Wie können wir arbeiten, damit das Auskommen jetzt und in der Zukunft gesichert ist – und trotzdem noch Zeit für die Familie bleibt? Viel wurde zuletzt über die Nachteile von geringen Erwerbsarbeitsstunden diskutiert. Vor allem Frauen arbeiten in Teilzeit, übernehmen die Kinderbetreuung – und geraten so häufiger in die Gefahr der Altersarmut. Und wenn beide Eltern Vollzeit oder über 30 Stunden arbeiten? Auch da zersprageln sich viele zwischen Familien- und Lohnarbeit. Nur 36 Prozent der Kinderbetreuungsplätze sind mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar. Sind die Kinder länger krank oder brauchen die Großeltern Pflegehilfe, dann bricht die fragile Familienorganisation zusammen.

Wie ist das für Paare, bei denen einer oder eine allein fürs Familieneinkommen sorgt – und der oder die andere gänzlich für die Kinderbetreuung und die Sorgearbeit zuständig ist? Fünf Menschen erzählen, wie es für sie ist, allein für das Einkommen zuständig zu sein, wie sie sich als Vollzeithausfrau fühlen. Und ob sie sich bewusst für dieses Modell entschieden haben – oder nur reingerutscht sind.

Carmen: "Es ergibt keinen Sinn, dass mein Mann auch arbeitet"

Carmen verdient allein das Geld für ihre vierköpfige Familie.
Foto: Florian Scheible

Bevor wir vor zwei Jahren nach Tirol gezogen sind, lebten wir in Kalifornien. Dort hätten wir es uns nicht leisten können, dass einer von uns beiden bei den Kindern zu Hause bleibt. Das Leben in Österreich ist viel langsamer und billiger. Weniger Stress war ein Grund, warum wir hergezogen sind. Die staatlichen Unterstützungen sind phänomenal, und es gibt praktisch keine Grundsteuern für das Haus, abgesehen von ein paar Hundert Euro. In den USA haben wir 1.500 Dollar im Monat allein dafür bezahlt. Allerdings ist das Gehalt auf einem niedrigeren Niveau.

Ich arbeite Vollzeit in einem internationalen Unternehmen und verdiene gut. Mein Mann ist zu Hause und macht den Haushalt und die Kinderbetreuung. Mir wurde erst hier bewusst, dass mein Mann bei mir mitversichert sein kann – und es mich keinen Cent mehr kostet.

Dass wir beide arbeiten, ginge sehr schwer, weil es hier auf dem Land keine Nannies oder Haushaltshilfen gibt. Wir kommen so locker durch, dass es keinen Sinn ergibt, dass mein Mann auch arbeitet. Zur Arbeitsteilung muss ich aber sagen: Bei mir bleibt noch immer etwas hängen, was wahrscheinlich nicht der Fall wäre, wenn ich die Hausfrau wäre. Ich wasche noch immer die Wäsche und putze, weil wir hier einfach keine Putzkraft finden. Ich manage auch noch immer die Kalender von den Kindern, aber mein Mann bringt sie dann hin, zum Sport, zu Kursen oder was sie auch immer haben. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nicht oft genug, um sie wirklich nützen zu können, deshalb sind wir sehr auf das Auto angewiesen, um die Kinder zu den verschiedenen Aktivitäten zu chauffieren. Mein Mann kocht, macht alles mit den Kindern, die jetzt acht und elf Jahre alt sind.

"Ich wusste auch immer, dass ich Karriere machen will. Ich würde nie Hausfrau sein wollen."

Dass mein Mann zu Hause ist und ich arbeite, empfindet er nicht als komisch. Das liegt allerdings sicher daran, dass unser soziales Umfeld fast nur aus Expats und Deutschen besteht. Manchmal ist es schon seltsam, wenn man neue Leute kennenlernt und gefragt wird, was man so macht – und mein Mann sagt, er ist bei den Kindern zu Hause. Besonders Menschen, die hier aufgewachsen sind, verstehen das überhaupt nicht, in Kalifornien war das ganz anders. Es gibt viele gleichgeschlechtliche Paare, und auch wenn der Mann bei den Kindern ist, ist das völlig normal. Die Geschlechterrollen und die Aufteilung, wer was macht, sind hier in Österreich sehr traditionell.

Ich selbst könnte mir nicht vorstellen, nicht arbeiten zu gehen. Ich bin mit 18 in die USA gezogen, ich wollte auf eigenen Füßen stehen. Ich wusste auch immer, dass ich Karriere machen will. Ich würde nie Hausfrau sein wollen. Ich finde es besonders für meine Tochter wichtig, ein Beispiel für sie zu sein.

