Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) im neuen "Tatort" aus Köln.

Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Martin Valentin Menke

Unaufhaltsam fressen sich die gewaltigen Schaufelbagger ins Kohlegebiet. Man sieht sie manchmal in der Ferne, weiß aber: Sie sind im Kölner "Tatort" am Sonntag in ORF 2 und in der ARD immer da.

"Abbruchkante" heißt er, und an dieser steht auch das kleine, schon halb verlassene Dorf Alt-Bützenich. Die Anspielung auf das reale Lützerath, das für den Kohleabbau hat weichen müssen, ist klar.

Der Arzt des Ortes, ein mäßig sympathischer Mensch, wird erschossen, und Freddy Schenk (Dietmar Bär) hat seine private Energiekrise: In seinem aktu ellen spritfressenden Oldtimer ist das Licht kaputt. Also muss er sich mit Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) in einer eigentlich schon abgewickelten Pension einquartieren. Die ist so von gestern wie der ganze Ort, aber immerhin erfahren die beiden von der Dorfalten (wunderbar: Barbara Nüsse) so einiges über Verzweiflung, das Zusammenbrechen der Dorfgemeinschaft, Gier, Spekulation und die Madonna in der Kirche.

Es ist (auch) ein "Tatort "über die Energiewende, ohne dass diese jemals wirklich thematisiert wird. Die gelungenen Aufnahmen des toten und stillen Ortes sprechen für sich. Die Einsamkeit ist so zum Greifen, dass Ballauf lieber doch wieder einmal bei seiner Liebe anruft.

Der Mörder oder die Mörderin muss natürlich auch gefunden werden, was im Gegensatz zu den elegischen Bildern steht. Am Schluss dreht sich das Karussell ganz schön wild konstruiert und erinnert an Agatha Christie.

Doch es bleibt ein eindrucksvoller "Tatort "über die Verzweiflung von Menschen, die sich kaum wehren können und dann an ihrem Lebensende einfach nicht mehr weiterwissen. (Birgit Baumann, 25.3.2023)