Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Yara Hofbauer, wieso es weiterhin Hürden dabei gibt, für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu erhalten.

Gleichwertige Arbeit ist gleich zu entlohnen, auch dann, wenn Mitarbeitende weniger fordern, als ihnen zusteht. In Bezug auf Diskriminierung auf Basis des Geschlechts hat der Oberste Gerichtshof bereits 1998 festgehalten, dass niedrigere Gehaltsvorstellungen eine Entgeltdiskriminierung jedenfalls nicht rechtfertigen. Zwar muss dieser Grundsatz nunmehr seit 25 Jahren von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern berücksichtigt werden, dennoch sorgte eine kürzlich ähnlich lautende Entscheidung des deutschen Bundesarbeitsgerichts, wonach ein unterschiedlich gutes Verhandlungsgeschick der Arbeitnehmenden keine Rechtfertigung für diskriminierende Bezahlung darstellt, für Aufsehen.

Wird die gleiche Leistung ungleich entlohnt, kann rechtlich dagegen vorgegangen werden. Doch dazu benötigt es Transparenz.
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Denn trotz der klaren Rechtslage erstaunt der Umstand, dass gleichwertige Arbeit gleich zu entlohnen ist, scheinbar immer noch. So raunte mir eine Führungskraft eines Unternehmens der öffentlichen Hand unlängst zu, dass man dann wohl massig Rücklagen für die Ausgleichszahlungen bilden müsste, wenn das tatsächlich so gelebt würde.

Bescheidenheit darf nicht zu Diskriminierung führen

Immer noch wird oft damit argumentiert, dass Frauen eben schlechter verhandeln würden, dass sie sich mit ihrer (erlernten!) Bescheidenheit schaden würden, selbstbewusster auftreten, sich mehr trauen, mehr bluffen, kurz: eben mehr wie Männer agieren müssten. Ganz unabhängig davon, dass die Lösung einer gleichgestellten Arbeitswelt nicht darin liegt, Frauen "passend zu machen" und somit ihnen die Bürde einer Gleichstellung aufzuerlegen, widerspricht dieser Ansatz auch schlicht dem Antidiskriminierungsrecht.

Zudem sind ja bei Weitem nicht nur zurückhaltende Frauen von einer solchen Diskriminierung betroffen, auch Männer, die ungern für sich einstehen oder auf den Tisch hauen, müssen bei Missachtung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit mit weniger Entlohnung leben. Ganz unabhängig davon, wie wertvoll ihre Arbeit tatsächlich ist. Ein weiteres, immer wieder vorgebrachtes Argument für ungleiche Entlohnung der Arbeitskräfte ist die schwankende wirtschaftliche Lage sowie die Frage, ob es sich gerade um einen "Arbeitnehmer- oder Arbeitgebermarkt" handeln würde. Tatsächlich ist es aber fraglich, ob diese Argumentation als sachliche Rechtfertigung für eine ungleiche Entlohnung halten würde.

Fehlende Transparenz als entscheidender Faktor

Um auf Basis antidiskriminierungsrechtlicher Bestimmungen die gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit geltend machen zu können, muss zumindest der Anschein bestehen, dass die benachteiligende Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit dem Geschlecht des Antragsstellers oder der Antragstellerin steht. Die hierfür erforderlichen Informationen sind aufgrund der noch immer bestehenden Entlohnungsintransparenz in vielen Betrieben allerdings für Betroffene oft unzureichend zugänglich.

Zwar besteht in Österreich grundsätzlich die Verpflichtung für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die dauernd mehr als 150 Arbeitnehmende beschäftigen, alle zwei Jahre einen Einkommensbericht zu erstellen. Allerdings sind die darin veröffentlichten Angaben zu anonymisieren, und es werden lediglich Durchschnittsentgelte von Männern und Frauen bekanntgegeben. Zudem ist die Qualität der Einkommensberichte – zu deren Ausgestaltung das Gesetz schweigt – sehr unterschiedlich. Ein konkreter Vergleich mit Kolleginnen und Kollegen, die gleichartige beziehungsweise gleichwertige Arbeit leisten, sowie die Möglichkeit, zu sehen, ob eine ungleiche Entlohnung in Zusammenhang mit dem Geschlecht steht, sind so nur ausgesprochen schwer möglich. Es bleibt also der Austausch unter den Arbeitnehmenden selbst, wobei in unseren Breitengraden über Geld generell eher zurückhaltend gesprochen wird. Vornehme Intransparenz dient hier aber lediglich der Aufrechterhaltung diskriminierender Entlohnung. (Yara Hofbauer, 27.3.2023)