Matthias: "Die Krippe kam für uns nicht infrage"

Allein zu verdienen ist für Matthias eine Last.
Foto: Regine Hendrich

Das Familieneinkommen allein bestreiten zu müssen ist kein Kindergeburtstag. Dabei spielt es meines Erachtens auch keine so große Rolle, wie hoch das Einkommen des Alleinverdienenden ausfällt. Es belastet einen ganz einfach. Ich bin in der glücklichen Situation, einen sicheren, auch gutbezahlten Job zu haben, den ich zudem auch sehr gerne mache. Bei einem Vier-Personen-Haushalt aber relativiert sich das. Vor einiger Zeit konnte mittels Einkommensrechner beim STANDARD ermittelt werden, zu welcher "Einkommensklasse" man zählt. Das Resultat hat mich etwas beunruhigt: "untere Mittelklasse".

Für meine Frau war nicht von vornherein klar, dass sie "trotz" Studiums der Veterinärmedizin bei unseren beiden Töchtern, mittlerweile drei und sechs Jahre alt, zu Hause bleiben wird. Mit Geburt der ersten Tochter war es aber schnell selbstverständlich. Die Arbeit, die sie macht, kann in Wahrheit nicht mit Geld bemessen werden. Dasselbe gilt für meine Mutter, die fünf Buben mehr oder weniger allein großgezogen hat. Unser Vater war auch Alleinverdiener.

"Solange das Kind nicht sicher untergebracht ist, wird man sich schwertun, einen Job anzunehmen."

Dass wir unsere Kinder in eine Krippe geben, kam für uns beide nie infrage. Das hat vielleicht damit zu tun, dass wir vom Land kommen. Außerdem sind die Verdienstchancen als angestellte Tierärztin – vor allem "in Teilzeit" – sehr bescheiden. Für die ältere Tochter haben wir ab dem verpflichtenden Kindergartenjahr einen Platz in einem sehr guten städtischen Kindergarten bekommen.

Für den Wiedereinstieg meiner Frau in die Arbeitswelt mussten wir auch für die Jüngere einen Kindergarten aufstellen, was insofern schwierig war, als man mangels Berufstätigkeit ja keinen Anspruch hat. Da beißt sich dann die Katze in den Schwanz. Denn solange das Kind nicht sicher untergebracht ist, wird man sich schwertun, einen Job anzunehmen. Mittlerweile geht auch die Jüngere in denselben Kindergarten wie ihre Schwester zuvor. Darüber sind wir sehr froh und wissen, wie gut man es diesbezüglich vor allem in Wien hat.

Natürlich sehe ich den Wert der Arbeit meiner Frau für unsere Familie. Eine gewisse Last, für das Familieneinkommen allein verantwortlich zu sein, verspürt man aber trotzdem. Gleichzeitig frage ich mich oft, wie das andere, weniger gut verdienende Mitmenschen bewältigen.

Karin: "Es ist peinlich"

Es ist schon eine peinliche Situation. Mein Mann ist derzeit alleinverdienend, normalerweise arbeite ich als Beamtin, doch jetzt bin ich seit vier Jahren daheim bei meinen Kindern. Ich habe bei meinem ersten Kind das einkommensabhängige Modell genommen, bin aber dann noch ein Jahr daheimgeblieben und habe im zweiten Jahr das Geld verwendet, das ich mir im ersten Jahr beiseitelegen konnte. Bei uns im Ort bekamen Kinder erst ab zweieinhalb Jahren einen öffentlichen Kinderbetreuungsplatz. Beim zweiten Kind bekam ich nur den geringsten Tagessatz Karenzgeld. Insgesamt bleibt uns so wenig, dass wir im Sozialmarkt einkaufen müssen. Dass mein Mann allein verdient, findet er prinzipiell gut: Ich glaube, das ist so ein Männerding. Aber es belastet ihn psychisch, auch wenn er es nicht zugeben würde.

"Zeitweise ist man als Mutter gezwungen, bei den Kindern zu Hause zu bleiben."

Wenn man Geld vom Mann braucht, fühlt man sich nicht gleichgestellt. Ich gehe gerne arbeiten und habe gern mein eigenes Geld. Ich will nicht zu meinem Mann laufen, wenn ich was haben will, aber das ist derzeit leider die Situation – und die geht mir ziemlich auf die Nerven. Vergangenen Herbst habe ich in meiner Firma angefragt, ob ich früher zurückkommen kann. Aber meinen Job macht jetzt eine Karenzvertretung. Ich hätte etwas anderes machen müssen. Man konnte mir aber nicht sagen, was und für wie viele Stunden, deshalb konnte ich nicht zusagen. Jetzt fange ich im Mai wieder an, dann wird hoffentlich alles wieder leichter. Ich würde gern Vollzeit arbeiten, aber der Kinderbetreuungsplatz hat nur bis 15 Uhr geöffnet.

