Die Wünsche und auch die Erwartungen von Arbeitnehmern haben sich verändert. Arbeitgeber müssen sich mehr bemühen.

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Die Personalsuche ist schwieriger geworden, Fachkräfte fehlen in allen Branchen. Unternehmen müssen sich um Beschäftigte stärker bemühen. In einer Umfrage von Bosten Consulting Group, Stepstone und The Network gaben beispielsweise 61 Prozent der Berufstätigen an, dass sie sich in einer starken Verhandlungsposition gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber sehen. Und zwei Drittel würden auch einen äußerst attraktiven Job bei negativen Erfahrungen während der Bewerbung ablehnen.

Doch was macht einen Arbeitgeber attraktiv? Fest steht: Die Prioritäten haben sich durch die Corona-Pandemie verschoben. Homeoffice bzw. hybride Arbeitsformen waren vor drei Jahren noch ein Nice-to-have, mittlerweile ist diese Möglichkeit schon eine Selbstverständlichkeit. Wenn es hier keine guten Angebote für die Mitarbeitenden gebe, leide die Arbeitgeberattraktivität. Das zeigt auch eine aktuelle Erhebung der IMC FH Krems und der FH BFI Wien.

Mobiles Arbeiten steht ganz oben

Laut dieser Umfrage hat rund die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zugang zu umfangreichem mobilem Arbeiten, die andere Hälfte nicht. Der Unterschied bestehe in den Freiheitsgraden, die den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im Unternehmen eingeräumt werden. Fast 2000 österreichische Berufstätige haben an der Umfrage teilgenommen. Michael Bartz, Studienautor und Experte für mobiles Arbeiten an der IMC Krems, nennt dazu zwei anschauliche Beispiele: "Ist es erlaubt, nur stundenweise von zu Hause zu arbeiten und Büro und Homeoffice über den Tag zeitlich flexibel ineinanderzuschachteln? Oder müssen es immer ganze mobile Arbeitstage sein? Kann man an Freitagen oder Brückentagen Homeoffice nutzen und das sogar mit gutem Gewissen? Oder ist es explizit untersagt?" Das Ergebnis zeige eine klare Zweiteilung der Betriebe. Für Bartz zeigt sich darin auch ein deutlicher Aufholbedarf bei den flexiblen Arbeitszeitmodellen.

Denn auch die Erhebung von BCG, Stepstone und The Network zeigt einmal mehr, dass eine große Mehrheit von 72 Prozent hybrides Arbeiten – beispielsweise mit zwei Tagen pro Woche im Homeoffice und drei Tagen vor Ort – als ideal einschätzt. Für die Erhebung wurden im Vorjahr 90.000 Berufstätige in 160 Ländern, davon 1000 aus Österreich, befragt. Flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice anzubieten seien für Unternehmen "gewinnbringende Assets, um bei Bewerbern zu punkten", betont Stepstone-Österreich-Chef Nikolai Dürhammer. Aber nur fünf Prozent könnten sich hierzulande vorstellen, ausschließlich remote zu arbeiten – international halten das elf Prozent für erstrebenswert.

Flexible Strukturen

Das Festhalten an alten Strukturen und traditionellen Stellenausschreibungen führt zu Wettbewerbsnachteilen. Für die "Human Capital Trends 2023" hat Deloitte über 10.000 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter unterschiedlicher Levels aus 139 Ländern, darunter rund 150 Personen aus Österreich, zu aktuellen Entwicklungen der Arbeitswelt befragt. Fazit: Starre Job-Modelle stehen notwendigen Anpassungen an die moderne Arbeitswelt im Weg. Unternehmen sollten auf dynamische Konzepte setzen, die individuelle Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen, heißt es dazu von den Experten.

Das würde sich auch mit den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer decken, denn neben hybriden Arbeitsformen stehen flexible Arbeitszeitmodelle (Stichwort Work-Life-Balance) ganz oben auf der Wunschliste bei Berufswechslern.

Neue Arbeitszeitmodelle

Laut Stepstone-Jobreport 2023 zeigt sich auch eine Zunahme von 185 Prozent bei der Erwähnung der Stichwörter "Arbeitszeitkonten", "Vertrauensarbeit" oder "Gleitzeit" in Stellenanzeigen von rund 9300 im Jahr 2019 auf 26.500 Inserate 2022. Trotzdem sind das nur rund drei Prozent der gesamten untersuchten Stellenanzeigen. Für den Stepstone-Jobreport 2023 wurden 1,4 Mio. Stellenanzeigen, die im Jahr 2019 und im Jahr 2022 kommerziell geschaltet wurden, untersucht. Zusätzlich wurden 2000 Beschäftigte in Teilzeit und Vollzeit zu ihrer Arbeitssituation befragt, 16 Prozent gaben an, sich ihre Zeit komplett frei einteilen zu können, und weitere 43 Prozent können innerhalb eines definierten Rahmens frei entscheiden. Vollzeitangestellte sind deutlich freier (46 Prozent können innerhalb eines Rahmens frei entscheiden) als Teilzeitangestellte, unter denen nur 35 Prozent flexibel entscheiden können, wann sie ihre Arbeit erledigen.

Bei den Entscheidungskriterien für einen neuen Job steht aber auch eine gute Entlohnung sowie berufliche Weiterbildung weit oben auf der Liste. Hier zeigt sich laut Daten von Statistik Austria ein rückläufiger Trend, der nur teilweise durch die Corona-Einschränkungen erklärbar ist. Im Vergleich zu 2015 sank sowohl die Teilnehmerquote als auch der Anteil der weiterbildungsaktiven Unternehmen jeweils um rund zehn Prozent. Bei den Teilnehmenden von rund 45 Prozent im Jahr 2015 auf 34,9 Prozent 2020, bei den Betrieben von 88 Prozent auf 79 Prozent. (Gudrun Ostermann, 24.3.2023)