Das englische Adjektiv "buzzing" beschreibt die aktuelle Stimmung in Hongkong treffend. Die Kunstszene scheint zu vibrieren. Nach langer Isolation kann die Metropole seit Dezember ohne Einschränkungen von internationalem Publikum besucht werden. Mit einer Art Week und unter dem Motto "Hello Hong Kong" lockte man dieser Tage in die Stadt: zum diesjährigen lokalen Ableger der Art Basel, zu zahlreichen Galerieausstellungen und Neueröffnungen – allen voran dem M+ im frisch angelegten West Kowloon Cultural District. In Kooperation mit der Art Basel lud man die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist ein, um die gigantische Fassade des neuen Prestigemuseums mit der Videoarbeit Hand Me Your Trust zu bespielen. Weithin über dem Hafen sichtbar, steht das Werk stellvertretend für eine Kunstszene, die sich wieder erholt hat.

Bester Stand auf der Messe, urteilte das Magazin "Artnews" über die Präsentation der Berliner Galerie Neugeriemschneider: mit Werken zahlreicher Künstler vor Thomas Bayrles Tapetendruck "Stadt" (1976/2013)
Foto: Courtesy Art Basel

Weniger Teilnehmer aus Europa

Mit 177 teilnehmenden Galerien ist die Art Basel Hong Kong üppiger aufgestellt als bei den letzten beiden Covid-Ausgaben, dennoch sind es noch etwa 27 Prozent weniger als 2019. Gestiegen ist der Anteil asiatischer Galerien, die mit etwa zwei Dritteln (davon 33 aus Hongkong) sehr stark vertreten sind. Die weiterhin bestehende Planungsunsicherheit ist an weniger Teilnehmenden aus Europa und den USA sowie der überwiegenden Präsenz asiatischer – vor allem chinesischer – Sammlerinnen ablesbar.

Viele schienen bereits am ersten Preview-Tag zuzuschlagen. Thaddaeus Ropac beispielsweise vermeldete 14 Verkäufe, darunter ein Gemälde von Georg Baselitz um 1,4 Millionen Euro. Neben dem Salzburger Großgaleristen war aus Österreich nur Rosemarie Schwarzwälder von der Galerie nächst St. Stephan vertreten. Ursula Krinzinger, die auf der Messe seit ihrer Gründung vor zehn Jahren stets dabei war, nahm diesmal nicht teil.

Kaum politische Kunst

Auch die politische Lage in Hongkong hat sich seit 2019 verändert. Der zunehmende Einfluss der chinesischen Regierung auf die Sonderverwaltungszone ist laut der neuen Direktorin der Art Basel Hong Kong, Angelle Siyang-Le, für die Kunstmesse jedoch nicht spürbar gewesen. Trotz des 2020 verabschiedeten Nationalen Sicherheitsgesetzes habe sich nichts an den Abläufen geändert, keines der ausgestellten Kunstwerke sei von Zensur betroffen gewesen, so Siyang-Le.

Die Galerie Hauser & Wirth betreibt auch eine Niederlassung in Hongkong und verkaufte zum Auftakt der Messe einige Kunstwerke an Museen.
Foto: Courtesy Art Basel

Bis auf eine Großinstallation mit Tierkopfpuppen des südkoreanischen Künstlers Gimhongsok – die von diversen Schicksalen, auch dem eines politischen Dissidenten, klagen und Teil des kuratierten Sektors "Encounters" waren – fanden sich kaum offensichtlich politische Arbeiten. Inhaltlich sei kein eindeutiger Trend auszumachen, bestätigt auch die Direktorin, allerdings ein Hang zu mehr Diversität künstlerischer Medien.

Kein Winnie-the-Pooh

Neben (vor allem abstrakter und knalliger) Malerei waren zahlreiche Assemblagen, Wandinstallationen sowie Skulpturen zu sehen. Zwischendurch tauchten auffallend oft popkulturelle Figuren auf – seien es Hello Kitty oder Manga bei Kaikai Kiki aus Tokio, surreale Wesen bei Tang Contemporary Art oder Cartooncharaktere wie Spongebob Schwammkopf bei David Zwirner. Ein Winnie the Pooh – der dem Präsidenten Chinas verhasste Bär – war allerdings nirgends auszumachen. (Katharina Rustler aus Hongkong, 24.3.2023)