Die Sprengstoffgruppe der Polizei von Ecuador im Einsatz im TV-Studio von Ecuavisa.

Foto: Policía Nacional del Ecuador

Fünf ecuadorianische Journalisten haben USB-Sticks per Post erhalten, doch waren die Sticks mit Sprengstoff gefüllt und sollten explodieren, sobald sie eingesteckt werden, wie "CBS News" berichtet. Abgeschickt wurden die Sticks von einem Postamt in der Kleinstadt Quinsaloma.

Der Journalist Lenin Artieda vom Fernsehsender Ecuavisa in Guayaquil hatte einen derartigen USB-Stick erhalten und steckte ihn in seinen Computer, woraufhin der Stick explodierte. Nach Angaben eines Polizeibeamten erlitt der Journalist leichte Verletzungen an der Hand und im Gesicht, sonst wurde niemand verletzt.

Nach Polizeiangaben war der USB-Stick mit dem Sprengstoff Cyclonit gefüllt, der auch als T4, Hexogen oder RDX bekannt ist. Cyclonit ist ein militärischer Sprengstoff und kann allein als Basisladung für Sprengkapseln verwendet oder mit anderen Sprengstoffen wie TNT gemischt werden. Laut Polizeiangaben explodierte aber nur die Hälfte der rund einen Zentimeter großen Kapsel, als der Journalist den USB-Stick ansteckte. Die dürfte ihn vermutlich vor schwereren Verletzungen bewahrt haben.

Am Montag gab Fundamedios, eine ecuadorianische gemeinnützige Medienrechtsorganisation, vier weitere versuchte Anschläge auf Journalisten bekannt.

Weitere Sticks im Umlauf

Nach Angaben von Fundamedios erhielt Álvaro Rosero vom Radiosender Exa FM am 15. März einen Umschlag mit einem USB-Stick. Er gab ihn einem Produzenten. Dieser schloss den Stick mit einem Kabel und einem Adapter an einen Computer an. Der Produzent hatte Glück, denn der Stick explodierte nicht. Laut Angaben der Polizei dürfte der verwendete Adapter zu wenig Spannung gehabt haben, um den Sprengsatz zu zünden. Milton Pérez, ein Reporter des TV-Senders Teleamazonas, erhielt ebenfalls einen Stick, steckte ihn aber nicht richtig an den Computer an. Der Sprengsatz wurde nicht gezündet.

Die ecuadorianischen Polizei gelang es, einen vierten Stick abzufangen, der an Carlos Vera in Guayaquil geschickt worden war. Ein weiteres USB-Laufwerk, das Mauricio Ayora vom Fernsehsender TC Televisión erhielt, konnte von der Polizei kontrolliert zur Detonation gebracht werden, wie die BBC berichtet.

Die ecuadorianische Innenministerin Juana Zapata bestätigte, dass in allen fünf Fällen derselbe USB-Gerätetyp verwendet wurde. Es handle sich um eine "absolut klare Botschaft, um Journalisten zum Schweigen zu bringen", sagte Zapata gegenüber der AFP.

Drogenkrieg in den Anden

Die Motive hinter den versuchten Anschlägen auf Journalisten sind noch unklar. Die ecuadorianische Regierung stuft die Taten als Terrorismus ein. Laut der Medien-NGO wurde Artieda in einem Begleitbrief persönlich bedroht. Jenem USB-Stick, der an TC Televisión ging, lag ein Schreiben bei, in dem einer nicht näher genannten politischen Gruppierung gedroht wird. In einem dritten Brief ist laut "Ars Technica" von einer Entlarvung des "Correísmo" die Rede. Als "Correísmo" wird die politische Bewegung des ehemaligen ecuadorianischen Präsidenten Correa bezeichnet.

In Ecuador hat die Gewalt in den vergangenen Monaten stark zugenommen, was laut Präsident Guillermo Lasso auf einen Krieg zwischen Drogenhändlerbanden zurückzuführen ist. Das Land in den Anden wird von den Nachbarländern Peru und Kolumbien aus als Route für den Kokainschmuggel genutzt. In Guayaquil, der zweitgrößten Stadt Ecuadors, kam es zu dramatischen Gewaltausbrüchen. Unter anderem wurden enthauptete Leichen auf Fußgängerbrücken gehängt. In den Gefängnissen kam es zu tödlichen Unruhen. Drei der Sprengsätze wurden an Medienhäuser in Guayaquil geschickt. (pez, 23.3.2023)