In trockenen Gebieten können laut dem Wasserexperten Roman Neunteufel eigene Teiche bei der Bewässerung von Anbauflächen nützlich sein.

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Trotz des Anblicks von wasserarmen Seen und trockenen Anbaufeldern ist eines sicher: Trinkwasser ist hierzulande noch zur Genüge vorhanden. Der Experte für Wasserversorgung, Roman Neunteufel, sagte dazu: "Bei der Situation, die wir in Österreich haben, ist das Raunzen auf hohem Niveau." Dennoch forscht er an der Universität für Bodenkultur in Wien daran, Österreich auf eine trockenere, heißere und bevölkerungsreichere Zukunft vorzubereiten. DER STANDARD sprach mit Neunteufel über die Gründe für das fehlende Wasser sowie über Möglichkeiten die lebensgebende Ressource zu bewahren.

STANDARD: Wird oder ist Wasserknappheit in Österreich ein Problem?

Neunteufel: Der Neusiedler See hat einen Tiefstand, der Zicksee ist mittlerweile ausgetrocknet. Das sind alles Dinge, die jetzt augenscheinlich werden. Für mich hat diese Entwicklung ab 2015 angefangen. Da hatten wir ein sehr trockenes Jahr. Ab 2015 hat es höchstens durchschnittlich oder unterdurchschnittlich viel geregnet. Das hat sich über die Jahre aufgebaut. Durch die hohen Temperaturen verdunstet auch mehr Wasser.

STANDARD: Warum haben wir heuer schon im Winter niedrige Grundwasserstände?

Neunteufel: Die Trockenheit im Sommer erkennt jeder. Trockenheit im Winter fällt eigentlich nicht weiter auf, außer in den Tourismusgebieten, wo der Schnee ausgeblieben ist. Sommerniederschläge verdunsten oft auf der Oberfläche oder werden direkt von den Pflanzen aufgenommen. Währenddessen sickern Niederschläge im Winter ein und tragen zum Grundwasser bei. Wenn diese ausbleiben, erholt sich das Grundwasser nicht. Dadurch sehen wir jetzt Grundwasserstände, die seit Messbeginn noch nie so tief waren.

 STANDARD: Und das beeinflusst auch die Flüsse und Seen?

Neunteufel: Ja, damit hängen auch die Tiefstände unserer Flüsse und Seen zusammen. In Trockenzeiten sickert Grundwasser ins Flusssystem. In Regenperioden sickert Wasser aus den Flüssen in die umliegenden Grundwasserkörper ein.

STANDARD: Warum sind wir so abhängig vom Grundwasser?

Neunteufel: Wir verwenden im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern nur Grundwasser für unser Trinkwasserversorgung. Aus einem simplen Grund: Grundwasser hat im Vergleich zu Flüssen oder Seen weniger Verunreinigungen. Die meisten Grundwässer in Österreich können mit nur geringer Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden. Ein Vorteil von Grundwasser ist, dass es fast überall unter unseren Füßen zur Verfügung steht.

STANDARD: Sollten wir Nutz- und Trinkwasser in unseren Haushalten trennen?

Neunteufel: Es wäre völlig sinnlos, bei einer bestehenden guten Wasserressource, eine zweite zu suchen, die nicht Trinkwasserqualität hat, nur um damit das WC zu spülen. Dann müsste ich ein zweites Leitungssystem bauen, um Wasser mit schlechter Qualität im Haushalt zu haben. Es gab immer genug Wasserressourcen in Österreich, daher hätte das nie Sinn ergeben. Bei Neubauten kann man aber natürlich umdenken.

STANDARD: Die Industrie verbraucht in Österreich einen Großteil der Wasserressourcen. Braucht es hier Sparmaßnahmen?

Neunteufel: Der Großteil des Wassers, das die Industrie nutzt, ist Oberflächenwasser aus Flüssen. Meistens handelt es sich um ein Nullsummenspiel, weil es Kühlwässer sind, die dem Fluss entnommen, zum Kühlen verwendet und sehr schnell wieder ins natürliche System zurückgegeben werden. Die Industrie bedient sich aber auch am Grundwasser, das oft in den Produkten landet. Die richtig große Menge ist aber Oberflächenwasser.

STANDARD: Warum mussten Feuerwehren in Kärnten Bäuerinnen und Bauern Wasser liefern?

Neunteufel: Wenn der Hausbrunnen eines Hofs ausfällt oder die Quelle versiegt, müssen die Tiere sofort von der Feuerwehr versorgt werden. Bei der Tierproduktion zahlt sich das durchaus aus, weil die Tiere jeden Tag Wasser brauchen. In der Pflanzenproduktion ergibt es meistens keinen Mehrwert, Wasser auf die Felder zu bringen und zu bewässern. In Österreich steht zum Beispiel Weizen vom Weltmarktpreis so, dass sich Bewässerung gar nicht rechnet. Bei Gemüse mit höherem Verkaufspreis kann sich eine künstliche Bewässerung aber rentieren.

STANDARD: Was wären Möglichkeiten um landwirtschaftliche Betriebe bei Wasserknappheit zu schützen?

Neunteufel: Im Nordburgenland und Teilen Niederösterreichs beispielsweise ist die Landwirtschaft der größte Wasserverbraucher. Bei Flüssen könnte man hier das Wasser umverteilen. Das passiert in Donaunähe auch schon beim Marchfeldkanal. Eine zweite Möglichkeit wäre die Wasserspeicherung. Wie Beschneiungsteiche in Skigebieten könnte man auch Landschaftsteiche anlegen, die in niederschlagsreichen Perioden gefüllt werden. Vielleicht die beste Lösung ist, dass Wasser nicht mehr aus den Regionen abgeleitet, sondern regional und lokal versickert. So können Niederschläge auf versiegelte Flächen zum Grundwasser beitragen. (Isadora Wallnöfer, 18.03.2023)