Für private Interessenten und solche in Museen aus aller Welt wurde das Skelett aufwendig inszeniert.
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Wer dieser Tage die Online-Wissenschaftsseiten der "New York Times" besucht, stolpert unweigerlich über ein ziemlich außergewöhnliches und unübersehbares Inserat. Es weist multimedial darauf hin, dass im April zum ersten Mal in Europa das Fossil eines Tyrannosaurus rex unter den Hammer kommen wird – und das nicht ohne Kritik aus der Wissenschaft.

Genauer besehen handelt es sich bei dem Objekt, das am 18. April in Zürich versteigert werden wird, um eine Mischung aus den Knochen von gleich drei Vertretern dieser ikonischen Dinosaurierspezies, die zwischen 2008 und 2013 in Montana und Wyoming ausgegraben wurden. Das Exemplar heißt deshalb auch Trinity (also Dreieinigkeit) oder kurz: TRX-293.

Trinity besteht aus 293 Knochen von drei T.-rex-Exemplaren. Knapp die Hälfte der Knochen sind allerdings künstlich.
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Ein Experte bezeichnete es kürzlich etwas weniger wohlwollend als "Frankenstein-Rex". 293 gibt übrigens die Zahl der Einzelknochen an, aus denen Trinity besteht. Original sind davon aber nur 50 Prozent der Knochen, was laut Auktionskatalog einem guten Wert entspricht.

Herkunft aus einer Privatsammlung

Wer das 11,6 Meter lange und 3,9 Meter hohe sowie 67 Millionen Jahre alte Skelett ersteigern möchte, muss tief in die Tasche greifen. Der Rufpreis liegt bei fünf Millionen Franken (rund 5,09 Millionen Euro). Im Katalog des zuständigen Auktionshauses Koller wird mit einem Verkaufspreis von eher acht Millionen Franken (8,14 Millionen Euro) gerechnet.

Trinity ist damit der erst dritte T. rex, der auf diese Weise den Besitzer wechselt. Die versteinerte Artgenossin Sue kam 1997 für 8,4 Millionen Dollar unter den Hammer, Stan erzielte 2020 bei Christie's den Weltrekordpreis von 31,8 Millionen Dollar. Koller gab an, den derzeitigen Besitzer nicht nennen zu können, sondern nur, dass es aus einer Privatsammlung stammt.

Der eindrucksvolle Schädel von TRX-293.
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Hinter der Auktion mit dem Titel "Out of This World" – zur Versteigerung kommen unter anderem auch ein Meteoritenfragment und ein Astronautenanzug – steht ein ehemaliger professioneller Magier namens Christian Link, der sich auf den Handel mit wissenschaftlichen Objekten spezialisiert hat. Seinen Kontakten ist es auch zu verdanken, dass die Versteigerung in Zürich stattfindet, wie die "NZZ" berichtete.

Kritik von Paläontologen

Der Verkauf von Saurierskeletten an Private ist nicht unumstritten. Wissenschafterinnen und Wissenschafter befürchten, dass ihnen dadurch wertvolles Forschungsmaterial entgehen könnte. Steve Brusatte (Universität Edinburgh), einer der führende T.-rex-Spezialisten, sagte in einem Zeitungsinterview, dass die Knochen "in ein Museum gehören, wo sie sicher aufbewahrt und von Wissenschaftern studiert werden können und Kinder und Bürger aller Altersgruppen inspirieren".

Sein Kollege Thomas Carr (Carthage College in Wisconsin) ergänzte in der britischen Zeitung "Independent": "Die Versteigerung von Trinity ist nur die Spitze eines sehr hässlichen und ausufernden Eisbergs, bei dem jeder verliert, der sich für die natürliche Welt interessiert, von Schulkindern bis hin zu Wissenschaftern."

Das Dino-Interesse der Millionäre

Zwar hofft auch Christian Link, dass sich ein naturhistorisches Museum beim Bieterwettkampf durchsetzen wird – so wie auch bei Sue, die letztlich im Field Museum in Chicago landete, allerdings nur dank großzügiger Sponsorenhilfe. Und Stan fand in einem Museum in Abu Dhabi seinen vorläufigen Bestimmungsort.

Doch es steht im Fall von Trinity zu befürchten, dass ein Privater das Rennen machen könnte, was in der Jagd nach Dinosaurierknochen eine gewisse Tradition hat: Schon im 19. Jahrhundert finanzierten Millionäre wie J. P. Morgan, John D. Rockefeller und andere US-amerikanische Tycoons Ausgrabungen der Fossilien. Zuletzt stritten sich auch Berühmtheiten aus dem Showbusiness um Dino-Knochen: 2007 überbot Nicolas Cage seinen Kollegen Leonardo DiCaprio bei einer Auktion in Beverly Hills für einen Schädel von Tyrannosaurus bataar, einem Verwandten des T. rex.

Ab Mittwoch in Zürich zu sehen

Das Auktionshaus Koller versuchte jedenfalls bereits im Vorhinein, die Kritik aus der Wissenschaft zu entkräften. Im Katalog wird der Sammlungskurator des geplanten neuen Naturhistorischen Museums der Universität Zürich mit den Worten zitiert, dass der Handel mit Saurierskeletten mit dem Kunsthandel vergleichbar sei. Früher oder später würden die meisten privat verkauften Exemplare in einem öffentlich zugänglichen Umfeld auftauchen.

Wer auf Nummer sicher gehen und Trinity noch schnell sehen möchte, muss sich beeilen: Das Skelett, das im Dezember aus den USA in die Schweiz geliefert wurde, wird ab Mittwoch in der Zürcher Tonhalle auf Voranmeldung zu besichtigen sein. Wo es nach dem 18. April landen wird, ist ungewiss. (Klaus Taschwer, 27.23.2023)