Die Polizei sei am Montag gegen 10 Uhr zur Schule gerufen worden.

Foto: AP/Metro Nashville Police Department

Nashville – Erneut müssen nach Schüssen an einer US-amerikanischen Schule Todesopfer vermeldet werden. Im US-Bundesstaat Tennessee sind am Montag mehrere Kinder bei einem offenkundigen Angriff mit Schusswaffen getötet worden.

Die mutmaßliche Schützin sei von Polizisten erschossen worden, teilte die Polizei mit. "Wir wissen, dass sie mit mindestens zwei Sturmgewehren und einer Handfeuerwaffe bewaffnet war", sagte der Polizist Don Aaron bei einer Pressekonferenz. Es handle sich um eine 28-jährige Frau aus Nashville, postete die Polizei kurze Zeit später auf Facebook. Insgesamt waren damit sieben Todesopfer bestätigt worden, darunter drei Kinder. Bei den drei getöteten Erwachsenen handelt es sich der Polizei zufolge um Mitarbeiter der Schule. Abseits der Todesopfer sei keine weitere Person angeschossen worden, so der örtliche Polizeichef John Drake.

Motiv nicht bekannt

Die Polizei sei am Vormittag (Ortszeit) gegen 10 Uhr zu der Schule gerufen worden. "Als die Beamten im zweiten Stockwerk ankamen, sahen sie eine Schützin, eine Frau, die schoss", sagte Aaron. Die Schützin habe sich Zugang zur Schule verschafft, indem sie durch eine der Türen schoss, sagte Drake bei einer Pressekonferenz am frühen Abend. Sie habe detaillierte Karten der Schule gehabt, inklusive der Eingangspunkte für das Gebäude. Zudem habe sie ein "Manifest" und andere Schriftstücke hinterlassen, die die Ermittler nun untersuchen und die Aufschluss über das bisher unklare Motiv geben könnten. Ob sie eine Verbindung zu der Einrichtung hatte, war offen.

Die 28-jährige, die in der Vergangenheit selbst Schülerin der Volksschule gewesen sei, identifiziere sich selbst als Transgender-Person. Als solche werden Menschen bezeichnet, die sich nicht – oder nicht nur – mit dem Geschlecht identifizieren, das bei ihrer Geburt dokumentiert wurde. Alles weitere zur persönlichen Geschichte und ob es einen Zusammenhang zu der Tat gebe war zunächst nicht bekannt. "Es gibt im Moment eine Theorie, über die wir vielleicht später sprechen können, aber sie ist nicht bestätigt", sagte Drake.

Ungewissheit über Gender-Identität

Die Frau hatte ihre Waffen, zwei Sturmgewehre und eine Handfeuerwaffe, nach Polizeiangaben legal erworben. Die "New York Times" zitiert die Polizeisprecherin Kristin Mumford, die sagte, dass die verdächtige Person weiblich geboren worden sei, aber auf einem Social-Media-Profil männliche Pronomen angab. Das deute darauf hin, dass die verdächtige Person ein Transgender-Mann gewesen sei.

An der christlichen Covenant School, wo sich der Angriff ereignete, werden rund 200 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Sie gehören den Altersklassen bis zur sechsten Schulstufe an – das entspricht auf Österreich umgelegt der Volksschule plus den ersten beiden Mittelschulstufen. Die minderjährigen Opfer waren laut Polizei neun Jahre alt.

Training statt Verbote

Bereits früh bekannt war hingegen, dass in der Schule erst im vergangenen Jahr ein Training zur Verhaltensweise im Fall einer Schießerei veranstaltet worden war. Solche Trainings haben in den USA in den vergangenen Jahren große Verbreitung gefunden, nachdem es immer wieder zu großen Amokläufen auf Schulen gekommen war.

US-Präsident Joe Biden forderte in einer ersten Reaktion einmal mehr ein Verbot von Sturmgewehren. Biden rief den US-Kongress am Montag auf, eine von ihm vorgelegte Verschärfung des Waffenrechts zu verabschieden. "Wie viele Kinder müssen noch ermordet werden, bevor die Republikaner im Kongress aufstehen und handeln?", sagte die Sprecherin der US-Regierungszentrale, Karine Jean-Pierre, in Washington. "Wir müssen mehr tun, um Waffengewalt zu stoppen", mahnte Biden. Die Waffengewalt reiße die Gemeinden im Land und die Seele der Nation auseinander. "Es ist krank", sagte der Demokrat mit Blick auf die Schusswaffenattacke in Nashville. Ein Kind zu verlieren sei der "schlimmste Albtraum" für eine Familie, sagte Biden.

Die First Lady der USA, Jill Biden, die selbst Lehrerin ist, zeigte sich bestürzt. "Mir fehlen wirklich die Worte. Unsere Kinder haben etwas Besseres verdient", sagte sie in Washington. "Wir sind mit Nashville im Gebet verbunden."

Trauriger Alltag

Der letzte ähnliche Fall hatte sich erst vor knapp einer Woche ereignet, als in Denver, Colorado, ein Schüler auf leitendes Lehrpersonal schoss und dabei zwei Menschen tötete. Amokläufe und Schießereien gehören in den USA zum traurigen Alltag – ganz überwiegend sind die Täter Männer. In den vergangenen Jahren gab es lediglich in Einzelfällen Schützinnen, die Blutbäder anrichteten.

Ähnliche Angriffe hatten in den USA immer wieder zu Debatten über eine Verschärfung der Waffenkontrollen geführt. Dieser widersetzt sich allerdings die mächtige Waffenlobby ebenso, wie sie fast alle republikanischen Abgeordneten ablehnen.

Todesursache Nummer eins

In den Vereinigten Staaten sind mehr Waffen im Umlauf als irgendwo sonst auf der Welt. Das sorgt für düstere Rekorde: Laut den jüngsten Daten der Gesundheitsbehörde CDC wurden im Jahr 2020 in den USA rund 20.000 Menschen erschossen – mehr als 50 pro Tag. Schusswaffenverletzungen waren 2020 erstmals Todesursache Nummer eins für Kinder und Jugendliche in den USA, noch vor Verkehrsunfällen.

Auch viele konservative Demokraten wollen das in der Verfassung festgeschriebene Recht auf weitgehend freien Waffenbesitz nicht zu sehr einschränken. Sie schlagen als Alternativen etwa bessere psychologische Betreuung vor. Für besonders großes Aufsehen sorgte zuletzt im vergangenen Jahr der Amoklauf eines ehemaligen Schülers an der Volksschule von Uvalde, Texas. Dabei waren 21 Menschen erschossen worden. Infolge dieses Massakers einigten sich die Abgeordneten immerhin auf kleine Reformen. (APA, mesc, red, 28.3.2023)