Erdsystem sind dabei auch soziale und ökonomische Aspekte wichtig. Würden beispielsweise bestehende Ungerechtigkeiten zwischen Wohlstandsländern und dem Globalen Süden noch weiter vertieft werden? Würden hohe Investitionen in die Technologien ein wirtschaftliches Interesse erzeugen, die Technik zu langfristig oder in ungerechtfertigter Weise einzusetzen? Würde man den Ausstieg aus fossiler Energie vielleicht sogar bremsen, weil man sich zu sehr auf Climate-Engineering verlässt? Fragen dieser Art müssen eingehend untersucht werden.

Hofbauer, der schon früh eine Passion für Philosophie hatte, absolvierte ein Joint Study in "Political, economic and legal philosophy" an der Uni Graz und der Uni Bochum, wo er sich bereits mit moralischen Implikationen von Climate-Engineering auseinandersetzte. In der Freizeit beschäftigt sich der 1992 geborene und in Linz aufgewachsene Wissenschafter unter anderem mit Lyrik. "Das rationale Denken der Philosophie und die poetischen Wahrheiten der Dichtkunst bilden einen Kontrast, sind aber auf gewisse Art auch eng verbunden", sagt Hofbauer. (Alois Pumhösel, 26.3.2023)