Die Muslimbruderschaft in Ägypten hat einen neuen internationalen Obersten Führer ernannt: Salah Abdulhaq.

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Wenn es nach der österreichischen Islampolitik geht, dann gibt es einen neuen Feind Nummer eins: Die Muslimbruderschaft in Ägypten hat einen neuen internationalen Obersten Führer ernannt. Salah Abdulhaq (78) soll die interne Spaltung beenden, die zuletzt quasi zu einem Muslimbrüder-Papst und -Gegenpapst – in London und Istanbul – geführt hatte. Abdulhaq hielt sich aus diesen Fraktionskämpfen heraus, er kommt auch nicht, wie sonst üblich, aus dem "Führungsbüro".

Die österreichische Regierung hat ja die Muslimbruderschaft als größte Gefahr für die Infiltrierung unserer Gesellschaft durch radikales islamistisches Gedankengut identifiziert: leider auch zulasten der Aufmerksamkeit für den "Islamischen Staat" – keine Muslimbrüder-Organisation –, der im November 2020 ein Attentat in Wien verüben konnte.

Der Richtungsstreit bei den Muslimbrüdern, die 1928 in Ägypten als antikolonialistische islamische Erweckungsbewegung gegründet wurden, ist nicht der erste in ihrer Geschichte: Diesmal entstand er nach ihrem Aufstieg und tiefen Fall nach dem Arabischen Frühling in Ägypten. Sie gewannen 2011 und 2012 alle Wahlen, agierten erratisch und radikal und wurden von einer breiten gesellschaftlichen Bewegung 2013 gestürzt. In Ägypten und in einigen arabischen Golfstaaten sind sie als Terrororganisation verboten, in Österreich sind es nur ihre Symbole.

Typischer Hintergrund

Der alte, 2010 ernannte Chef der Muslimbrüder, Mohamed al-Badie, sitzt seit 2013 in einem ägyptischen Gefängnis, sein Stellvertreter ebenso. Die Lücke wurde durch den nicht von allen anerkannten Ibrahim Mounir gefüllt, er starb 85-jährig im November in London.

Salah Abdulhaq wurde 1945 in eine fromme Mittelstandsfamilie in Kairo geboren. Sein Vater war Lehrer, er selbst ist Arzt: ein typischer Hintergrund für die oft aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden Muslimbrüder. 1985 ging Salah Abdulhaq als Dermatologe nach Saudi-Arabien. Auch dort sind sie inzwischen verpönt, er übersiedelte in die Türkei.

Der Bruderschaft hatte er sich noch als Schüler angeschlossen, bereits 1965 wurde er erstmals verhaftet. Unter Präsident Gamal Abdel Nasser wurden die Brüder, die den Militärs 1952 beim Sturz der Monarchie geholfen hatten und mitregieren wollten, besonders verfolgt. Das war auch die Zeit ihrer Radikalisierung durch den rabiat antijüdischen und antiwestlichen Ideologen Sayyid Qutb, der 1966 hingerichtet wurde. Aber eine homogene Masse waren sie nie. (Gudrun Harrer, 23.3.2023)