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Mira Murati ist Chief Technology Officer bei OpenAI, dem Hersteller des gehypten KI-Chatbot ChatGPT.

Foto: JP YIM / AFP / picturedesk.com

Mira Murati findet ungewöhnlich klare Worte für ihre Bedenken. Künstliche Intelligenz, erklärte sie unter anderem in einem Interview mit dem "Time Magazine", müsse wegen ihrer weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft klaren Regeln unterworfen werden. Eine durchaus nachvollziehbare Position, die nur deshalb ungewöhnlich scheint, weil Murati die Rolle des Chief Technology Officers (CTO) bei OpenAI bekleidet – und somit die Entwicklung von ChatGPT und der Bilder-KI Dall-E zu verantworten hat. Gemeinsam mit Firmenchef Sam Altman ist sie also eine der wichtigsten Schlüsselfiguren im aktuellen Hype um generative KI, der selbst Großkonzerne wie Google und Microsoft aufgescheucht hat.

Umso verwunderlicher scheint es, dass Murati von einem Nachrichtenmedium zum nächsten zieht, um dafür zu appellieren, ihre eigenen Errungenschaften mit Auflagen zu versehen. Dass ihre Arbeitsweise damit weit von der üblichen Gangart des Silicon Valley abweicht, scheint ihr allerdings egal zu sein. Zurecht, wenn man sich das brennende Interesse an ChatGPT in Gedanken ruft.

Öffnung nach außen

Die 35-Jährige ist davon überzeugt, dass der Erfolg von KI-Systemen davon abhängt, dass man die Öffentlichkeit von Anfang an in die Entwicklung einbezieht, erklärte sie in einem Interview mit der "Daily Show" vom Oktober. "Wir wollen, dass die Menschen verstehen, wozu KI in der Lage ist. Und wir wollen, dass Menschen … darüber nachdenken, was das bedeutet", sagte sie damals.

Diese Taktik scheint Früchte zu tragen, und die öffentliche Wahrnehmung soweit beeinflusst zu haben, dass OpenAI als innovativer Vorreiter dasteht. Schon seit Monaten ist es möglich, sich mit ChatGPT zu unterhalten, sich Computercode, Gedichte oder Gutenachtgeschichten erstellen zu lassen. Selbst bei der Lösung von Hausübungen oder Universitätsaufgaben kann das KI-Tool helfen, wenn man es richtig einsetzt. Dass das Unternehmen nicht als einziges an vergleichbaren Technologien arbeitet, ist dabei egal. Obwohl Google hinter verschlossenen Türen schon seit vielen Jahren an KI forscht, hat es seinen eigenen Chatbot erst vergangenen Dienstag veröffentlicht.

KI-Fan dank Tesla

Mit künstlicher Intelligenz kam Mira Murati nicht erst bei OpenAI in Berührung. Geboren in der albanischen Küstenstadt Vlorë, zog sie im Alter von 16 Jahren nach Victoria, Kanada, um das Pearson United World College of the Pacific zu besuchen. Es folgte ein Maschinenbau-Studium an der US-Eliteuniversität Dartmouth College, das sie 2012 mit einem Bachelor abschloss – der den Grundstein für eine beeindruckende Karriere legen sollte.

The Daily Show

Nach einem Praktikum bei der Großbank Goldman Sachs im Jahr 2011 heuerte Murati beim Luftfahrtunternehmen Zodiac Aerospace an, gefolgt von einer Stelle als Produktmanagerin bei Tesla. Drei Jahre lang war sie hier an der Entwicklung des Model X beteiligt, eines mittlerweile beliebten E-Autos des Herstellers. Aber nicht nur das: Wie "Fast Company" berichtet, war es ihre Zeit bei Tesla, die Muratis Interesse an künstlicher Intelligenz geweckt hat. Noch als sie dort war, habe der Elektroautobauer eine erste Version seines mittlerweile umstrittenen, aber KI-gestützten Autopiloten veröffentlicht. Nach einem zweijährigen Zwischenstopp beim Virtual-Reality-Unternehmen Leap Motion, endete Mira Murati deshalb 2018 bei OpenAI – wo sie seit Mai 2022 den Posten des Chief Technology Officers bekleidet.

Realitätsbezug

Selbstbewusst und eloquent kommuniziert sie seither die Stärken der eigenen Technologien, ohne den Zuseherinnen und Zusehern das Gefühl zu vermitteln, den Bezug zur Realität zu verlieren. In einem Interview mit dem "Time Magazine" offenbart sie zwar ihre Überzeugung, dass ChatGPT das Potenzial hat, unsere Leben grundlegend zu verändern. Sie nimmt jedoch bis heute auch kein Blatt vor den Mund, wenn es um die potenziellen Gefahren künstlicher Intelligenz geht.

"Es gibt zahlreiche Fragen zu den Auswirkungen auf die Gesellschaft, und viele ethische und philosophische Fragen, die wir berücksichtigen müssen", sagt Murati gegenüber dem Magazin. Es sei deshalb wichtig, dass möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen in den Dialog über Chancen und Risiken einbezogen werden, seien es Philosophen, Sozialwissenschafterinnen oder Künstler. Ohne der Hilfe von Außenstehenden sei es Unternehmen wie OpenAI überhaupt nicht möglich, "auf kontrollierte und verantwortungsvolle Weise" ein öffentliches Bewusstsein zu schaffen. Input brauche es deshalb auch von Regulierungsbehörden und Regierungen.

Zu Zeiten, in denen Unternehmen wie Microsoft ihr Team für KI-Ethik auflösen, setzt Mira Murati damit ein klares Zeichen. Immerhin sollte dieses einst den verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz sicherstellen. Ein Ziel, das die OpenAI-Managerin nicht aus den Augen zu verlieren scheint. (Mickey Manakas, 24.3.2023)