UN-Generalsekretär António Guterres (im Bild mit Ratspräsident Charles Michel und zahlreichen Mikrofonen) kam nach Brüssel.

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Viele Themen, dazu nationale Wünsche auf dem Verhandlungstisch, lange Debatten, kaum Entscheidungen. Davon war der Donnerstag begonnene zweitägige EU-Gipfel in Brüssel geprägt. Die 27 Staats- und Regierungschefs unterstrichen ihre harte Linie gegen Moskau wegen des Ukrainekrieges.

Dass gegen Präsident Wladimir Putin vom Internationalen Strafgerichtshof ein Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen wurde, nahmen sie "zur Kenntnis". Die EU setzt sich für ein eigenes Tribunal in Den Haag ein.

Bestätigt wurde die Entscheidung, der Ukraine binnen zwölf Monaten eine große Menge Munition zu liefern, unter anderem eine Million Artilleriegeschosse. Der Regierung in Kiew wurde weiterhin "jede nötige Hilfe" zugesagt, um das ukrainische Territorium zu verteidigen. Russland ist aufgefordert, den Krieg zu beenden und sich hinter die international anerkannten Landesgrenzen zurückzuziehen, also die eroberten Gebiete aufzugeben.

Diese Forderungen gibt es seit Kriegsbeginn. Gleich zu Beginn des Treffens stieß UN-Generalsekretär Antonio Guterres zur Runde von zunächst 26 Regierungschefs. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verspätete sich um Stunden wegen der innenpolitischen Probleme zu Hause, wegen eines Generalstreiks.

Blaupause für ein Abkommen

Guterres ist als früherer Premierminister von Portugal den Europäern eng verbunden. Den UN könnte neben der Türkei eine Schlüsselrolle zufallen in der Vermittlung von Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine, sagen Diplomaten. Guterres hatte mit Ankara im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass es bereits ein solches Format gibt, in dem die Lieferung von Getreide auf die Weltmärkte besprochen wird. Das ist vor allem für viele ärmere Staaten wichtig.

Am Nachmittag wurde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videokonferenz nach Brüssel zugeschaltet. Ihm wurde, wie schon bei seinem physischen Auftritt beim EU-Gipfel im Februar, die volle Unterstützung der EU-Partner zugesagt.

Die drei baltischen Staaten und die Ukraine fordern einen noch schnelleren Aufbau der militärischen Hilfe für Kiew. Österreich als neutrales Land enthielt sich so wie Irland und Malta bei der Abstimmung "konstruktiv" der Stimme. Man ermöglicht so Waffenlieferung in voller EU-Solidarität, wie Kanzler Karl Nehammer betonte. Österreich zahlt wie alle Mitgliedsländer in den EU-Topf der "Friedensfazilität" gemäß Größe und Wirtschaftskraft ein, zahlt aber formell nur für "nicht-letale Ausrüstung".

Auf gutem Wege

Offiziell kein Thema, aber am Rande besprochen wurde der Streit um das Verbot der Neuzulassung von Verbrennermotoren ab 2035. Wie berichtet, bestehen Italien, Polen, Bulgarien, Tschechien und Österreich unter Führung von Deutschland auf Ausnahmen für Autos und Klein-Lkws, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.

Laut dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz gebe es dazu "klare Verständigungen in Europa", dass es eine von der EU-Kommission vorzulegende Regelung geben solle, "die sicherstellt, dass nach 2035 Autos, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, weiter zugelassen werden können". Das sei "schon Konsens", betonte Scholz. Es gehe nur noch "pragmatisch darum, die von der Kommission längst gegebene Zusage umzusetzen". Kritik an Deutschland wies er zurück: "Wenn ich die Gespräche zwischen Kommission und Regierung richtig verstehe, ist das alles auf gutem Weg." (Thomas Mayer aus Brüssel, 23.3.2023)