Und dann waren es plötzlich drei. Kurz vor der Sitzung des SPÖ-Präsidiums am Mittwoch machte Nikolaus Kowall klar: Er will auch. Das Match soll also nicht nur zwischen der amtierenden SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und dem Burgenländer Hans Peter Doskozil ausgetragen werden, sondern auch der Wiener-SPÖ-Politiker und ehemalige Vorsitzende der Sektion 8 will auf den Zettel.

Ob und wie das möglich ist, wird am Mittwoch in einer Präsidiumssitzung geklärt. Kurz nach 13 Uhr trifft sich die Parteispitze, um einen Fahrplan zur Vorsitzwahl festzulegen und die Fragen auf dem Weg dorthin zu klären.

SPÖ-Präsidiumsmitglied Franz Schnabl, der bisherige Landesvize in Niederösterreich, rechnet damit, dass mehr als zwei Personen auf dem Stimmzettel stehen könnten. "Ich bin grundsätzlich schon sehr positiv, was weitere Kandidatinnen und Kandidaten betrifft", sagte er am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". Allerdings müssten Kriterien für neue Kandidaten festgelegt werden: Das könnte laut Schnabl etwa die Repräsentanz von fünf Prozent der SPÖ-Mitglieder sein – "oder auch die Unterstützung durch delegierungsberechtigte Organisationen in einer bestimmten Anzahl". Neue Kandidaten wie Kowall müssten demnach im Vorfeld Unterstützungserklärungen sammeln. Darauf festlegen wollte sich Schnabl aber auch nicht lassen.

Neue Parteimitglieder wohl nicht stimmberechtigt

Schnabl wurde auch gefragt, ob in diesem Jahr neu eingetretene Mitglieder stimmberechtigt sein werden. Diese Frage sei "eher mit Nein zu beantworten", sagte er. Schnabl interpretierte das SPÖ-Statut dahingehend, "dass man für zwölf Monate zurückliegend zum Stichtag des Abrechnungszeitraums Mitgliedsbeitrag geleistet haben muss". Das würde auf neu eingetretene Mitglieder nicht zutreffen.

Was wird eigentlich gefragt? Das Präsidium muss die Frage an die Mitglieder konkret formulieren. Das Statut der SPÖ sieht dazu "die Beantwortung einer oder mehrerer Fragen" vor, deren "Antwortmöglichkeiten entweder 'ja' oder 'nein' lauten". Alternativ sollen sich die Mitglieder für eine von "mehreren vorgegebenen" Antworten entscheiden können. Gefragt wird jedenfalls danach, wer in Zukunft an der Spitze der SPÖ stehen wird. Ob es noch weitere Fragen gibt, ist offen.

Welche Antwortmöglichkeiten gibt es? In der Frage nach dem Vorsitz wären die Antwortmöglichkeiten vorerst drei Namen: Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil oder Nikolaus Kowall – wobei: Es können noch immer Namen hinzukommen. Und natürlich stellt sich die Frage: Stehen auch die aktuellen Funktionen vor dem Namen? Das könnte ein Streitpunkt sein.

Rendi-Wagner ist aktuell Parteichefin. Bevor die SPÖ nach der Nationalratswahl 2017 aus der Regierung ausschied, war Rendi-Wagner Gesundheitsministerin unter Rot-Schwarz. 2018 übernahm sie die Opposition – nachdem der damalige Kanzler Christian Kern angekündigt hatte, als Spitzenkandidat in die Europawahl gehen zu wollen.

Doskozil regiert derzeit als Landeshauptmann das Burgenland mit einer absoluten Mehrheit. Im Jänner 2016 wurde er als Verteidigungsminister der damaligen SPÖ-ÖVP-Koalition angelobt.

Kowall ist der Basiskandidat. Er ist aktuell stellvertretender Bezirksparteichef am Wiener Alsergrund. Davor war Kowall Vorsitzender der Sektion 8, die als besonders kritisch innerhalb der Sozialdemokratie gilt.

Wann wird gefragt – und wie lange dauert die Befragung? Fixiert wird auch der Zeitpunkt, an dem die Befragung startet, sowie die Dauer der Meinungsfindung. Relativ einig ist man sich in der SPÖ darüber, dass die Befragung nicht vor der Salzburg-Wahl stattfinden soll. Sprich: nach dem 23. April. Die Durchführung der letzten Mitgliederbefragung, der sich Rendi-Wagner im Jahr 2020 stellte, dauerte insgesamt drei Monate. Einen Monat davon durften die Genossinnen und Genossen ihre Stimme abgeben. Die restliche Zeit ging für Vorbereitung sowie Auszählung drauf.

Wer wird befragt? Seit klar ist, dass die SPÖ den Kampf um die rote Führung mit einer Mitgliederbefragung lösen will, soll die Sozialdemokratie derzeit durchaus Zulauf erfahren. Das sagte zumindest die Parteisekretärin der Wiener Genossinnen und Genossen, Barbara Novak, kürzlich im "Kurier". Konkrete Zahlen sind zwar nicht in Erfahrung zu bringen. Aber es stellt sich die Frage, ob die Neuankömmlinge überhaupt an der Kampfabstimmung teilnehmen dürfen. Das Parteipräsidium wird jedenfalls einen Stichtag festlegen. Alle Mitglieder bis zu diesem Stichtag dürfen mitmachen. Das war laut Partei auch bei der letzten Mitgliederbefragung so.

Wer zählt die Stimmen aus? Vorgesehen ist, dass die Wahlkommission, die beim letzten Bundesparteitag gewählt wurde, auch die Mitgliederbefragung abwickelt. Nur: Das Lager rund um Doskozil misstraut offenbar dem Vorsitzenden der Kommission, die über die Mitgliederbefragung wachen soll. Harry Kopietz ist der Initiator des Donauinselfests und ein Urgestein der SPÖ Wien. Und die Roten in der Hauptstadt sollen nicht gerade die größten Fans Doskozils sein. Im Gegenteil. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sprach sich ganz klar für Rendi-Wagner an der Spitze der Bundes-SPÖ aus.

Wie geht es weiter? Nach der Mitgliederbefragung ist vor dem Sonderparteitag. Geht man davon aus, dass die Mitglieder nach der Landtagswahl in Salzburg ebenfalls einen Monat Zeit haben, um abzustimmen, könnte dieser frühestens Ende Mai stattfinden. Eher später.

Doch die nächste Frage ist: Wer kandidiert dort? Nach der letzten Vorstandssitzung ließen Rendi-Wagner und Doskozil zumindest durchblicken, dass sich nur die Person, die bei dem Mitgliedervotum gewinnt, auch auf fem Parteitag zur Wahl stellt. Allerdings sind die Karten durch den dritten Kandidaten Kowall neu gemischt: Braucht es beim Mitgliedervotum eine Mehrheit? Was, wenn niemand über 50 Prozent kommt? Gibt es dann eine Stichwahl?

Bis zum späten Nachmittag dürfte das Präsidium für die Erstellung des Fahrplans brauchen. Was vorgelegt wird, wird in den kommenden Wochen noch den größeren Parteivorstand beschäftigen. Er muss das Vorgehen offiziell beschließen. (Oona Kroisleitner, Jan Michael Marchart, krud, 22.3.2023)