Leider wird es einer Mutter in Niederösterreich nicht einfach gemacht, zu ihren gewünschten Zeiten wieder ins Berufsleben einzusteigen. Zeitweise ist man als Mutter gezwungen, bei den Kindern zu Hause zu bleiben. Mein Mann verdient das Doppelte wie ich, dass die Männer so viel mehr verdienen, ist auch ein Problem.

Anna: "Die Chefin sagte: 'Immer das Gleiche mit Frauen mit Kindern'"

Dass ich von einer feministischen Frau zur Hausfrau werde, habe ich nicht erwartet. Ich bin seit dem Sommer bei meinen drei Kindern zu Hause. Mein Mann empfindet es als Belastung, Alleinverdiener zu sein.

Nach meiner ersten Schwangerschaft wollte ich rasch wieder arbeiten, doch es lief anders. Ich habe als Juristin gearbeitet und bin gependelt. Bei meinem zweiten Kind hatte ich einen Job näher bei unserem Wohnort, trotzdem musste ich wieder pendeln. 40 Stunden war dort ein Muss.

"Ich will auch als dreifache Mutter einer Tätigkeit nachgehen, die meiner Ausbildung entspricht und mich erfüllt."

Meine Kinder waren damals fünf und zwei. Mein Mann hat den Morgen übernommen, ich musste vor sechs aus dem Haus. Als mein Mann länger krank war, sagte ich meiner Chefin, ich könne erst um 8.20 im Büro sein. Sie sagte, es sei immer das Gleiche mit Frauen mit Kindern. Ich will nicht nur um des Arbeitens willen arbeiten, obwohl mir das Thema Pension schon große Sorgen bereitet. Ich will auch als dreifache Mutter einer Tätigkeit nachgehen, die meiner Ausbildung entspricht und mich erfüllt, wenn ich dem Beruf wieder mehr Zeit widmen kann. Viele glauben, dass mit der Schulreife das Gröbste vorbei ist. Doch das Gegenteil der Fall.

Oft ist die Nachmittagsbetreuung von Schulkindern schlechter als in Kindergärten, und dann die vielen Ferien. Ältere Kinder wollen Sport treiben oder Instrumente spielen. Wer soll das organisieren, wenn nicht ich? Welcher Job bietet mir die nötige Flexibilität? Eine Kinderfrau können wir uns nicht leisten. Es wird also noch länger dauern, bis ich wieder voll berufstätig sein kann. Ich hoffe, es ist dann nicht zu spät.

Emanuel: "Es entsteht eine andere Rollenverteilung"

Für meine Ex-Partnerin und mich war immer klar, dass wir alles paritätisch aufteilen. Wir haben beide Vollzeit gearbeitet und uns den Luxus einer Putzkraft gegönnt. Den Rest der Hausarbeit haben wir aufgeteilt. Das hielten wir auch nach der Geburt unserer Tochter so. Unsere Trennung hatte nichts mit unserem Modell zu tun – das hat gut geklappt. Aber auch deshalb, weil wir beide gut verdienten, oft essen gehen konnten und für das Putzen jemanden hatten.

"Dadurch können von vornherein viele Konflikte vermieden werden, weil die Aufgabenverteilung klar ist."

Mit meiner neuen Freundin habe ich noch ein drittes Kind bekommen. Sie wollte daheimbleiben und ganz in ihrer Mutterrolle aufgehen. Es war ihr ausdrücklicher Wunsch – und damit entsteht automatisch eine ganz andere Rollenverteilung. Offen gesagt: Dadurch können von vornherein viele Konflikte vermieden werden, weil die Aufgabenverteilung klar ist. Ich verdiene das Geld und stelle es der Familie zur Verfügung. Natürlich helfe ich, aber das ist wirklich marginal. Wir haben vertraglich vorgesorgt, dass meine Partnerin dadurch nicht zu viel für ihre Pension verliert.

Ich kenne beide Modelle, beides hat Vor- und Nachteile. Wenn beide arbeiten und sich alles aufteilen, ist man auf Augenhöhe. Allerdings gibt es in vielen Situationen keine klare Aufgabenverteilung – und das heißt viel Organisationsarbeit. Wenn einer einen gutbezahlten Job hat und der andere zu Hause ist, wird das allerdings von außen als Schieflage wahrgenommen. (Beate Hausbichler 25.3.2023)