Diese Frau in Boston erkrankte 2020 an Covid-19 und leidet seither an Long Covid. Hier nahm sie an einer Schlafstudie teil.
Foto: REUTERS/Brian Snyder

Corona-Infektionen verlaufen mittlerweile tendenziell milder, Faktoren wie die Durchimpfungsrate und eine günstige Entwicklung der Corona-Varianten führten zu weniger schweren Wellen. Dies hatte das Aufheben verpflichtender Corona-Maßnahmen zur Folge. Die Krankheit hat für viele Menschen einen Großteil ihres Schreckens verloren. Allerdings sind die Langzeitfolgen, zusammengefasst unter dem Begriff Long Covid, für viele Menschen immer noch eine Belastung. Ein Team aus Großbritannien hat nun mehrere Faktoren rund um Long Covid untersucht und die Ergebnisse im Fachjournal "Jama Internal Medicine" publiziert.

Länger als zwölf Wochen

"Long Covid ist ein komplexes Krankheitsbild, das sich während oder nach einer Covid-Erkrankung entwickelt und als solches eingestuft wird, wenn die Symptome länger als zwölf Wochen anhalten", erklärt Vassilios Vassiliou von der englischen Norwich Medical School. Als häufigste Symptome nennt er Atemnot, Husten, Herzklopfen, Kopfschmerzen und starke Müdigkeit.

Dazu kämen Schmerzen in der Brust, Schlaflosigkeit, Schwindel, Gelenkschmerzen, Depressionen bis hin zu den bekannten Veränderungen des Geruchs- oder Geschmackssinns. Auch das Krankheitsbild der Myalgischen Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS, kann durch die Virusinfektion hervorgerufen werden und die Betroffenen massiv in ihrem Leben einschränken.

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Allein in Großbritannien sind zwei Millionen Menschen von Long Covid betroffen. Man habe herausfinden wollen, welche Faktoren die Anfälligkeit für die langwierigen Folgen beeinflussen, sagt Vassiliou.

Risikofaktoren

Dazu analysierten er und sein Team die Daten von 41 Studien mit in Summe über 860.000 untersuchten Personen. Sie konnten dabei eine Reihe von Faktoren identifizieren, die Long Covid begünstigen dürften.

Für Frauen, ältere Menschen, Menschen mit höherem Body-Mass-Index und Raucher wurde eine höhere Neigung zu Long Covid festgestellt. Weitere begünstigende Faktoren sind Asthma, die Lungenkrankheit COPD, Typ-2-Diabetes, koronare Herzkrankheit, Immunsuppression sowie Angstzustände und Depression. Auch gleichzeitig vorhandene schwere Krankheiten, die im Krankenhaus behandelt werden, äußerten sich in einem vermehrten Auftreten von Long Covid.

Die Rolle der Impfung

Besonderes Augenmerk galt der Rolle der Impfung bei Long Covid. Und hier war das Ergebnis eindeutig: "Beruhigend war die Erkenntnis, dass geimpfte Personen ein deutlich geringeres – fast halb so hohes – Risiko hatten, Long Covid zu entwickeln, als ungeimpfte Menschen", sagt Vassiliou.

Diese Frau aus dem US-amerikanischen Beverly wurde im September 2022 wegen Schmerzen durch Long Covid behandelt.
Foto: REUTERS/Brian Snyder

Vorteile bringe das in der Langzeitplanung der Betreuung von Betroffenen, sagt Vassilious Forschungskollegin Eleana Ntatsaki vom Londoner University College UCL. "Wir können eine bessere Strategie zur Optimierung aller veränderbaren Risikofaktoren verfolgen, mit Kampagnen zur Förderung der öffentlichen Gesundheit, um die Bevölkerung zur Rauchentwöhnung, zu Impfungen und zum gesunden Gewichtsmanagement zu ermutigen", betont Ntatsaki.

Die Ergebnisse bekräftigen bisherige Vermutungen. So hatten mehrere Studien gezeigt, dass seit Verbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus die Zahl der Long-Covid-Fälle zurückgeht. Erst kürzlich hatten mehrere Forschende gegenüber dem Journal "Science" gemutmaßt, dass dabei auch die Impfung eine Rolle spielen könnte. (Reinhard Kleindl, 23.3.2023)