Gwyneth Paltrow vor Gericht in Utah. Sie soll einen Mann auf einer Skipiste gerammt haben. In sozialen Medien wird gerade auch geurteilt, allerdings über ihr Aussehen und ihre psychische Gesundheit.

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Es läuft nicht gut für Gwyneth Paltrow. Einerseits steht sie gerade vor Gericht, weil sie einen Mann auf der Skipiste rücksichtslos niedergefahren und ihn einfach verletzt liegen lassen haben soll. Paltrow dementiert diese Darstellung.

Und noch wegen etwas ganz anderem wurde vergangene Woche sehr viel über die US-Schauspielerin und Unternehmerin gesprochen: Gwyneth Paltrow sprach in dem Podcast "The Art of Being Well" über ihre Gewohnheiten hinsichtlich Ernährung, Sport und Wellness. Morgens nur Kaffee, mittags ein Süpplein, abends ganz, ganz viel Gemüse. Dazwischen gibt es ein bisschen Sauna und Sport. Klingt eigentlich nach einem feinen Tag. Zumindest für Menschen, die nicht besonders gern essen oder ständig Diät halten. Ein Ausschnitt aus dem Podcast fand schließlich seinen Weg zu Tiktok.

Die Gründerin des Onlineshops Goop scheint in dem Gespräch ungeschminkt zu sein, sie sieht auch etwas müde aus. Nun, es war ja eigentlich ein Podcast, kein Grund also, sich groß aufzuhübschen. Trotzdem wurde ihr ihr Aussehen unter einem feministischen Mäntelchen um die Ohren gehauen. Was für eine fahle Haut, so fertig sähen manche nicht mal "in Entzugskliniken" aus, hieß es unter anderem. Der Kern der Kritik ist berechtigt, wie diese Kritik allerdings geübt wird, ist aber zweifelhaft.

Dass diese magere Kalorienausbeute als "Wellness" gelabelt wird, ist daneben. Vielmehr sei das nichts anderes als "Diätkultur", eine gefährliche noch dazu, die geradezu zur Magersucht verleite – da ist was dran. Sparen kann man sich allerdings, Paltrow per Ferndiagnose eine Essstörung zu unterstellen. Frauen eine psychische Störung anzuhängen, um damit ihr Verhalten zu erklären, ist ein mindestens so alter frauenfeindlicher Move, wie ihr Aussehen zu kommentieren. Beides zu einem feministischen Zweck? Das haut wirklich nicht hin. Zumal Paltrow in einem Rechtfertigungsvideo sagt, sie habe Long Covid und ihre "Routine" beziehe sich auf eine Gesundung, wenngleich man ihren Zugang dazu natürlich sehr kritisch sehen kann.

Zu einfach

Die Rede von Detox vermittelt tatsächlich ein sonderbares Verhältnis zu allem, was im Körper ist – und unbedingt raussoll. Denn sonst sei kein Wohlbefinden möglich. Aber das hören und lesen wir eben an jeder Ecke.

Einiges an den Kritiken an Paltrow ist somit viel zu einfach. Was der Superstar tut und sagt, ist letztlich immer eine Vermarktung ihrer selbst und damit von allem, was Goop anbietet. Paltrow ist Goop, und Goop ist Paltrow. Es mutet seltsam an, wenn plötzlich Auftritte isoliert als jene einer authentischen Paltrow behandelt werden, mit der abertausende negativ beeinflusst werden könnten – während gleichzeitig die ständigen Werbungen für Fitnessoutfits, Kosmetik oder angeblich megagesunde Nahrungsmittel auf jenen sozialen Plattformen, auf denen man nun Kritik an einer Diätkultur übt, einfach hingenommen werden.

Auch greift es zu kurz, Paltrow vorzuwerfen, dass sie mit ihren Produkten Unmengen an Geld verdiene. Die Menschen, die dort einkaufen, können – zum Beispiel – für so etwas wie einen "Fix and Restore Balm" (35 Gramm!) sage und schreibe 125 Dollar ausgeben. Natürlich können wir alle Konsument:innen von Goop als Opfer des Kapitalismus sehen, doch die, die in einem Webshop einkaufen, der unter anderem Kleider um 500 Dollar anbietet, brauchen nicht unsere unmittelbare Hilfe.

Nicht sakrosankt

Paltrow ist Unternehmerin, und nur weil sie eine Frau ist, ist sie nicht die fiesere Kapitalistin. Ja, nicht mal, weil sie ihrer Produkte als feministisch framt – Stichwort Duftkerze mit Vagina-Flavour, die es auch auf Goop gibt. Der Kapitalismus ist wendig und Feminismus inzwischen für zahlreiche Konzerne ein Mittel zur Gewinnmaximierung, etwa für den Konzern Procter & Gamble, der 2019 einen Umsatz von 67,7 Milliarden Dollar machte.

Nur weil sie eine Frau ist, ist Paltrow weder die besonders böse Seite der Beautyindustrie, noch ist sie sakrosankt. Ihr Aussehen und Mutmaßungen über psychische Störungen sollten aber wirklich außen vor bleiben. Egal, wie gerechtfertigt die inhaltliche Kritik ist. (Beate Hausbichler, 27.3.2023)